Hamburg. Polizei prüft Einsatz von Kameras auch in St. Georg und am Bahnhof Bergedorf. So will Innensenator Grote gegen Kriminalität vorgehen.
Die Polizei will die Videoüberwachung in Hamburg wieder ausbauen. Neben dem Kiez und Jungfernstieg sollen auch im Bereich St. Georg Kameras eingesetzt werden, um den öffentlichen Raum zu überwachen. Dabei geht es nicht nur um die Wiederinbetriebnahme bereits vorhandener Anlagen. Auch über neue Kameras wird nachgedacht. Der entsprechende Prüfauftrag an die Polizei stammt von Innensenator Andy Grote.
Dass Grote ein „Fan“ der Videoüberwachung ist, ist bei der Polizei bekannt. Der Innensenator macht daraus auch kein großes Geheimnis. „Videotechnik kann einen wertvollen Beitrag zur Prävention und Aufklärung von Straftaten leisten. Dort, wo der Einsatz sinnvoll und rechtlich zulässig ist, sollten wir davon Gebrauch machen. Das gilt für Bodycams als Teil der Polizeiausrüstung ebenso wie für mobile Videotechnik bis hin zu fest installierten Kameras“, so der Senator gegenüber dem Abendblatt.
2011 wurde Videoüberwachung auf dem Kiez eingestellt
Geprüft werden zahlreiche Bereiche. Neben Teilen von St. Pauli, St. Georg und dem Jungfernstieg soll auch das Umfeld vom Bahnhof Bergedorf dabei sein. „Wir stehen am Anfang“, sagt Polizeisprecher Timo Zill zu dem Prüfauftrag. „Videoüberwachung ist ein wichtiger Baustein der polizeilichen Ermittlungen. Sie muss aber die rechtlichen Vorgaben erfüllen und darüber hinaus auch taktisch sinnvoll sein.“ Deshalb sei bislang völlig offen, wo polizeiliche Videoüberwachung im öffentlichen Raumletztendlich installiert werden soll.“
Mit seinem Prüfauftrag tritt Innensenator Andy Grote in die Fußstapfen seines Vorgängers Udo Nagel, der im März 2006 zunächst die Bilder von zehn Überwachungskameras vom Kiez und ab Juli von fünf Kameras in St. Georg ins Polizeipräsidium übertragen ließ. Kritisiert worden war der Einsatz damals massiv von den Grünen, die von einem „tendenziell maßlosen Hunger auf Überwachungsdaten bei den Sicherheitsbehörden“, sprachen. 2011 wurde die Videoüberwachung auf dem Kiez weitgehend eingestellt, nachdem das Oberverwaltungsgericht im Juni 2010 die Möglichkeiten erheblich einschränkte.
Umdenken kam nach der Silvesternacht 2015/2016
Das erneute Umdenken kam nach den Übergriffen in der Silvesternacht 2015/2016, als mehr als 400 Frauen auf dem Kiez meist sexuell motiviert angegangen wurden. Die Polizei hatte für die Ermittlungen auf Bilder eines Partyfotografen zurückgreifen müssen. „Der Öffentlichkeit ist oft nicht bewusst, welche Rolle Videoüberwachung heute bei der Verbrechensbekämpfung spielt“, sagt Thomas Jungfer, stellvertretender Landesvorsitzender des Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Sie ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Nur ein Bruchteil der der Polizei zur Verfügung stehenden Bilder dürfen für eine Öffentlichkeitsfahndung genutzt werden. Das bedeutet aber nicht, dass die restlichen Bilder nicht intern, in vielen Fällen sehr erfolgreich, für Ermittlungen genutzt werden können. Wo die Videoüberwachung durch die Polizei ist ein probates und geeignetes Mittel ist, sollte sie auch eingesetzt werden.
Deswegen ist es richtig, diese Prüfauftrag an die Polizei zu geben, die auch fachliche Kompetenz hat.“ Allerdings, so hieß es aus Polizeikreisen, werden die Durchführung des Prüfauftrags und die Umsetzung dauern. Ob eine vollständige Realisierung in 2017 machbar sei, sei fraglich. „Momentan ist die Stimmung durch den Anschlag und den in diesem Jahr stattfindenden Bundestagswahlen, bei denen das Thema Innere Sicherheit eine wichtige Rolle spielen dürfte, aufgeheizt“, sagt ein Polizeibeamter. „Man wird sehen, ob das und die damit verbundenen Absichten, so bleiben.“ So lange wird der Senator nicht auf die Verbreitung guter Nachrichten zum Thema Innere Sicherheit nicht warten müssen.
Aufklärungsquote konnte gesteigert werden
Bereits Anfang Februar wird er die Kriminalitätsstatistik vorstellen. Schon jetzt wurde bekannt: Die Zahl der Straftaten ist im Vergleich zum Vorjahr in 2016 zurückgegangen. Auch die Zahl der tatverdächtigen Ausländer geht zurück. Rückgänge gibt es vor allem bei der Einbruchskriminalität. Sie liegt im zweistelligen Prozentbereich, während die Zahl der Einbrüche, die im Versuch stecken blieben, gestiegen ist. Dazu konnte die Aufklärungsquote signifikant gesteigert werden. Eine positive Entwicklung gibt es auch aus dem Bereich Trickdiebstahl zu vermelden.
Die Erfolge dürften auf die Prioritätenlegung zurückzuführen sein. Gegen die Einbruchskriminalität geht sehr erfolgreich die Soko „Castle“ vor. Taschendiebstahl wird intensiv durch ein gemeinsames Team aus Bundespolizei und Landespolizei bekämpft. Rückgänge gibt es auch bei den Diebstahlsdelikten insgesamt. „Sorgenkind“ wird die Gewaltkriminalität bleiben. Die Zahl der Körperverletzungen und der gefährlichen Körperverletzungen stieg weiter an.