Hamburg. Traditionsunternehmen eröffnet neu am Großen Burstah, erweitert das Sortiment und erhält jüngeren Chef.

Akkurat gefaltete Handtücher in Stapeln, feine Tischdecken, zarte Nachthemden, Kinderwäsche in Miniaturformat – wer das Wäschehaus Möhring betritt, wird unwillkürlich zurückversetzt in vergangen geglaubte Einkaufszeiten. „Wie kann ich helfen“ fragt eine adrett gekleidete Dame. Es ist die Verkäuferin, natürlich eine vom Fach. Und während man selbst noch Mühe hat, sein Anliegen in klare Worte zu fassen, stellt sich die beruhigende Sicherheit ein: Wäsche wird hier mit Hingabe gehandelt, nicht einfach nur verkauft.

Neu-Eröffnung am 1. Juli

Für viele Hamburger gehört das Traditionshaus am Neuen Wall zur Innenstadt wie Alster oder Rathaus, selbst wenn sie noch nie drin waren. Das soll auch so bleiben, aber jetzt stehen einige Veränderungen an. Möhring verlässt nach fast sechs Jahrzehnten den angestammten Standort im Robinsohn-Haus. Am 1. Juli eröffnet das Wäschehaus mit mehr als 200-jähriger Hamburg-Geschichte am Großen Burstah 34. „Vom Neuen Wall in die neue Welt“, sagt Mitinhaber Arno Schmidt und das klingt nach Aufbruch.

Neues gibt es auch im Sortiment. Künftig kann man bei Möhring nicht nur Wäsche aller Art und Bettwaren kaufen, sondern auch ganze Betten – im Premiumbereich natürlich. Das hängt mit Sven Olsson zusammen. Seit Beginn diesen Jahres ist der 53 Jahre alte Betten-Experte neu im Unternehmen. Mit dem Umzug im Sommer übernimmt er die Geschäftsführung von Schmidt. „Ich habe lange nach einem Nachfolger gesucht“, sagt der 76-Jährige, der Gesellschafter bleibt und auch künftig das Controlling übernehmen will. An den Eigentumsverhältnissen, es gibt noch zwei weitere Gesellschafter, werde sich nichts ändern. Der Neue bei Möhring soll langfristig den Onlinehandel aufbauen. „Unser Ziel ist, bestehende Kunden zu binden und neue hinzuzugewinnen“, sagt Olsson.

Mietvertrag läuft aus

Im Jahr 1802 hatte Christian Erich Möhring das Wäschehaus gegründet, zunächst verkaufte er seine Waren noch aus einem Karren. Das erste Ladengeschäft eröffnete der Hamburger Händler an der Rosenstraße. Im Laufe der Jahrzehnte wechselte die Adresse immer wieder, seit 1958 ist Möhring am Neuen Wall. „Der Mietvertrag läuft jetzt aus“, sagt Schmidt. Zudem soll das Gebäude, das einst als Modehaus Robinsohn zu den ersten Adressen der Stadt gehörte und das unter dem ehemaligen Baulöwen Jürgen Schneider kurz vor dem Abriss stand, komplett saniert werden. Schon seit Jahren sind wegen Bauarbeiten Teile der insgesamt 800 Quadratmeter großen Möhring-Verkaufsfläche nicht nutzbar.

Nachdem die Verhandlungen mit dem Vermieter gescheitert waren, habe er angefangen, nach einem neuen Standort in zentraler Lage zu suchen, sagt Schmidt, der seit 30 Jahren bei Möhring ist und das Unternehmen auch durch eine schwere Krise Mitte der 90er-Jahre steuerte. Die Mieten an der Edel-Shoppingmeile werden immer höher. Brancheninsider nennen 270 Euro pro Quadratmeter als üblichen Preis. Einige Traditionsgeschäfte, wie der Einrichter Bornhold und die Möbelkette Habitat, sind bereits ausgezogen, der Modesalon Hoffmann und Fahnen-Fleck werden es im Laufe des Jahres tun. „Wir, als inhabergeführtes Geschäft, fühlen uns außerstande, eine Miete in zu erwartender Höhe zu erwirtschaften“, sagt Schmidt, der Chef von 15 Verkäuferinnen ist.

Hoffnung auf Touristen aus der HafenCity

Der neue Standort sei zukunftsorientiert ausgerichtet und erfülle die Voraussetzungen für eine auch wirtschaftlich dynamische Weiterentwicklung. In den nächsten Jahren sind im Nikolai-Viertel, zwischen Rathaus und Rödingsmarkt, zahlreiche Projekte geplant. „Schon jetzt ist es ein interessanter Branchenmix“, sagt Schmidt. Da passe das Wäschehaus mit seinen Bedarfsartikeln gut hin. Zudem hofft er auf die Touristen, die aus der Hafen-
City Richtung Innenstadt kommen. Die neuen Geschäftsräume, übrigens jetzt wieder in Nachbarschaft zu Habitat und fast neben der Geschäftsstelle des Hamburger Abendblatts, haben eine Fläche von insgesamt 600 Quadratmetern, zwei Drittel davon befinden sich im Erdgeschoss.

Feines Wäschehaus in modernen Zeiten

Trotz der wachsenden Konkurrenz, vom edlen Alsterhaus bis zum trendigen Zara Home, sieht Schmidt eine Zukunft für das Wäschehaus, das vor allem auch mit Sonderanfertigungen – etwa von Tischdecken – punktet. Natürlich sei der Umzug aber auch ein unternehmerisches Risiko, so der Mehrheitsgesellschafter. Zahlen gibt er, in hanseatisch zurückhaltender Manier, nicht preis. Es gehe darum, ein echtes Hamburger Traditionsgeschäft zu erhalten, sagt Schmidt und ergänzt: „Und ein feines Wäschehaus in die neue Zeit zu führen.“