Hamburg. Firmen aus der Metropolregion Hamburg bringen viele Innovationen auf den Markt. Heute im Test: Der Nagellack von Edding.
Es gab eine Zeit, da hat sich Per Ledermann ziemlich regelmäßig die Fingernägel lackiert. Nicht alle, aber mindestens den am kleinen Finger einer Hand. Für einen vierfachen Familienvater und Vorstandsvorsitzenden eines börsennotierten Unternehmens mit hanseatischen Wurzeln ist das eher unüblich. Aber Ledermann lackierte im Interesse der Firma. Wenn er zur Lackflasche mit Pinsel griff, betrieb er Marketing für ein neues Edding-Produkt.
Beim Stifte-Hersteller mit Sitz in Ahrensburg hatte man schon Jahre zuvor angefangen, Antworten auf grundlegende Fragen zu finden. „Was können wir mit unseren Kompetenzen noch, was wir bisher gar nicht machen?“ und „Was traut der Konsument uns zu?“, lauteten sie. Es gab gute Gründe, sie zu stellen. Befragungen zeigen, dass mit der Digitalisierung der Arbeitswelt die Nachfrage nach Büroartikeln – Eddings wichtigstem Standbein – deutlich nachlassen wird. „Da ist zumindest kein großes Wachstum mehr möglich“, sagt Ledermann, dessen Vater Volker das Unternehmen gemeinsam mit Carl-Wilhelm Edding 1960 gründete.
Bekanntestes Produkt ist der Permanent Marker
Die Marke ist längst eine der bekanntesten Deutschlands, und die Kernkompetenz ist, Farbe dauerhaft auf eine Oberfläche zu bringen. Nicht von ungefähr heißt das bekannteste Produkt Permanent Marker. Mit dem Filzstift kann man auf Papier ebenso schreiben, wie auf Metall, Plastik, Beton oder Stein. Seit einigen Jahren stellt Edding auch Druckerpatronen und Farbspraydosen her. Aber das sind nur – für das Unternehmen – neue Wege und Techniken, Farbe auf die herkömmlichen Oberflächen zu bringen.
Als Per Ledermann anfing, sich zu Werbezwecken die Nägel zu lackieren, war gerade eine weitere Oberfläche hinzugekommen: Finger- und Fußnägel. Edding? Nagellack? Kann das funktionieren, wenn ein Unternehmen, das bisher Produkte fast ausschließlich für Büro und Industrie entwickelt hat, plötzlich ins Beauty-Segment vorstößt, das auf einen weiteren Nagellack-Anbieter nun wirklich nicht gewartet hat?
58 Farbtöne gibt es von Weiß bis Schwarz
„Wir sind natürlich auch gefragt worden, ob wir keine Angst haben, die Marke zu verwässern“, sagt Ledermann und gibt die Antwort gleich selbst. „Das Kundinnen-Feedback ist sehr positiv. 98 Prozent würden das Produkt weiterempfehlen.“
Edding Laque heißt die Linie. 58 Farbtöne von watchful White bis believable Black gibt es, dazu einen Unter- und einen Oberlack, ein Entferner soll bald folgen. Je nach Saison kommen weitere Farben hinzu. „Vor dem Sommer, wenn auch wieder die Zehennägel zu sehen sind, kommen wir mit frischeren Farben als limitierte Editionen“, sagt Produktmanagerin Cornelia Steinborn, die aus der Beauty-Branche zum Stifte-Hersteller gewechselt ist.
Der Lack soll besonders lang haltbar sein
Vor Weihnachten gehörten zwei Glitzer-Varianten namens Full Metal Gold und Full Metal Steel zum Sortiment. Das klingt ein bisschen nach Heavy Metal, jedenfalls irgendwie hart. Und das ist volle Absicht, denn so setzt Edding sich von den Produkten der Wettbewerber ab. „Glamour können andere besser als wir“, sagt Ledermann. Das Edding-Versprechen dagegen lautet: hohe Produktqualität und lange Haltbarkeit. Das Ziel bei der Entwicklung war, „den haltbarsten Nagellack für den Hausgebrauch“ anzubieten. Der Werbeslogan heißt „Power statt Püppchen“ und legt nahe, dass der Lack auf dem Fingernagel auch das Aufhängen von Kochwäsche oder die Zubereitung von Quitten-Marmelade schadlos übersteht.
Testweise eingeführt wurde Laque – entwickelt bei Edding, aber hergestellt bei einem Partnerunternehmen – in gut 300 Geschäften der Drogeriemarktkette Müller. „Inzwischen sind wir dort fest im Sortiment“, sagt Ledermann. Mit der Parfümerie-Kette Schuback, Karstadt, Geschäften der Einkaufsgemeinschaft Beauty Alliance und diversen Online-Shops sei die Marktabdeckung inzwischen „gut“, sagt der Edding-Chef. „An Douglas arbeiten wir noch.“
Markttests laufen in mehreren Ländern
Er hatte kurz nach der Markteinführung einen „Umsatz im siebenstelligen Eurobereich“ pro Jahr mit dem Nagellack als Ziel definiert. „Da sind wir noch nicht ganz, aber wir sind auch nicht mehr weit davon entfernt.“ Derzeit laufen in Österreich, der Schweiz, Dänemark und der Türkei Markttests. Dieses Jahr soll entschieden werden, ob Laque auch dort angeboten wird.
Jedenfalls sind die Erfahrungen mit dem ersten Beauty-Produkt so gut, dass Edding an weiteren arbeitet: Auch Lippen und Augenbrauen können ja durch Farbe gewinnen. Wobei das gegenüber Nagellack eine größere Herausforderung ist. „Die Treue der Kundinnen zu einem Produkt ist umso größer, je näher es der Haut kommt“, weiß Ledermann.
Gedankenspiele gibt es bei Edding sogar um Farben, die unter die Haut gehen. „Tätowierungen sind ein großes Thema. Aber bislang ist kaum reguliert, wie Tattoo-Farben beschaffen sein müssen“, sagt Ledermann. Die Überlegungen, eine „richtig gute Tattoo-Tinte“ zu entwickeln, die frei von Schwermetallen ist und Anwendern Sicherheit gibt, seien aber noch im Frühstadium. Nah an Eddings Kernkompetenz wäre die Tinte allemal: Farbe dauerhaft auf – in diesem Fall unter – eine Oberfläche bringen.
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