Hamburg . Der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer spricht im Abendblatt-Interview über sein Gehalt, Pflichtbeiträge und seine letzte Amtszeit.
Die Hamburger Handelskammer macht gerade turbulente Zeiten durch. Der Wahlkampf zum Plenum wird in einer bisher nicht gekannten Härte geführt. Zwei zentrale Themen: das Gehalt des Hauptgeschäftsführers, Hans-Jörg Schmidt-Trenz, und der Sinn von Pflichtbeiträgen. Eine der Wahlgruppen will das Gehalt des Hauptgeschäftsführers drastisch beschneiden und die Pflichtbeiträge mittelfristig abschaffen. Hans-Jörg Schmidt-Trenz, der die Kammer seit mehr als 20 Jahren hauptamtlich leitet, stellte sich wenige Tage vor Beginn der Plenumswahlen den Fragen des Abendblatts – und er wartete mit einer Überraschung auf: Denn Ende 2019 will er sich von der Handelskammer verabschieden und einen neuen Job antreten.
Sie sind in dem Streit innerhalb der Handelskammer quasi zu einer Reizfigur geworden. Dabei geht es vor allem um die Höhe Ihres Gehalts, das bei mehr als 500.000 Euro im Jahr liegt. Wie empfinden Sie diese derzeit äußerst kontroverse Diskussion?
Hans-Jörg Schmidt-Trenz: Ich verstehe, dass es Menschen gibt, die ein Problem mit der Höhe meines Gehalts haben. Aber ich habe mir dieses Gehalt nicht selbst gewährt. Es ist das Ergebnis meiner Erwerbsbiografie von mehr als 20 Jahren in dieser Aufgabe.
Wie hoch war das Gehalt am Anfang Ihrer Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer?
Damals betrug es weniger als die Hälfte der heutigen Summe. Das aktuelle Gehalt ist das Ergebnis von vier Verhandlungen im Zuge der jeweiligen Verlängerung meines Dienstvertrags. Ich habe während der vergangenen Jahrzehnte auch immer wieder alternative und lukrative Angebote gehabt. Und weil die Kammer mich gerne halten wollte, ist das Gehalt letztlich gestiegen.
Es gibt das Gerücht, dass Sie mal Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags werden sollten. Stimmt das?
Dazu möchte ich mich nicht äußern. Aber Fakt ist: Ich hatte interessante Alternativangebote. Und mein Gehalt orientiert sich letztlich am Einkommen von Geschäftsführern mittelständischer Unternehmen vergleichbarer Größe – so sehen es die Regeln der Kammer vor. Und diese Regeln halte ich auch für richtig.
Die Hamburger Handelskammer hat Ihr Gehalt veröffentlicht, um mehr Transparenz zu schaffen. Haben die anderen Kammern nachgezogen?
Nur sehr wenige. Was die Industrie- und Handelskammern aber flächendeckend machen: Sie veröffentlichen die Gesamtbezüge ihrer ersten und zweiten Führungsebene – das sind meist zwischen drei und 15 Personen.
Wie hoch sind die Bezüge der anderen Hauptgeschäftsführer im Vergleich zu Ihrem Gehalt?
Diejenigen, die bisher ihr Gehalt veröffentlicht haben, liegen unter meinen Bezügen. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass die Hamburger Kammer aufgrund ihrer Tradition und mit Blick auf den hiesigen Wirtschaftsstandort eine besondere Bedeutung hat. Zudem haben wir den Anspruch, bundesweit die innovativste Kammer zu sein, was uns aus meiner Sicht auch gelungen ist. Und weil es viele interessiert: Auch meine Tätigkeit als Präsident unserer Hochschule HSBA ist damit abgedeckt.
Bereuen Sie im Nachhinein, dass Sie Ihr Gehalt offengelegt haben?
Nein. Trotz der anschließenden Diskussionen gab und gibt es für mich keine Alternative zu dieser Transparenz.
Sie verdienen als Hauptgeschäftsführer einer halböffentlichen Institution gut doppelt so viel wie Hamburgs Bürgermeister – das ist für viele nicht nachvollziehbar. Können Sie die Kritik daran verstehen?
Ja, das kann ich sehr gut. Ich bin aber auch der Meinung, dass der Bürgermeister und viele Personen in anderen wichtigen öffentlichen Ämtern viel zu wenig verdienen.
Am Montag beginnt die Wahl zum Plenum der Handelskammer. Die Mitglieder werden bis April 2020 gewählt. Werden Sie das Amt des Hauptgeschäftsführers bis zum Ende der Legislaturperiode bekleiden?
Das Amt macht mir derzeit noch immer sehr große Freude – und ich habe noch viel vor. Allerdings habe ich den Präses und den Vorsitzenden des Innenausschusses bereits Ende 2014 darüber informiert, dass es sich um meine letzte Amtszeit handelt. Das heißt: Ich werde Ende 2019 eine neue Aufgabe übernehmen und als aktiver Mitarbeiter der Kammer ausscheiden. Dann ist für mich Schluss. Und ich sage das bereits heute, weil der Wähler wissen sollte, dass das neue Plenum sich rechtzeitig auf die Suche nach einem neuen Hauptgeschäftsführer begeben muss. Dafür ist meines Erachtens ein Vorlauf von anderthalb Jahren erforderlich.
Was sind die Gründe für Ihren Entschluss? Denn Ende 2019 wären Sie erst 60 Jahre alt, könnten also durchaus noch ein paar Jahre weitermachen.
Dass ich mit 60 Jahren noch einmal etwas anderes mache, gehört schon seit langer Zeit zu meiner Lebensplanung.
Mit den Streitigkeiten im Vorfeld der Wahlen hat Ihre Entscheidung nichts zu tun?
Nein, überhaupt nicht.
Können Sie schon etwas zu Ihrer neuen Aufgabe sagen?
Dafür ist es noch ein wenig zu früh. Nur so viel: Sie wird sehr starke internationale Bezüge haben.
Im aktuellen Wahlkampf für das Plenum geht es vor allem um die Pflichtbeiträge, die nach den Vorstellungen der Gruppe „Die Kammer sind WIR!“ abgeschafft werden sollen. Ist das rechtlich überhaupt möglich?
Ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf die Ausführungen des führenden deutschen Kammerrechtsexperten, Professor Kluth, der eindeutig sagt, dass die Abschaffung der Kammerbeiträge gegen geltendes Recht verstoßen würde. Der Grund ist folgender: Die Kammer hat vom Gesetzgeber vorgegebene Aufgaben, die sie erfüllen soll. Dafür benötigt sie Geld. Durch Gebühren oder Entgelte sind bestimmte Aufgaben abzudecken, aber nicht alle wie zum Beispiel Stellungnahmen zu Gesetzen, Verordnungen, Bauleit- oder Verkehrsplanungen. Dafür sind Pflichtbeiträge notwendig. Würde man sie stattdessen durch freiwillige Beiträge zu finanzieren versuchen, würde uns dies in Abhängigkeiten bringen. Genau das will der Gesetzgeber nicht.
Aber die Beiträge könnten doch durchaus gesenkt werden?
Ja, man könnte sie senken. Der Gesetzgeber könnte sie auch abschaffen, aber nicht die Kammer selbst. Wichtig ist aber: Wenn wir weniger Beiträge bekommen, können wir auch weniger leisten. Schauen Sie auf unsere Erfolge der vergangenen Jahrzehnte. Nur ein paar Beispiele: Die S-Bahn-Verbindung zum Flughafen, der A-7-Deckel, die Allianz für den Airbus A380, die Business Improvement Districts, die Berufsschulreform – alle diese Projekte haben wir angeschoben. Zudem gäbe es ohne uns die Hamburg School of Business Administration (HSBA) nicht. Hamburg hätte ohne die Kammer längst eine Umweltzone und eine City-Maut. Wir haben herausragende Erfolge bei der Ausbildung von Jugendlichen erreicht und sind bundesweit Benchmark bei der Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Beschäftigung. Selbstkritisch möchte ich sagen, dass wir diese Erfolge und deren Nutzen noch nicht allen Mitgliedsunternehmen befriedigend vermitteln konnten.
Im Wahlkampf hört man auch den Vorwurf, die Kammer sei personell überbesetzt, und insgesamt verdienten die Mitarbeiter zu viel – was sagen Sie dazu?
Diese Aussage hält dem Faktencheck nicht stand. Die Kammer liegt mit 1,76 Beschäftigten pro 1000 Mitgliedsunternehmen im Durchschnitt aller Kammern. Gemessen an der Wirtschaftskraft rangiert unsere Personalausstattung sogar deutlich unter dem Durchschnitt. Wir arbeiten äußerst effizient. Und ich finde es nicht gut, dass unsere engagierten Mitarbeiter in diesem Wahlkampf zum Teil diskreditiert werden.