Hamburg. Die häufigste Tumor-Erkrankung bei Männern wird in einer Hamburger Studie langfristig untersucht. Nur wenige Männer gehen zur Vorsorge.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Entstehung von Prostatakrebs? Wie lässt sich die Dia­gnostik eines solchen Tumors mithilfe des sogenannten PSA-Wertes weiter verbessern? Antworten auf diese Fragen erhoffen sich Wissenschaftler am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) von der Hamburg City Health Studie (HCHS). In dieser Studie, die kürzlich am UKE gestartet ist, sollen 45.000 Einwohner der Hansestadt regelmäßig untersucht werden. Ziel ist es, bisher unbekannte Risikofaktoren für große Volkskrankheiten zu identifizieren.

Eine der Erkrankungen, die in dieser Studie untersucht werden, ist der Prostatakrebs, der häufigste bösartige Tumor bei Männern. Pro Jahr erkranken in Deutschland 70.000 Männer an diesem Tumor, die meisten im Alter zwischen 55 und 75 Jahren. 12.500 Männer sterben pro Jahr daran. „Diese Zahl könnte deutlich niedriger sein, wenn mehr Männer zur Vorsorge gehen würden. Das tun bisher aber nur rund elf Prozent aller Männer ab 45 Jahren“, sagt Professor Thorsten Schlomm, leitender Arzt an der Martiniklinik am Universitätsklinikum Eppendorf, die auf die Behandlung von Prostatakrebs spezialisiert ist.

Die Aussagekraft des PSA-Wertes soll erhöht werden

Bei der Vorsorge können Männer den sogenannten PSA-Test machen lassen (Dieser kostet in der Regel 25 Euro bis 35 Euro und wird nicht von den Krankenkassen bezahlt). Bei diesem Test wird das prostataspezifische Antigen im Blut gemessen, das in der Prostata gebildet wird. Dieser Test gehört auch zu den Untersuchungen in der Hamburg City Health Studie.

„Das ist der führende Wert, um Prostatakrebs festzustellen. 99 Prozent aller bösartigen Prostatatumoren werden heute durch einen erhöhten PSA-Wert erkannt“, sagt Mediziner Schlomm. Er und seine Kollegen erhoffen sich von der Studie Erkenntnisse, die die Aussagekraft des PSA-Wertes weiter verbessern und Aussagen darüber, wie hoch der PSA-Wert bei gesunden ­Männern unterschiedlicher Altersgruppen ist. „Wir wollen eine Art Eichung durchführen, sodass wir sagen können, welcher PSA-Wert in welcher Altersgruppe normal ist, wie schnell er bei Gesunden ansteigt und ab wann er riskant ist“, sagt Schlomm. Denn zurzeit ist dieser Test sehr umstritten. „Der Grund dafür ist, dass durch diesen Test Tumore festgestellt und behandelt werden, die den Männern Zeit ihres Lebens keine Schäden verursachen werden, weil der Test den Tumor oft zehn Jahre vor dem Auftreten der ersten Beschwerden anzeigt. Dadurch gibt es eine hohe Anzahl von Übertherapien“, sagt Schlomm. Außerdem kann der PSA-Wert nicht nur bei einem bösartigen Tumor, sondern auch bei gutartigen Prostatavergrößerungen oder einer vergrößerten Prostata ansteigen.

„Deswegen schauen wir uns heute nicht mehr nur die absoluten Werte an, sondern insbesondere, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickeln“, sagt Schlomm. Die Wissenschaftler hoffen auch auf Erkenntnisse über neue Risikofaktoren für diesen Tumor. „Bisher wissen wir nur, dass das Risiko mit dem Alter ansteigt und wenn nahe Angehörige wie Vater oder Bruder bereits an Prostatakrebs erkrankt sind.“

Auch die Ernährung könnte eine Rolle spielen

Hinweise darauf, dass die Ernährung eine Rolle spiele, gebe es in Studien aus Asien, wo sich die Menschen komplett anders ernähren als hierzulande. „Dort gibt es viel geringere Prostatakrebsraten als in den westlichen Industrienationen“, sagt Schlomm.

In der Therapie des Tumors gibt es heute unterschiedliche Strategien. Bei älteren Patienten mit kleinen, wenig aggressiven Tumoren, die langsam wachsen, besteht die Therapie darin, den Tumor in engmaschigen Kontrollen zu beobachten und abzuwarten.

Heilungschancen durch den Einsatz des PSA-Wertes deutlich verbessert

Eine weitergehende Therapie wird nur durchgeführt, wenn der Tumor aggressiv wird. „Aber neun von zehn Patienten brechen die Therapie des beobachtenden Abwartens nach ein bis zwei Jahren ab, weil sie Angst vor dem Tumor haben, und lassen sich dann doch operieren oder bestrahlen“, sagt Schlomm. Diesen Patienten könnte möglicherweise ein neuer Therapiesansatz ­helfen, der zurzeit erforscht wird, die sogenannte Fokale Therapie. Dabei wird nur der betroffene Teil der Prostata behandelt, indem die Tumorzellen gezielt mit Energie durch Ultraschall, Wärme, Strom oder Kälte zerstört werden.

Bei jüngeren Patienten, also bei denen, die unter 70 Jahre alt sind, ist die operative Entfernung der Prostata oder eine Strahlentherapie die Methode der Wahl. Eine Hormontherapie wird eingesetzt, wenn der Tumor bereits Metastasen in anderen Organen gebildet hat.

Die Heilungschancen haben sich laut Professor Thorsten Schlomm durch den Einsatz des PSA-Wertes deutlich verbessert „Wir könne heute bei 80 Prozent der Patienten eine Heilung erzielen. Als es den PSA-Wert noch nicht gab, lag die Rate bei 20 Prozent“, sagt der Hamburger Urologe.