Hamburg. An 30 Hamburger Grundschulen erfahren schon Drittklässler, was Medienkompetenz ist. Engagement einzelner Lehrer ist wichtig.

Ganz ehrlich? „Mit Papier und Stift zu arbeiten ist doch langweilig“, sagt Tjark aus der 4b. Lieber fährt er mit der Maus über den Bildschirm. Die vierte Klasse der Brecht-Schule gehört zu 30 Internet-Abc-Klassen in Hamburg – ihre Lehrer haben sich entsprechend fortgebildet, um die Medienkompetenz bei Dritt- und Viertklässlern zu fördern. Diese Medienkompetenz schon bei Grundschülern zu fördern, ist auch eine Forderung von Erziehungswissenschaftlern.

Was digitaler Unterricht bringt, hat gerade eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Studie deutlich gemacht: Demnach verbessern Tablets und die Arbeit im Internet zumindest an den weiterführenden Schulen selbstständiges Lernen (wir berichteten).

Felix und Tjark aus der 4b machen es vor: Die Hilfe ihrer Lehrerin Kanela Waldhauer benötigen die Zehnjährigen kaum. Heute stehen E-Mails und Newsletter sowie Schleichwerbung auf dem Programm. Am Schluss jeder Lektion darf zur Belohnung ein Spiel am Computer gespielt werden. Felix und Tjark haben zügig gearbeitet und sind bereits am Spielen. Die beiden arbeiten selbstverständlich in der Schule überwiegend noch mit Papier, Stift und Büchern – auch wenn das Arbeiten am PC ihnen mehr Spaß macht. Aber es geht bei dem Projekt „Internet Abc Klassen“ nicht nur um Spaß.

Es geht um Medienkompetenz. Einmal in der Woche sitzen die 23 Schüler der 4b eine Doppelstunde lang vor ihren Computern im Lernatelier. Grundlage ihrer Internet-Arbeit ist die Plattform www.internet-abc.de. Die Schüler erfahren in vier Modulen, wie das Internet funktioniert, welche Gefahren lauern und was alles zu beachten ist – es geht um Technik, Urheberrecht, Viren und Trojaner sowie soziale Netzwerke. Und spielerisch üben sie schon erste Programmierschritte, indem sie Aufgaben zum logischen Denken lösen.

Schüler selbstbewusst und mutig im Internet

Felix, Tjark und ihre Mitschüler wissen, welche Suchmaschinen für Kinder geeignet sind, was ein Blog ist, wofür die Abkürzung .de hinter einer Internetadresse steht, wie man sich vor Datenklau und Viren schützt und was Hacker machen. „Man soll im Internet keine echten Informationen angeben und nicht alles glauben. Manchmal werden auch falsche Nachrichten verschickt“, weiß Jakob (9). Er arbeitet gern am Computer, „und meine Eltern sind oft erstaunt, was ich schon alles kann“. Ein begleitender Elternabend zu Beginn des Projektes gehört mit zum Konzept. Zu Hause darf Jakob eine halbe Stunde am Tag am iPad spielen, sonst ist er kaum im Internet. Die 4b ist mittlerweile fit fürs Netz, alle haben ihren Surfschein gemacht.

Lehrerin Kanela Waldhauer hatte sich am Landesinstitut für Lehrerfortbildung und Schulentwicklung schulen lassen. Medienkompetenz müsse unbedingt bereits an Grundschulen vermittelt werden, sagt sie. „Unsere Schüler sind mit Beginn der 5. Klasse gewappnet für den Umgang mit den sozialen Netzwerken. Sicher sind sie leider nie.“ Aber immerhin seien ihre Schüler aber am Ende der Grundschulzeit selbstbewusst und mutig im Internet unterwegs. „Sie wissen, wo sie wie Informationen finden können, ohne sich im Internet zu verirren und sind sensibler und aufmerksamer, wenn es um Datenschutz oder Cybermobbing geht.“

Medienbildung hängt vom Engagement der Lehrer ab

Erziehungswissenschaftlerin Dr. Claudia Lampert vom Hans-Bredow-Institut hält viel von solchen medienpädagogischen Initiativen an Schulen: „Das ist ein absolut wichtiges Thema. Kinder wachsen mit digitalen Medien auf und werden immer früher mit unterschiedlichsten Online-Herausforderungen konfrontiert.“ Zwar sollten sich vor allem Eltern mit ihren Kindern und deren Mediennutzung beschäftigen, sie dabei begleiten, aber: „Das ist im Familienalltag oft nicht so einfach. Auch deshalb ist die Medienbildung in Schulen sehr wichtig.“

Zwar begrüßt die Schulbehörde den Ausbau des Internettrainings, und die Medienanstalt Hamburg-Schleswig-Holstein fordert Pädagogen auf, sich für Fortbildungen anzumelden, doch noch hänge die Medienbildung an Schulen zu sehr vom Engagement einzelner Lehrer ab, sagt Lampert. „Das sollte nicht länger punktuell stattfinden, sondern breiter aufgestellt sein.“