Toulouse/Hamburg. Konzern treibt Integration von Holding und Flugzeugtochter voran. Das operative Geschäft soll profitieren.

Fusionen gehen an den Arbeitnehmern meist nicht spurlos vorbei. „Airbus fusioniert mit sich selbst“, schrieb das Abendblatt am 1. Oktober. Konzernchef Tom Enders hatte am Vortag verkündet, dass die Dachgesellschaft Airbus Group mit der bisher rechtlich selbstständigen zivilen Flugzeugtochter Airbus zusammengelegt werden soll. Unternehmensstrukturen sollen verschlankt, die Kooperation enger, Prozesse schneller und der Name der Tochter vom Konzern übernommen werden. „Wir sind entschlossen, ein neues Leistungsniveau zu erreichen“, hatte Enders damals gesagt.

Seit dem gestrigen Dienstag steht fest, dass Airbus nicht alle Beschäftigten auf dem Weg zu einem höheren Leistungsniveau mitnehmen möchte. „Von den derzeit rund 136.000 Stellen sollen höchstens 1164 gestrichen werden“, teilte der Flugzeugbauer mit. Vom Personalabbau werden überwiegend unterstützende und integrierte Funktionen wie IT und Kommunikation und die Entwicklungsabteilung betroffen sein.

„Dies ist ein logischer und notwendiger Schritt in unserer Integration“, sagte Enders. „Mit diesen schlankeren Strukturen werden wir die Leistung und Teamarbeit im Unternehmen weiter verbessern.“ Davon profitieren sollen auch das operative Geschäft und die bereits eingeleitete digitale Transformation, die von größter strategischer Bedeutung für das Unternehmen sei. 230 Stellen sollen im Gegenzug in diesem Bereich geschaffen werden, um bei der Digitalisierung mitzuhalten.

Am stärksten vom Jobabbau betroffen ist Frankreich mit 640 Stellen. Der Standort Suresnes bei Paris soll aufgelöst werden. In Spanien geht es um 39, in Großbritannien um 54 Arbeitsplätze. In Deutschland sollen 429 Arbeitsplätze abgebaut werden. Schwerpunktmäßig soll es Ottobrunn bei München treffen. Nach Abendblatt-Informationen soll aber auch Hamburg betroffen sein. Die Zahl der betroffenen Stellen liege im niedrigen zweistelligen Bereich, hieß es aus Konzernkreisen.

Im Werk auf Finkenwerder sind mehr als 12.000 Mitarbeiter beschäftigt, der Flugzeugbauer ist damit einer der größten Arbeitgeber Hamburgs. Schwerpunkt an der Elbe ist das Kurz- und Mittelstreckenjetprogramm A320. Allein für diese Familie stehen rund 5500 Aufträge in den Büchern. Die Produktion ist auf mehrere Jahre ausgelastet. Rund 45 Stück liefert der Konzern derzeit pro Monat aus, die Hälfte davon kommt aus Finkenwerder. Bis Mitte 2019 will Airbus die Rate auf 60 im Monat hochfahren. Hamburg erhält dafür eine vierte Endmontagelinie, die im zweiten Halbjahr 2017 startet.

A380 wird immer mehr zum Ladenhüter

Auch für die Langstreckenflugzeuge A330 und A350 – für die Hamburg wichtige Teile liefert, die an der Elbe aber nicht endmontiert werden – gibt es rund 1000 Bestellungen. Beim neuen Großraumjet A350, der zu 53 Prozent aus Kohlefaserverbundwerkstoffen besteht, macht der Produktionshochlauf allerdings Probleme, weil der Zulieferer Zodiac Sitze und Toilettentüren verspätet lieferte.

Immer mehr zum Ladenhüter wird das größte Passagierflugzeug der Welt. Weil nur noch rund 120 Aufträge für den A380 in den Büchern stehen, wird die Produktion gedrosselt. Auf Finkenwerder werden die finalen Arbeiten durchgeführt und von dort aus die Maschinen an Kunden in Europa und dem Nahen Osten ausgeliefert.

Um die Integration voranzutreiben, strebt Airbus bis Mitte 2017 mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung über Sozialmaßnahmen an. Im Gespräch sind freiwilliges Ausscheiden, Versetzungen und Vorruhestandsregelungen. Selbst betriebsbedingte Kündigungen werden offenbar als letzte Konsequenz nicht ausgeschlossen. Der Betriebsrat äußerte sich nicht zu dem Programm.

Börse reagiert gelassen

Mit der Fusion zum 1. Januar 2017 wird zudem endgültig der Firmensitz von Paris und München nach Toulouse verlegt. In diesem Zug werden 325 Stellen von den beiden Standorten an den neuen Konzernsitz in Südwestfrankreich verlagert. Die verlagerten Stellen zählen nicht zum Stellenabbau.

An der Börse wurde die Verkündung des Jobabbaus relativ neutral aufgenommen. Die Aktie ging in einem leicht positiven Marktumfeld mit einem Plus von 0,72 Prozent auf 60,39 Euro aus dem Handel. Viele Banken stufen die Papiere als „Kauf“ ein. Erst vor wenigen Tagen traf das Analysehaus Jefferies & Company diese Einschätzung und gab als Kursziel 75 Euro an.

Konzernchef Enders gibt sich zuversichtlich, die richtigen Schritte mit dem Programm eingeleitet zu haben: „Airbus wird aus der Integration letztlich gestärkt hervorgehen, um seine zukünftige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und als führendes Unternehmen der Luft- und Raumfahrt weltweit an der Spitze zu bleiben.“