Hamburg. Die Manipulationsvorwürfe gegen das UKE warenThema im Gesundheitsausschuss. Verdacht auf systematisches Fehlverhalten.

Hat das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) Patientendaten manipuliert, um Schwerkranken schneller Zugang zu einem Spenderorgan zu verschaffen? Dieser Verdacht, der auf dem UKE lastet, beschäftigte am Donnerstag auch den Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft. Der „Bericht der Prüfungs- und Überwachungskommission für die Jahre 2010–2012 über das Lungentransplantationsprogramm des UKE und der LungenClinic Großhansdorf“ war Punkt eins der Tagesordnung. Wie Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) erläuterte, wurden von der Prüfungskommission 25 Fälle überprüft und davon zehn (und nicht wie es zuerst hieß: 14 Fälle) beanstandet.

Zum einen fielen den Prüfern in den Unterlagen „grotesk niedrige“ Werte über den Sauerstoffgehalt des Blutes der Patienten auf. Bei Patienten habe die Sauerstoffsättigung des Blutes „trotz Sauerstofftherapie und teilweiser Beatmung zwischen 69 und 75 Prozent gelegen, was über Wochen und Monate selbst bei Gesunden nicht mit dem Leben vereinbar ist“, heißt es unter anderem in dem Bericht.

Fehlende Akten nähren Verdacht

Desweiteren wurde festgestellt, dass viele Originalunterlagen aus den Krankenakten nicht vorgelegt werden konnten. Die Kommission zog daraus den Schluss, dass die fehlenden Dokumente und Dokumentationen den Verdacht begründen, „dass auf diese Weise systematisches Fehlverhalten der Ärzte vor Entdeckung bewahrt werden sollte.“ Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt gegen das UKE wegen möglicher Unterdrückung von Urkunden oder technischen Aufzeichnungen.

„Nach Bekanntwerden des Berichtes haben wir das UKE um eine Stellungnahme gebeten und auch das Gesundheitsministerium in Schleswig-Holstein informiert“, sagte Prüfer -Storcks. Die Ergebnisse des Prüfberichtes seien für die Gesundheitsbehörde sehr überraschend gewesen, sagte Prüfer-Storcks. Überprüfungen der Transplantationsprogramme für Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse und Herz im UKE 2012 und 2014 seien ohne Beanstandungen verlaufen.

Katharina Fegebank (Grüne), als Wissenschaftssenatorin oberste Dienstherrin des UKE, betonte, dass bei der Aufklärung des Sachverhalts die Transparenz von entscheidender Bedeutung sei. „Das Vertrauen von potenziellen Organspendern darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.“ Beide Senatorinnen betonten, dass eine Bewertung der Vorgänge und mögliche Konsequenzen vor Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen nicht möglich seien.

UKE weist Vorwürfe erneut zurück

Das UKE wies die Vorwürfe der Manipulation erneut zurück. Der Ärztliche Direktor Prof. Burkhard Göke sagte aber auch, dass sieben Papierakten aus Großhansdorf nicht mehr auffindbar gewesen seien, wobei unklar sei, ob sie in der Lungenklinik verloren gegangen seien oder im UKE. Aus seiner Sicht sind die Beanstandungen vor allem auf ein Schnittstellenproblem zwischen den Krankenakten aus Papier in Großhansdorf und den elektronischen Patientenakten im UKE zurückzuführen. Das sei mittlerweile behoben, weil auch die Klinik in Großhansdorf ihre Dokumentation auf elektronische Patientenakten umgestellt habe.

Auch Prof. Hermann Reichenspurner, Ärztlicher Leiter des Transplantationszentrums und Chef des Universitären Herzzentrums am UKE, sagte vor dem Ausschuss, dass kein Patient bevorzugt worden sei. „Trotzdem nehmen wir den Bericht sehr ernst.“ Aus seiner Sicht sind die Probleme dadurch entstanden, „dass wir nicht die Möglichkeit hatten, die elektronischen Patientendaten eins zu eins auszudrucken“. Das UKE will jetzt alle Lungentransplantationen von 2010 bis 2015 noch einmal überprüfen lassen. Die Mitglieder des Gesundheitsausschusses kritisierten vor allem die Informationspolitik und die Kommunikation des UKE und der Behörden.