Hamburg. Hamburgs Bürgermeister besucht Neubau des Ostteils der Langenfelder Brücke. Montag wird das Bauwerk für den Verkehr freigegeben.
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz wirkte tatsächlich beeindruckt. „Das ist ein beeindruckendes Stück Ingenieurskunst“, sagte der SPD-Politiker am Dienstagnachmittag bei einem Besuch des neugebauten Ostteils der Langenfelder Brücke. Auf vier statt bisher drei durchgehenden Spuren wird hier künftig der Fahrzeugverkehr fließen. Hinzu kommt ein besonders ausgeprägter Lärmschutz durch die sieben Meter hohen Schutzwände.
Anlass des Bürgermeisterbesuchs ist die Halbzeit bei der Erneuerung der gut 400 Meter langen Autobahnbrücke, die künftig mit knapp 53 Metern zu den breitesten Brücken in Deutschland gehören wird. Am kommenden Montag ist es soweit: Etwas mehr als zwei Jahre nach Baustart wird der östliche Teil des Bauwerks planmäßig fertig, und die ersten Fahrzeuge werden über den frischen Asphalt rollen. Am 9. Dezember dann soll der gesamte Autobahnverkehr auf den neuen Brückenteil verschwenkt werden. Auf sechs provisorischen Spuren werden dann täglich im Durchschnitt 150.000 Fahrzeuge über den Brückenteil rollen, während der westliche Teil abgerissen und durch eine neue Konstruktion ersetzt wird.
Der Bürgermeister trägt Bauarbeiterschuhe
Abriss und Neubau der Langenfelder Brücke gelten als wichtiger Bestandteil der Erneuerung der Autobahn 7 vom nördlichen Ausgang des Elbtunnels bis zum Bordesholmer Kreuz in Schleswig-Holstein. Die Bauarbeiten, die vor allem bei hohem Verkehrsaufkommen und Unfällen immer wieder zu kilometerlangen Staus führen, werden noch bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts dauern. Neben einer Erweiterung der Autobahn um jeweils zwei Spuren werden auf Hamburger Gebiet drei Lärmschutztunnel – in Schnelsen, Stellingen und Altona – errichtet.
Scholz ließ sich gestern die Chance nicht entgehen, das neue Brückenbauwerk aus der Nähe zu betrachten. Trotz schmuddeligen Regenwetters zeigte der Senatschef sich gut gelaunt. Für die Begehung hatte er eigens Bauarbeiterschuhe angezogen. Diese seien seine eigenen, berichtete er. So etwas gehöre „zur Grundausstattung eine Bürgermeisters“. Dirk Brandenburg, Geschäftsführer des Bundesunternehmen Deges, das von der Stadt Hamburg mit den Bauarbeiten beauftragt wurde, erklärte während des Rundgangs dem Bürgermeister die Besonderheiten der Baustelle.
Die gesamte neue Brücke wird 2018 dann 52,4 Meter breit sein
Das größte Problem bestehe darin, dass die Bauarbeiten bei laufenden Bahnverkehr erfolgen müssten, sagte Brandenburg und zeigte auf die 19 Bahngleise, die die Brücke überspannt. Darauf, dass während der gesamten Sanierungsarbeiten die Bahnstrecke befahren werden kann, hatte die Bahn bestanden. Nicht ohne Grund: Westlich der Brücke liegt das ICE-Bahnbetriebswerk Eidelstedt, in dem die ICE-Züge der ersten und zweiten Generation gewartet werden. Aufgrund dieser Besonderheit gilt der Austausch der Brückenkonstruktion als technische Herausforderung. So musste der alte Brückenkörper zunächst auf Rolllagern gehoben und dann neben die Bahngleise verschoben werden. Dann erst konnten man mit den Abbrucharbeiten beginnen. Danach wurden neue Brückenpfeiler errichtet.
Im Gegensatz zu der alten Betonbrücke besteht die neue Konstruktion aus Stahl. Nach und nach wurden neben den Eisenbahngleisen die Stahltröge der neuen Brücke zusammengeschweißt. Von zwei Seiten wurden dieses Teile dann mithilfe mehrerer Gleitlager über die Eisenbahngleise geschoben und in der Mitte verbunden. Die gesamte neue Brücke wird nach dem Ende aller Erneuerungsarbeiten im Jahr 2018 52,4 Meter breit sein – 6,4 Meter mehr als bisher. Bisher wurden auf der Baustelle 3.500 Tonnen Stahl, 12.770 Kubikmeter Beton und 3.115 Tonnen Betonstahl verbaut. Die alte Betonbrücke brachte 10.000 Tonnen auf die Waage.
Lärmschutzwände verhindern Belästigung der Anwohner
Abgesehen davon, dass mit der neuen Brücke die Zahl der Fahrspuren erhöht wird, genießt der Lärmschutz hohe Priorität. Zum einen verhindern rund sieben Meter hohe Lärmschutzwände eine Belästigung der Anwohner. Zum anderen wird die für die Bauzeit aufgetragene Deckschicht später abgefräst und durch einen offenporiger lärmabsorbierender Asphalt ersetzt. Dieser Punkt interessierte den Bürgermeister besonders. „Damit erhöht sich die Lebensqualität der Anwohner deutlich“, sagte er. Zugleich zeigte Scholz angesichts der vielen Staus Verständnis für den Unmut vieler Autofahrer. Diese „Leidensphase“ sei jetzt notwendig, um die Verkehrsinfrastruktur auf den neuesten Stand zu bringen.
Die bisherige Langenfelder Brücke war eine reine Betonbrücke – eine Art Hohlkasten für jede der beiden Autobahntrassen. Das galt in den 70er-Jahren als revolutionär, doch heute würde man so nicht mehr bauen, sagen Experten. Die Konstruktion habe zu viele Kinderkrankheiten. Vor allem aber konnten die Verkehrsplaner in den 60er- und 70er-Jahren nicht ahnen, dass der Transport schwerer Lasten mithilfe von Lastkraftwagen so deutlich zunehmen würde – und damit die Belastung für die Brücke.