Hamburg. Der Siegfried Lenz Preis ist mit 50.000 Euro dotiert und wird nur alle zwei Jahre verliehen. Begrüßt wurde Barnes von Olaf Scholz.

Julian Barnes ist am Freitag im Rathaus der Siegfried Lenz Preis verliehen worden. Er ist der zweite Preisträger nach Amos Oz. Der britische Autor nahm die alle zwei Jahre vergebene und mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung aus den Händen von Günter Berg, Vorstandsvorsitzender der Siegfried Lenz Stiftung, entgegen.

Bürgermeister Olaf Scholz hatte den Preisträger mit den Worten begrüßt: „Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl in der wohl britischsten Stadt des Kontinents.“ Er bezeichnete Barnes als den „europäischsten unter den zeitgenössischen britischen Erzählern". Als der Brite den renommierten Booker Prize gewonnen hatte, sei er gefragt worden, was er denn mit dem Preisgeld von 50.000 britischen Pfund zu tun gedenke. Er habe auf sein Handgelenk geblickt und gesagt, er brauche dringend ein neues Uhrarmband. „Vielleicht kann ich mir sogar eine neue Uhr kaufen.“ Scholz sagte: „Siegfried Lenz hätte dieses Antwort gefallen.“

Julian Barnes besuchte mit Ian McEwan die Alpen

Der frankophile Barnes begann seine humorvoll-geistreiche Danksagung auf Deutsch, verbeugte sich verbal für die Einladung und dankte auch der Jury: „Alles sehr kluge Köpfe, wie mir scheint“. Ausgesprochen kritisch setzte er sich mit der Entscheidung seiner Landsleute auseinander, für den Brexit zu stimmen. Er berichtete von einem gemeinsamen Besuch mit seinem Freund Ian McEwan in den Alpen, wo sie in die Geburtstagsfeier einer Familie aus Hamburg hineingerieten und sich offenbar bestens unterhielten.

Irgendwann, so Barnes, hätten McEwan und er das Gefühl gehabt, als müssten sie entschuldigend ihre Arme ausbreiten und sagen: „Es war nicht unser Fehler, wirklich nicht.“ Die britischen Premierminister nach Edward Heath hätten nur wenig Europa-Enthusiasmus gezeigt, so der Autor. Er erinnert an den intensiven kulturellen Austausch zwischen Kontinental-Europa und Großbritannien. „Wir sind ein pragmatisches Land und gut darin, zu importieren, was wir selbst nicht haben.“ Am Ende bedankte er sich – wieder auf Deutsch, „als englischer Schriftsteller, als europäischer Schriftsteller und – für einen Tag – als Hamburger Schriftsteller“.

Vorher hatte sein Freund, der Intendant des Berliner Humboldtforums und Kunsthistoriker Neil MacGregor eine brillante Laudatio auf ihn gehalten. Er erinnerte an seinen eigenen Hamburg-Aufenthalt als 16-Jähriger, den er als „Beginn meiner Liebesaffäre mit Deutschland“ bezeichnete. Mit seinen Worten legte er gleichsam das Werk von Barnes auf die Couch und dabei aber zu der Erkenntnis: „Dieser Beobachter mag es nicht, wenn man ihn beobachtet.“ Er mahnte verantwortungsvolles politisches Handeln an, schlug auch den Bogen zu Siegfried Lenz und zitierte den Hamburger Autor mit den Worten: „Wer kontrolliert denn die Werte der Welt? Du, nur du allein.“