Hamburg. Für 4,99 Euro nach Brüssel. Die irische Billig-Airline eröffnet in Fuhlsbüttel eine Basis, bietet neue Ziele und mehr Beinfreiheit an.
Wenn es auf Flughäfen etwas zu feiern gibt, gehört das zum Ritual: Zwei Feuerwehrautos sprühen auf dem Vorfeld riesige Wasserfontänen. Um 15.16 Uhr rollt der Ryanair-Jet durch sie hindurch. Eine kalte Dusche in der neuen Heimat. Die irische Billigfluglinie hat seit Dienstag zwei Boeing 737-800 in Fuhlsbüttel stationiert.
„Ryanairfreut sich, seine neue Hamburger Basis zu eröffnen“, sagt Tim Howe Schröder, Ryanairs Marketing-Manager für Deutschland. Allerdings ließ er Flughafenchef Michael Eggenschwiler rund eine halbe Stunde warten. Er kam aus Mailand mit dem Jet an, der zuvor schon in London wegen Nebels auf den Start warten musste und deshalb Verspätung mitbrachte.
Eggenschwilers Stimmung trübte dieser Umstand und der einsetzende Regen aber nicht. Er sei glücklich „über die Entscheidung von Ryanair, in Hamburg zu wachsen. Das ist ein klares Bekenntnis zur Hansestadt und zur Metropolregion“ – und erhöhe die Vielfalt im Streckennetz. 120 Ziele können nun vom Helmut-Schmidt-Airport direkt angeflogen werden.
Ryanair hat im Gepäck sieben neue Destinationen, das ist eine Verdoppelung des bisherigen Angebots. Mit Inkrafttreten des Winterflugplans am vergangenen Sonntag fliegen die Iren mit London-Stansted, Mailand-Bergamo und Sofia drei ganz neue Ziele vom Hamburger Flughafen an. Zudem gibt es Verbindungen nach Dublin, Gran Canaria und Manchester sowie Brüssel – und für die belgische Hauptstadt locken sie mit einem Spezialpreis. „Um die Eröffnung der neuen Hamburger Basis zu feiern, startet Ryanair eine Rabattaktion mit Flügen ab 4,99 Euro nach Brüssel für Reisen im November“, sagt Schröder. Das Angebot sei allerdings begrenzt und gelte nur bis morgen, Donnerstag.
Gerade auf dieser Strecke könnte es für Passagiere dauerhaft günstiger werden. Bisher war die Lufthansa-Tochter Brussels alleiniger Anbieter. Mit den Iren gibt es nun einen Mitbewerber. „Auch wenn die Airlines auf der Strecke nichts zu verschenken haben, die Preise werden weiter sinken“, sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. Als Sitz der Europäischen Union nutzten bisher viele Politiker und Manager die Verbindung. Was das Ticket kostete, spielte daher nur eine untergeordnete Rolle. Die Ticketpreise nach Brüssel galten als vergleichsweise teuer.
Ab nächstem Sommer auch Faro und Saloniki
Die Ausweitung des Angebots der Iren – ab nächstem Sommer kommen auch noch Faro und Saloniki hinzu, sodass jährlich 1,7 Millionen Ryanair-Passagiere über Fuhlsbüttel fliegen sollen – und die Eröffnung der Basis bietet für Fluggäste weitere Vorteile. Die Maschinen stehen über Nacht in Fuhlsbüttel, sodass sie nicht mit Tagesanbruch von anderen Airports einfliegen müssen.
„Passagiere können also gleich morgens hin- und spätabends wieder zurückfliegen. Das ist ideal für Tagesbesucher, Geschäfts- und Urlaubsreisende, die den letzten Tag vor Ort voll ausnutzen können“, sagt Schellenberg. Insgesamt stellen 14 Fluglinien zum Übernachten in Hamburg 34 Maschinen ab. Ryanair gibt das Investment mit 200 Millionen Dollar (181 Millionen Euro) an, allerdings besteht diese Größenordnung vor allem im Gegenwert der zwei Boeings. In kleinerem Maßstab gehört dazu der Personalaufbau. Für beide Jets sind laut Schröder 60 Piloten und Flugbegleiter an der Elbe stationiert.
Zieht Ryanair auch nach Frankfurt?
Hamburg ist die achte deutsche Basis, die die Iren einrichten. Seit ein paar Jahren zieht es sie weg von der Flughäfen auf der „grünen Wiese“ wie Frankfurt-Hahn oder Lübeck. Dafür gibt es vor allem drei Gründe, sagt Schellenberg. An Airports mit mehr als zehn Millionen Passagieren kommen Fluglinien heute kaum noch vorbei. In Fuhlsbüttel sollen dieses Jahr 16 Millionen Passagiere starten und landen.
Offenbar planen die Iren sogar den Schritt an das größte deutsche Drehkreuz. Für heute haben sie eine Pressekonferenz mit dem Frankfurter Flughafen angekündigt. Angeblich werden sie ab Sommer erstmals die Mainmetropole anfliegen. Bisher war Frankfurt für Billigflieger zu teuer. Das wäre ein Angriff auf Lufthansa, die dort für 60 Prozent des Flugverkehrs steht. Zweitens wird der Faktor Zeit zunehmend wichtiger. Für kurze Wege und eine problemlose Anreise ohne Staus zahlen die Kunden auch einen Tick mehr, womit höhere Flughafengebühren kompensiert werden können. Und letztlich strebt Ryanair – lange Zeit die unbeliebteste Marke in Großbritannien – einen Imagewandel an. Schellenberg: „Die Iren haben erkannt: Auch mit Service und Freundlichkeit kann man Geld verdienen.“
Mehr Beinfreiheit für die Passagiere
Das sieht man auch bei der Inneneinrichtung der neuen 737. Die Handgepäckfächer sind größer, das LED-Licht passt sich der Umgebungshelligkeit an. Die Sitze sind dünner geworden. Das bietet den Passagieren mit 79,2 Zentimetern Beinfreiheit rund 2,5 Zentimeter mehr Platz. Die Zahl der Sitze ist mit 189 stabil geblieben, es wurden also trotz Raumgewinns nicht mehr Passagiere in den Flieger gepfercht. Das sei auch eine Konsequenz des vor ein paar Jahren eingeleiteten Qualitätsverbesserungsprogramms wie Schröder selbstkritisch einräumt: Den Servicegedanken „hat das Unternehmen ein wenig spät erkannt“.