Hamburg. Firma Gebr. Runde liefert Warnwesten für den Flughafen und Kittel für Ärzte. Der weiße „Eppendorfer“ ist ein Klassiker.
Nicht viele Unternehmen haben ein Produkt im Angebot, das sie praktisch unverändert seit den 1920-er-Jahren führen. Der weiße „Eppendorfer“ ist ein solcher Klassiker: ein langer, nach unten rockartig ausgestellter Visitenmantel für Oberärzte, der auf einen Auftrag vom UKE zurückgeht. „Damit sieht man sehr kompetent aus“, findet Jens Lübbert, Geschäftsführer der 1922 gegründeten Firma Gebr. Runde. Kein Wunder also, dass auch Klausjürgen Wussow als Professor Brinkmann in der „Schwarzwaldklinik“ einen solchen Mantel trug.
Doch Hauptkunden des auf Berufs- und Schutzkleidung spezialisierten Mittelständlers aus Hamburg-Hamm sind heute nicht etwa Krankenhäuser, sondern Unternehmen aus der Luftfahrtbranche. „Sie machen ungefähr 70 Prozent unseres Geschäfts aus“, schätzt Lübbert. Vor Kurzem hat Runde nach einer europaweiten Ausschreibung den Auftrag erhalten, den Flughafen Hamburg mit Arbeitskleidung auszustatten. Dies reicht von T-Shirts über Sicherheitswesten und Schuhe bis zu winterfesten Parkas für die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste.
Lübbert führt es auf die intensiven Kontakte zu dem Kunden und dessen Beschäftigten zurück, dass seine Firma abermals als Ausstatter des Flughafens ausgewählt wurde: „Unser Betreuungsteam ist zweimal in der Woche dort vor Ort. Wir haben einen Vorfeldführerschein und kommen da hin, wo andere nicht hinkommen.“ Aus solchen Erfahrungen sei zum Beispiel ein Anorak entstanden, der mit einer Extratasche für Abfälle ausgestattet wurde. Denn alles, was auf dem Vorfeld herumliegt, muss aufgesammelt werden, damit es nicht in Triebwerke gesaugt werden kann.
Runde ist nach eigenen Angaben auch der älteste Lieferant der Nachkriegs-Lufthansa – der erste Vertrag datiert aus dem Jahr 1954, erst im folgenden Jahr nahm die Fluggesellschaft ihren Betrieb auf. Damals ging es unter anderem um weiße Overalls für die Mitarbeiter der Luftwerft.
„Leichtes, aber stetiges“ Wachstum
Heute beliefert Runde mehrere Sparten der Gruppe, unter anderem verschiedene Standorte von Lufthansa Technik – und zwar angepasst an örtliche Gegebenheiten: „In München wird es kälter als in Hamburg, da braucht man wärmere Kleidung“, so Lübbert, „und für den Flugzeugwartungsbetrieb auf Malta liefern wir Shorts.“
Runde verzeichne ein „leichtes, aber stetiges“ Wachstum, der Umsatz bewege sich im Bereich zwischen drei Millionen und fünf Millionen Euro, sagt der Firmenchef – genauere Zahlen will Lübbert, der das Unternehmen in den 1980er-Jahren zusammen mit einem Geschäftspartner übernahm, nicht nennen. Man sei in der komfortablen Lage, nicht jeden Auftrag annehmen zu müssen: „Wenn es nur darum geht, ein Poloshirt noch etwas günstiger zu liefern, sind wir nicht dabei.“
Stattdessen setze man auf Flexibilität. So stellten die Hamburger spezielle Overalls für die Mechaniker, die die rissigen Klammern in den Tragflächen des Airbus A380 austauschten. Weil die Techniker dazu in die Flügeltanks klettern mussten, waren die Kleidungsstücke antistatisch und mit Schlaufen für Rettungsleinen versehen. Derartige Schutzkleidung kann durchaus mehr als 300 Euro pro Stück kosten. Allerdings ist die Firma nicht nur in der Luftfahrtbranche aktiv. Runde kleidete zum Beispiel 450 Mitarbeiter von Bäderland mit Trainingsanzügen und Badeshorts neu ein, für Beschäftigte in Justizvollzugsanstalten gab es Handschuhe.
Aus Preiskämpfen hält sich Lübbert heraus
Aus Preiskämpfen will sich Lübbert jedoch heraushalten: „Wenn ein Poloshirt für drei Euro angeboten wird, kann es bei der Produktion nicht seriös zugegangen sein.“ Zwar entwirft das Unternehmen alle Produkte in Hamburg, lässt sie aber in Betrieben in Polen, Bulgarien, Tunesien und der Türkei fertigen. Zeitweise wurde auch in China produziert, aber das hat Lübbert angesichts von Qualitätsproblemen wieder aufgegeben. Außerdem lasse sich zu schwer beurteilen, ob die dortigen Lieferanten Sozialstandards einhielten.
Dass es Lübbert auch um das Wohl der eigenen Beschäftigten – es sind 17 einschließlich der zwei Auszubildenden und vier Umschüler – geht, belegt das vor wenigen Tagen verliehene Siegel „Anerkannt guter Arbeitgeber“ des AGA Unternehmensverbands. Das Zertifizierungsverfahren soll Stärken und Schwächen im Hinblick auf Mitarbeitermotivation und Arbeitsbedingungen aufzeigen. „Runde war in allen Kriterien überdurchschnittlich“, sagt AGA-Hauptgeschäftsführer Volker Tschirch. „Wir waren von der Führungskultur sehr positiv überrascht.“ Zu dieser Kultur gehört ein allmorgendliches Ritual: „Alle, vom Azubi bis zum Chef, setzen sich um einen Tisch zusammen und sprechen ganz locker auch über Privates“, sagt Lübbert. „Der Tisch ist mit der Zeit immer länger geworden.“