Hamburg . Das Hamburger Unternehmen wächst im ersten Halbjahr bundesweit rasant. Vor allem Möbel sind stark gefragt.

Um was es hier heute geht, ist bereits beim Blick auf die Einladung klar. „Wir machen digitale Zukunft“ steht weit oben in der E-Mail, mit welcher der Versandhändler Otto zum Gespräch über Halbjahreszahlen einlädt. Kleidung, Fernseher und Haushaltsgeräte über einen dicken Katalog zu ordern – das war gestern. Bestellen per Mausklick am Computer und mit sanftem Druck auf die Glasoberfläche des Smartphones oder Tablets – das ist heute. Und morgen sowieso. Damit die Kunden Otto auch in Zukunft noch – wie im alten Werbeslogan – gut finden, muss sich der Versandgigant ständig weiterentwickeln, auf die Bedürfnisse der Besteller und die technischen Veränderungen reagieren, sie am besten mitgestalten. Also agieren. In amerikanischen Großkonzernen spricht man vom „Change“, bei Otto vom Wandel.

Auch die beiden Top-Manager, die in einem Loungebereich auf dem Otto-Campus – versehen mit bunten Sesseln, Hockern und modernen Kaffeemaschinen – die Zwischenbilanz der Otto Einzelgesellschaft (das deutsche Versand-Kerngeschäft) vortragen, nehmen ungewöhnlich häufig das Wort Wandel in den Mund. Alexander Birken, der 2017 vom Chef der Einzelgesellschaft zum Lenker des Gesamtkonzerns aufsteigt, betont dabei mehrfach, dass es nicht nur um den technologischen, sondern auch um den kulturellen Wandel gehe. Man wolle im Unternehmen anders miteinander umgehen, kurze Dienstwege suchen, sich ständig über Ideen austauschen – Hierarchien dürften dem Prozess nicht im Wege stehen. Deshalb hat der Konzern unlängst das freiwillige Du eingeführt. Alle dürfen sich nun beim Vornamen nennen – vom Vorstandschef bis zum einfachen Angestellten.

Hightechprodukte zum Mieten

Wie sehr der technologische Wandel fortschreitet, lässt sich an den aktuellen Zahlen ablesen. Vier von zehn Euro Umsatz macht die Otto Einzelgesellschaft bereits mit Kunden, die ihre Waren mobil über Smartphone oder Tablet ordern. Und der Bereich wächst stark. Kurzfristig sollen es schon fünf von zehn Euro sein. Dabei läuft derzeit vor allem das Geschäft mit Möbeln gut. Birken spricht von einem „zweistelligen Wachstum“ mit Betten, Tischen und Wandschränken.

Insgesamt legte der Umsatz in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres (Anfang März bis Ende August) um mehr als fünf Prozent zu, der Gewinn wuchs – wie erwartet – zwischen drei und fünf Prozent. Absolute Zahlen gibt es für das Halbjahr – wie bereits in der Vergangenheit – keine. Zum einen liest die Konkurrenz mit, zum anderen würden die Daten durch das fehlende, besonders starke Weihnachtsgeschäft verzerrt. Doch der Blick auf eine andere Zahl zeigt: der Wandel einhergehend mit hohen Investitionen in den Onlineshop Otto.de kommt offensichtlich an. So stieg die Zahl der Neukunden allein im ersten Halbjahr um satte 22 Prozent auf 850.000, bei insgesamt rund vier Millionen aktiven Kunden.

Die neueste Idee, technische Großgeräte und Hightechprodukte wie Tablets demnächst auch zu vermieten, soll die Kundenzahl noch weiter in die Höhe schnellen lassen. „Wir wollen damit jetzt unsere Erfahrungen sammeln, etwas Innovatives ausprobieren“, sagt Otto-Manager Marc Opelt, der Alexander Birken 2017 an der Spitze der Einzelgesellschaft beerben wird. Und Opelt ist überzeugt davon, dass dem Unternehmen dies auch gelingen wird. Schließlich gehe es ja nicht nur um das Vermieten von Waschmaschinen, Fernsehgeräten und Laufbändern – sondern auch um die Installation, die mögliche Reparatur sowie die Entsorgung des Altgeräts. „Da sind wir mit unserer jahrelangen Erfahrung schon heute spitze“, schwärmt Opelt. Eine notwendige Kontinuität in Zeiten des Wandels.