Hamburg. Fachhändler verzeichnen bis zu 50 Prozent höheren Absatz. Vor allem preiswertere Modelle sind gefragt.

Thies Hartmann bekommt viel zu hören, wenn die Kunden in sein Fachgeschäft Hamburger Stahl Tresor am Steindamm kommen. „Natürlich wird von den stark gestiegenen Einbrüchen in Hamburg gesprochen“, sagt der Geschäftsführer. Aber er hört auch viele andere Stichworte: Bargeld, kein Vertrauen in die Banken, Angst vor Strafzinsen, Wartelisten bei Schließ­fächern, Gold. Es ist eine seltsame Gemengelage, die immer mehr Hamburger dazu bringt, sich einen Tresor in das Haus oder die Wohnung zu stellen. „Wir verzeichnen zweistellige Zuwachs­raten“, sagt Hartmann. Das erinnert an die Hamburger Einbruchsstatistik. Im vergangenen Jahr stiegen die Einbrüche um 20 Prozent und damit doppelt so stark wie im Bundesdurchschnitt. Doch bis zur eigenen Betroffenheit wollen es viele gar nicht erst kommen lassen.

„Spätestens wenn der Nachbar oder Arbeitskollege Opfer eines Einbruchs wurde, rüsten viele Menschen selbst auf“, sagt Christian Fretter, Marketingleiter beim Tresorhersteller Hartmann, einem der Marktführer mit über 10.000 produzierten Tresoren pro Jahr, der auch in Hamburg über eine eigene Niederlassung verfügt. Obwohl der Verkauf schon auf hohem Niveau läuft, rechnet Fretter im zweiten Halbjahr erneut mit Steigerungen von rund 20 Prozent beim Absatz gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum.

Zahlen für die gesamte Branche gibt es nicht. Aber die innerhalb eines Jahres bis zu fast einem Drittel gestiegenen Zertifizierungen der European Certification Body GmbH (ECB) für Wertschutzschränke unterstützen die Aussagen der Händler und Hersteller. „Vor allem bei den im privaten Bereich eingesetzten Tresoren nahmen die Zertifizierungen um 27 Prozent zu“, sagt Steffen Cornelius von ECB.

Dafür gibt es viele Gründe. Die Möglichkeiten, seine Wertsachen außerhalb des Hauses zu verwahren, sind begrenzt. Die Banken in der Hansestadt verzeichnen eine stark steigende Nachfrage nach Schließfächern. In einigen Filialen hat man bereits Warte­listen, weil alle Minitresore belegt sind. Da es keine Zinsen mehr gibt und sogar Strafzinsen auf das Gesparte drohen, lagern immer mehr Deutsche Teile ihres Geldes zu Hause. Selbst die Bundes­regierung empfahl jüngst in ihrem Sicherheitskonzept nicht nur einen Vorrat an Lebensmitteln anzulegen, sondern auch Bargeld zu bunkern. „Andere haben in Gold investiert und wollen es sicher verwahren“, sagt Hartmann.

Von diesen Gründen profitiert auch HDG-Tresore am Heidenkampsweg. „Die Nachfrage allein im privaten Bereich ist um rund 50 Prozent gestiegen“, sagt Malte Klemp von HDG-Tresore. Das Unternehmen verkauft seine eigenen Tresore, die in Polen gefertigt werden – und Waldis-Produkte aus der Schweiz, der Mercedes unter den Tresoren. „Die Schweizer geben eine Aufbruchgarantie von bis zu 30 Jahren“, sagt Klemp. Wird der Tresor in diesem Zeitraum dennoch aufgebrochen, stellt Waldis einen neuen Geldschrank unentgeltlich zur Verfügung. Für einen solchen Tresor hat ein Kunde schnell knapp 10.000 Euro ausgegeben.

Doch die neue Sicherheit darf nicht zu viel kosten. Diese Beobachtung hat Frank Fesske vom Tresor Kontor in Hamburg gemacht. Auch die Zertifizierungszahlen der ECB bestätigen das. Der Zuwachs bei den höherwertigen Tresoren liegt mit 14 Prozent nur halb so hoch wie bei den einfachen Modellen. Der Markt laufe gut, aber das gelte vor allem für die preiswerten Modelle, sagt Fesske. „Es finden regelrechte Preisschlachten statt.“ Da kann und will er nicht mithalten. „Wir lassen die Korpusse in Osteuropa fertigen, der Zusammenbau findet aber in Deutschland statt“, sagt Fesske. „Wir legen viel Wert auf spaltenfreie Türen.“ So lasse sich verhindern, dass es bei der Tür zu große Spalten gibt, in denen der Einbrecher seine Werkzeuge ansetzen kann. Viele der angebotenen Tresore seien auch zu leicht. „Wichtig sind die Zertifizierung und möglichst auch ein ausreichender Feuerschutz“, sagt Fesske.

Die Assekuranz knüpft ihren Versicherungsschutz an die Sicherheitsklassen der Tresore. So beträgt der maximale Versicherungsschutz in Klasse I exakt 65.000 Euro, während er in Klasse III auf 200.000 Euro steigt. „Ohne einen Wertschutzschrank sind wertvolle Gegenstände nur zu deutlich geringeren Beträgen durch die Hausratversicherung abgesichert“, so der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (siehe Infowinkel).

Erste Erfolge im Kampf gegen Einbrecher

Thies Hartmann, der das Fachgeschäft von seinen Eltern übernommen hat, bietet viele Tresore verschiedener Hersteller und Preisklassen an. Kleinere Geldschränke gibt es schon für unter 400 Euro. Sie haben aber noch keine für Versicherungen relevante Sicherheitsklasse. Rund doppelt so teuer wird es, wenn der Panzerschrank in der VdS-Klasse I (Verband der Sachversicherer) auch schon ein elektronisches Zahlenschloss hat. „Eine solche Verriegelung ist empfehlenswert und liegt im Trend“, sagt Thies. Denn bei einem Schlüssel besteht die Gefahr, dass die Einbrecher nach einem Versteck suchen und dabei noch größere Verwüstungen anrichten.

Erfahrungsgemäß wird der Schlüssel im Umkreis von zwei Metern zum Panzerschrank aufbewahrt. Das wissen auch Einbrecher. Die Größe des Tresors in dieser Preisklasse bis knapp 800 Euro fällt mit 40 mal 40 Zentimetern allerdings recht überschaubar aus. „Viele unterschätzen den Platzbedarf im Tresor und wählen ihn zu klein“, sagt Fretter. Für größere Tresore werden schnell vierstellige Beträge aufgerufen. Rund 1000 Euro kostet ein Tresor in Sicherheitsklasse I, der einen Meter hoch und 50 Zentimeter breit ist. Sein Gewicht: 150 Kilogramm. „In Sicherheitsklasse III kostet der Tresor dann rund 2145 Euro“, sagt Klemp von HDG-Tresore. „Für zusätzliche Sicherheit werden unsere Tresore im Boden verankert.“

Gute Geldschränke haben eine Reihe von Sicherheitsmechanismen, die Einbrechern die Arbeit erschweren. „Neben der Verankerung in Boden oder Wand gehört dazu ein Riegelwerk, das das Schloss blockiert, wenn etwa eine Flex angesetzt wird“, sagt Klemp. Die elektronischen Schließsysteme haben ebenfalls einen zeitlich begrenzten Sperrmechanismus, wenn ein falscher Code eingegeben wurde. Wer den Geldschrank mit dem Schneidbrenner öffnen will, muss fürchten, dass dabei aus dem Tresor ein Rauchgas freigesetzt wird, das ein Weiterarbeiten unmöglich macht. „Viele Einbrecher lassen vom Tresor ab, wenn sie ein solides Modell erkennen“, sagt Fretter. „Denn sie wollen möglichst wenig Zeit in der Einbruchsstätte verbringen.“ Auf das Zahlenschloss folgt das Fingerprint-Verschluss-System, sagt Fretter. Mit einem gespeicherten Fingerabdruck kann der Tresor geöffnet werden.

Inzwischen verzeichnet die Hamburger Polizei erste Erfolge im Kampf gegen die Einbrecher. Die Zahl der durch eine Soko aufgeklärten Taten hat sich mehr als verdoppelt. Die Zahl der Einbrüche sank im ersten Halbjahr um sieben Prozent auf 4616. Doch die Händler erwarten nicht, dass die Nachfrage schnell nachlässt. „Eigentlich machen wir schon seit der Finanzkrise 2008 gute Geschäfte“, sagt Hartmann.