Eggert Voscherau: „Großer Bruder, Du wirst mir fehlen!“
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Hamburg. In einem bewegenden Text gibt Eggert Voscherau seinem älteren Bruder Henning persönliche Worte zum Abschied mit auf den Weg.
Ihr Verhältnis war mehr als herzlich: Henning und Eggert Voscherau waren ein Leben lang eng miteinander verbunden. Und das, obwohl Henning erst als SPD-Fraktionschef in der Bürgerschaft und dann als Bürgermeister in der Politik in Hamburg aufstieg, während Bruder Eggert als stellvertretender Vorstandschef des Chemieriesen BASF im fernen Ludwigshafen Karriere machte. Gemeinsam wuchsen beide in Wellingsbüttel auf, Vater Carl war Volksschauspieler, und gemeinsam durchlebten sie die Bombennächte des Zweiten Weltkrieges.
Nah waren sie sich immer, bei allen Kontroversen zwischen den beiden ehrgeizigen Brüdern. „Aber wenn unsere Eltern kamen, haben wir immer rechtzeitig aufgehört, uns zu prügeln“, erinnerte sich Eggert Voscherau später in einem gemeinsamen Interview. Und Bruder Henning sagte: „Ich war immer älter und er immer größer und stärker.“
Der Tod Henning Voscheraus in der Nacht zum Mittwoch schmerzt Eggert sehr. In einem bewegenden Text für das Hamburger Abendblatt erinnert sich der 73-Jährige an die vielen gemeinsamen Jahre und gibt dem älteren Bruder sehr persönliche Worte zum Abschied mit auf den Weg:
Von Eggert Voscherau
„GROSSER/kleiner“ Bruder, Du wirst mir fehlen! Genau an dem Todestag unseres Vaters gehst Du von mir. Fügung? Es ist so schwer, aber Du bist erlöst und musst nicht länger leiden. Unser gemeinsamer Weg begann 1943. 1944 habe ich Dich wohl zum ersten Mal mit Bewusstsein wahrgenommen Dein Ausruf „Eggi!“ machte der Familie im Chaos des Bombenhagels bewusst, dass ich noch im Luftschutzkeller war. Sicher, aber allein.
Der „GROSSE/Kleine“ nahm den „KLEINEN/Großen“ immer an die Hand, verteidigte das in der Schule verteilte Schweden-Essen im Henkelmann, brachte mir bei , wie man offene Milchkannen schleuderte, ohne dabei die Milch zu verlieren, lehrte mich Fahrrad fahren und Schlittschuh laufen. Ab 1952 wurde er mein Hockey-Lehrmeister beim THC Klipper – und zwar bis zu dem Punkt, dass wir beide es zusammen mit der 1. Mannschaft des Clubs bis in die Bundesliga schafften. Er war stolz.
Voscheraus Leben in Bildern:
Henning Voscherau – ein großer Hamburger
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Getrennt wurden wir ab Ende 1965, als der „KLEINE/Große“ nach der Kaufmannsausbildung flügge wurde und für die BASF nach Amerika entschwand, Karriere machte und nach Beendigung der Auslandseinsätze in der Pfalz blieb.
Während mehr als 50 Jahren war Henning – am Anfang noch selbst in der Ausbildung – nach dem viel zu frühen Tod unseres Vaters die Stütze für unsere Mutter (der „KLEINE“ war weg) und für die erweiterte Familie. 1967 kam dann Annerose dazu, 1971 wurde geheiratet und die Familie über Zeit um drei Kinder erweitert. Ein Erfolg.
Über all die Jahre haben wir Brüder uns geliebt, nie den Kontakt zueinander verloren und meine Frau Sarah und ich waren trotz der Entfernung immer ein Teil der gesamten Hamburger Familie Voscherau.
Und ein Vorbild-Hanseat mit einem offenen, aber festen Wertegerüst, das war er. Ab Oktober 2016 wollten wir uns nach mehr als einem halben Jahrhundert in der wunderschönen Stadt an Elbe und Alster wiedervereinen. Meine definitive Rückkehr wäre dann abgeschlossen. Wir haben uns so darauf gefreut. Das Schicksal hat es anders entschieden.
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