Hamburg. Unternehmen rutscht wieder in die roten Zahlen. Hapag-Lloyd-Vorstandschef Habben Jansen sagt, wie es dazu kommen konnte.

Rolf Habben Jansen, der Vorstandschef von Hapag-Lloyd, wollte den Aktionären für 2016 eine Dividende zahlen. Im Vorjahr hatte sich die Reederei zurück in die Gewinnzone gekämpft. Doch nach der Vorlage der Ergebnisse des ersten Halbjahres dürfte eine Dividende in weite Ferne gerückt sein. Der verschärfte Preiskampf im Container-Geschäft drückte die Reederei im zweiten Quartal wieder tief in die roten Zahlen. Von April bis Juni fuhr das Unternehmen einen Verlust von 99 Millionen Euro ein. Ein Jahr zuvor hatte es noch 29 Millionen Euro Gewinn erzielt. Seit Jahresbeginn ist nun ein Nettoverlust von 142 Millionen Euro (Vorjahreshalbjahr: plus 157,2 Millionen Euro) angewachsen. Im Interview mit dem Abendblatt erklärt Habben Jansen, was zu den Verlusten geführt hat und welche Erwartungen er für die künftige Geschäftsentwicklung hat. Eine wichtige Rolle spielen dabei neue Allianzen und der Zusammenschluss mit der arabischen Reederei UASC, der jährliche Einsparungen von knapp 360 Millionen Euro bringen soll.

Herr Habben Jansen, Hapag-Lloyd hat im ersten Halbjahr deutliche Verluste gemacht. Was sind die Ursachen dafür?

Rolf Habben Jansen: Hauptgrund ist die sehr enttäuschende Entwicklung der Frachtraten im zweiten Quartal, und dazu kommen ansteigende Bunkerkosten.

Sie selbst haben die Bunkerkosten, also die Treibstoffpreise, in der jüngeren Vergangenheit doch als zu niedrig angesehen. Deren Anstieg dürfte Sie nun nicht überrascht haben ...

Kommentar: Kein Ausstieg bei Hapag-Lloyd

Das ist richtig. In diesem Fall traf uns die Erhöhung des Bunkerpreises zu einem wirklich schlechten Zeitpunkt, weil die Frachtraten noch einmal weiter runtergingen, was ich nicht für möglich gehalten hatte. Sie sprechen von „deutlichen“ Verlusten. Schauen Sie sich die Zahlen unserer Konkurrenz an. Im Vergleich zu vielen anderen stehen wir noch etwas besser da.

Sie haben im vergangenen Jahr vieles durch Kostensparprogramme wettmachen können. Wirken die noch?

Ja, natürlich. Wir haben unsere Transportkosten im Vergleich zum ersten Halbjahr 2015 um 600 Millionen Euro gesenkt. Und wir werden auch im zweiten Halbjahr weitere Sparmaßnahmen ergreifen. Aber für null Euro fährt kein Schiff von Asien nach Europa. Gegen einen Ratenverfall von fast 20 Prozent kann man nicht ansparen. So kam es zu dem enttäuschenden Ergebnis.

Wie wollen Sie die Frachtraten im zweiten Halbjahr erhöhen?

Auch in der Schifffahrt geht es um Angebot und Nachfrage. Wir müssen dafür sorgen, dass Angebot und Nachfrage in Einklang kommen. Wir haben im vergangenen Jahr gesagt, dass wir auf zwei Fahrtgebieten handeln müssen. Die eine Route ist Asien–Lateinamerika. Hier haben wir Kapazitäten aus dem Markt genommen, und inzwischen haben sich die Raten dort deutlich erholt. Das andere ist der Fernost-Dienst zwischen Asien und Europa. Da ist es schwieriger für uns, darauf einzuwirken, weil wir nicht so ein großer Anbieter sind. Aber auch dort merkt man langsam, wie sich Angebot und Nachfrage annähern.

Wer von den großen Anbietern bremst denn da?

Das kann man so nicht sagen. Die Reedereien brauchen immer etwas Zeit, um zu realisieren, dass sie tatsächlich Geld verlieren. Und dann dauert es auch noch einige Zeit, bis die Maßnahmen greifen. Unsere Kapazitätsanpassungen im Asien-Lateinamerika-Dienst haben wir Anfang des Jahres vorgenommen. Erst drei bis sechs Monate später haben die Frachtraten dann angezogen.

Können Sie die Transportkosten eigentlich überhaupt noch weiter senken, oder ist das jetzt ausgepresst?

Nein, etwas geht immer. Aber da kommt der neuen Reedereiallianz eine besondere Bedeutung zu, die wir Anfang 2017 aufbauen. Sie ermöglicht es zum einen den Unternehmen, effizienter zu werden. Zum anderen lassen sich über die Allianz die Kapazitäten besser steuern, sodass der Einfluss auf die Frachtraten größer wird.

Das klingt, als wären Sie angesichts des Ergebnisses gar nicht so besorgt?

Noch einmal: Das Ergebnis ist enttäuschend. Daran gibt es nichts zu drehen. Aber es gibt positive Signale für die Zukunft. Die Schiffsneubestellungen gehen deutlich zurück. Die Zahl der Tonnage zur Verschrottung steigt. Der Kapazitätsüberhang wird mittelfristig abgebaut. Angebot und Nachfrage werden sich also wieder angleichen. Zudem schreitet die Konsolidierung auf dem Schifffahrtsmarkt voran.

Ist es denn gut, wenn es statt 20 Reedereien nur noch fünf große Anbieter gibt?

Für die Ratenentwicklung schon. 20 Reedereien, die jeweils fünf Prozent Marktanteil an einem Fahrtgebiet hätten, könnten wesentlich weniger Einfluss auf die Frachtraten nehmen als fünf Unternehmen, die zusammen 70 oder 80 Prozent Marktanteil hätten.

Sie tragen selbst zur Konsolidierung bei, indem Sie vor Kurzem den Zusammenschluss mit der United Arab Shipping Company verkündeten. Wie weit sind Sie da?

Bei den zuständigen Wettbewerbsbehörden ist alles eingereicht worden. Die Zusammenarbeit geht gut voran, sodass wir bis zum Ende des Jahres die Fusion abschließen wollen.

Und wie soll sich die Integration der Araber in die neue gemeinsame Reederei darstellen?

Die muss im ersten Halbjahr 2017 erfolgen, zeitgleich mit dem Aufbau der neuen Allianz. Da erwartet uns viel Arbeit.

Werden die Schiffe noch größer, um so Transportkosten zu sparen?

Das ist keine Antwort auf das Problem. Die heute verfügbaren Containerschiffe sind groß genug. Noch größere Schiffe machen keinen Sinn.

Was erwarten Sie für das Gesamtjahr?

Das ist schwer vorauszusagen, da wir erst am Anfang der Hochsaison in der Transportschifffahrt sind. Das Auftragsvolumen ist in Ordnung. Die Frachtraten sind zwar inzwischen wieder besser als im zweiten Quartal, aber immer noch nicht befriedigend. Die Frage ist, wie schnell sich der Markt erholt.

Sie hatten für 2016 eine Dividende versprochen. Was sagen Sie jetzt Ihren Aktionären?

Ich muss fairerweise sagen, dass wir nicht damit gerechnet hatten, dass die Frachtraten noch einmal so stark einbrechen. Was die Dividende betrifft, müssen wir den weiteren Verlauf des Jahres abwarten.