Hamburg. Trotz der Urlaubssaison fallen die Preise für Benzin und Diesel. In Hamburg sind sie sogar besonders niedrig.

Bislang war es ein ungeschriebenes Gesetz an Deutschlands Tankstellen: Sobald die Ferienzeit beginnt und die Nachfrage wächst, steigen die Spritpreise. Doch in diesem Jahr ist das ganz anders. Benzin und Diesel sind so billig wie seit Monaten nicht. Auch Heizölkunden können sparen. Denn am weltweiten Rohölmarkt geht es wieder mal bergab. Am Freitagmorgen war ein Barrel (159 Liter) Nordsee-Rohöl 40 US-Cent günstiger als tags zuvor. Ein wichtiger Grund: Die Öl- und Benzinlager quellen über, Raffinerien werden in nächster Zeit weniger Rohstoff ordern.

Der Automobilclub ADAC beobachtet seit Anfang Juni, dass die Kraftstoffpreise fast kontinuierlich sinken. Zuletzt lag der Preis für einen Liter Super E10 deutschlandweit im Durchschnitt bei 1,265 Euro. Das sind knapp 6,5 Cent weniger als Anfang Juni. Ein Liter Diesel kostet im bundesweiten Durchschnitt demnach 1,063 Euro.

In Hamburg tankt man zumeist sogar noch günstiger. Diesel ist zeitweise wieder für weniger als einen Euro zu haben. Der Automobilclub hat zwar keine ganz genauen Daten über die Preisentwicklung in einzelnen Bundesländern, der ADAC in Hamburg bestätigt aber, dass die Literpreise in der Hansestadt zumeist einige Cent unter dem Bundesdurchschnitt liegen. „Es gibt viele Tankstellen, also ein großes Angebot in der Stadt. Zudem liegen Raffinerien in der Nähe, deshalb sind die Transportkosten geringer als für eine Tankstelle auf dem Land“, sagt Hans Duschl, Sprecher des ADAC in Hamburg.

Niedrigreise wohl nicht von Dauer

Derzeit ist auch ein guter Zeitpunkt den Öltank für die Hausheizung aufzufüllen. Heizöl ist so günstig wie seit zwölf Jahren nicht mehr in einem August, ermittelte die Internetplattform heizoel24. Um bis zu 15 Prozent seien die Preise seit Anfang Juli gesunken. Ein Liter sei derzeit für gut 44 Cent zu haben. Vor einem Jahr waren es mehr als 56 Cent.

Der Grund für die niedrigen Sprit- und Heizölpreise ist ein Überangebot auf dem Weltmarkt. Die Benzinlager sind ungewöhnlich gut gefüllt. „Seit Juni gibt es einen saisonuntypischen Lageraufbau bei Benzin“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoffexperte bei der Commerzbank. Am europäischen Knotenpunkt für Rohöl in der Region um Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen ist der Spritbestand auf Rekordniveau, beim Heizöl sieht es kaum anders aus.

Wichtiger ist die neuerliche Verbilligung des Rohöls. Nachdem es ab Mitte 2014 zunächst einen starken Preisverfall bis unter 30 US-Dollar pro Barrel gegeben hatte, kletterte der Preis von Januar bis Juni 2016 auf 50 Dollar. Nun geht es erneut bergab Richtung 40 Dollar.

Experten sehen mehrere Gründe: Der Preisanstieg zuvor sei von kurzfristigen Effekten ausgelöst worden, sagt Michael Wittner, Experte bei der Bank Société Générale – unter anderem durch Waldbrände in Kanada. Dort habe sich die Lage wieder beruhigt. Zudem erhöhen die Ölförderländer ihre Produktion; allein im Juli um 100.000 Barrel pro Tag. Seit Ende der Sanktionen arbeiten Irans Förderanlagen auf Hochtouren. Saudi-Arabien steuert mit Dumpingpreisen gegen. Gleichzeitig legt die Produktion in den USA zu. Weil der Preis stieg, wurden zuvor stillgelegte Förderanlagen wieder in Betrieb genommen.

Doch die Niedrigreise dürfte nicht von Dauer sein, glauben Ökonomen. Das Überangebot auf dem Weltmarkt werde zurückgehen und spätestens im ersten Halbjahr 2017 verschwunden sein, sagt der Commerzbank-Experte Weinberg.