Berlin/Hamburg. Weitere Übernahme auf dem hart umkämpften Fernbusmarkt. Nun könnte es weniger Fahrten zwischen Hamburg und Berlin geben.

Es ist der erwartete nächste Schritt zur Marktbereinigung und Konzentration auf dem wachsenden deutschen Fernbusmarkt. Mit der Übernahme des Fernbusgeschäfts der Deutschen Post festigt Flixbus seine Position als unangefochtene Nummer eins der Branche. Die Übernahme wurde bereits am Montag vollzogen. Die ersten Postbuslinien sollen ab November in das Flixbusnetz integriert werden. „Mit dem Erwerb des Postbusangebots stärken wir bewusst unser Kerngeschäft in Deutschland“, sagte Flixbus-Geschäftsführer und -Mitgründer André Schwämmlein. Zum Kaufpreis wollten beide Unternehmen keine Angaben machen. Die Übernahme werde Flixbus aber zusätzliche Einnahmen von 15 bis 20 Millionen Euro jährlich bringen, sagte Schwämmlein.

Nach Erkenntnissen des Beratungs- und Marktforschungsunternehmens IGES in Berlin hat Flixbus derzeit einen Marktanteil von etwa 70 Prozent in Deutschland, Postbus kommt auf etwa zehn Prozent. Obwohl Flixbus künftig den Markt noch stärker beherrschen wird, will das Kartellamt die Übernahme nicht ausbremsen – für eine Prüfung durch die Kartellwächter ist sie zu klein. Die nötigen Umsatzschwellen würden von den Unternehmen nicht erreicht, sagte ein Sprecher der Behörde. Für eine Prüfung müsste mindestens eine der Firmen im Inland einen Umsatz von 25 Millionen Euro erreichen und beide Unternehmen zusammen einen weltweiten Umsatz von 500 Millionen Euro.

In einem ersten Schritt komme es nun darauf an, die Fahrpläne anzupassen und das Streckennetz zu verbessern, sagte Flixbus-Chef Schwämmlein. Die Zahl der Fahrten auf derzeit noch von beiden Unternehmen befahrenen Linien, etwa zwischen München und Berlin, solle reduziert werden. Das könnte auch die Strecke zwischen Hamburg und Berlin betreffen, auf der die Anbieter mit besonders niedrigen Preisen um Passagiere kämpfen. Flixbus bietet derzeit wochentags zu Preisen zwischen 7,90 und 25 Euro mehr als 20 Direktverbindungen von der Hanse- in die Hauptstadt an, Postbus sechs. Fünf davon sind jedoch eher unattraktive und vergleichsweise zeitraubende Umsteige-Verbindungen. Größter Konkurrent des Marktführers auf dieser Strecke bleibt BerlinLinienbus. Das Unternehmen ist mit einem Anteil von 13 Prozent die Nummer zwei im deutschen Markt.

Ob es bei Flixbus Veränderungen auf der Strecke Hamburg–Berlin geben werde, sei noch nicht entschieden, sagte eine Sprecherin des Unternehmens dem Abendblatt: „Meine Kolleginnen und Kollegen aus der Streckennetzplanung werden in den kommenden Wochen genau schauen, wie das bestmögliche Angebot aussehen wird.“ Ökonomisch und ökologisch ineffiziente Parallelverkehre sollten dabei reduziert werden.

IGES-Geschäftsführer Christoph Gipp erwartet nach der Übernahme eine Beruhigung des Marktes und hält steigende Preise für möglich. „Es wird kurzfristig zwar keine umwälzenden Änderungen des Preissystems geben, aber etwas vernünftigere Preise. Wenn die Passagiere künftig etwas mehr bezahlen, verstetigt das das Angebot, und das ist ja keine schlechte Sache.“ Tatsächlich bereitete der Post ihr vor drei Jahren gegründetes Fernbusgeschäft wegen des harten Preiskampfs nie viel Freude – der Konzern verdiente damit kein Geld. Das Geschäft sei „wirtschaftlich unattraktiv“, sagte Finanzchef Larry Rosen.

Die bestehenden Verbindungen würden jetzt absehbar optimiert, neue Ziele könnten hinzukommen, sagte IGES-Geschäftsführer Gipp. So plant es auch Flixbus: „Wir wollen zum Beispiel die Küste häufiger anfahren und den grenzüberschreitenden Verkehr ausbauen, vor allem aber die Regionen stärken“, kündigte Schwämmlein an. Profitieren würden Kleinstädte, die bisher noch nicht an das Fernbusnetz angeschlossen sind. Zudem wolle das Unternehmen neue Kundengruppen gewinnen. „Während wir durch unsere Positionierung vor allem ein junges, online-affines Publikum ansprechen, hat die Post durch Offline-Vertriebskanäle auch Senioren oder Familien erreicht“, sagte der Flixbus-Gründer. „Wir möchten jetzt ein Produkt für alle Alters- und Zielgruppen bieten.“

Der Marktführer war bereits 2011, noch vor der Liberalisierung des deutschen Fernbusmarktes Anfang 2013, unter dem Namen GoBus gegründet worden und ging bereits mehrfach auf Einkaufstour. Anfang 2015 kam es zunächst zum Zusammenschluss mit MeinFernbus. Ende Juni dieses Jahres übernahm Flixbus dann den britischen Konkurrenten Megabus, hat dadurch sein Europageschäft gestärkt und zugleich einen Mitbewerber ausgeschaltet, der mit Kampfpreisen aggressiv in den deutschen Markt drängte.

Der könnte schon bald noch übersichtlicher werden: Die Deutsche Bahn betreibt ebenfalls Fernbusse, will ihre Strategie aber im zweiten Halbjahr überprüfen. Derzeit stagnierten die Fahrgastzahlen, der Wettbewerbsdruck sei hoch und die Preise unverändert niedrig, erklärte ein Bahn-Sprecher. Bahn-Chef Rüdiger Grube hatte unlängst gesagt, er werde den „Blödsinn“ nicht mehr lange mitmachen.