Hamburg. In einem seiner letzten Interviews erzählt der Ex-Bundeskanzler, wie er sich gleich über zahlreiche Gesetze hinwegsetzte.
„Wir haben viel Glück gehabt“, lautet der Titel eines Buchprojekts von Schülern der Stadtteilschule Stellingen und der Ida Ehre Schule. Die Jugendlichen haben Zeitzeugen der Hamburger Sturmflut vom Februar 1962 interviewt und ihre beeindruckenden Lebensgeschichten in 16 Artikeln aufgeschrieben. Die Texte berichten vom Überleben auf dem Dach in eiskalter Nacht, vom Sturm auf Waltershof und vom Polizei-Einsatz während der verheerenden Flut.
Was das Buch außerdem besonders wertvoll macht, ist ein Gespräch der Schülerinnen Marisol Gribner und Sophie Burmeister mit Helmut Schmidt, das am 30. Juni 2015 geführt worden ist. In einem seiner letzten Interviews erzählt der ehemalige Hamburger Polizeisenator und Ex-Bundeskanzler, wie er sich gleich über zahlreiche Gesetze hinwegsetzte, um die Menschen in Wilhelmsburg, die stundenlang auf den Dächern ausharrten, zu retten. „Ich habe mich damals über alle Vorschriften hinweggesetzt“, erinnerte sich Helmut Schmidt. „Selbst über das Grundgesetz. Wir haben die Leute zum Teil gegen ihren Willen dort abgepflückt. Manche wollten unbedingt dort bleiben, obwohl es eisig kalt war.“
Helmut Schmidt – die Abendblatt-Serie
Helmut Schmidt, der am 10. November vergangenen Jahres im Alter von 96 Jahren gestorben ist, hat auch jedem Bewohner, der sein Haus verlassen musste, 50 D-Mark auszahlen lassen, damit die Betroffenen sich in den von der Flut verschonten Stadtteilen etwas zu essen kaufen konnten. „Das war ein schwerer Verstoß gegen die Hamburger Verfassung. Der damalige Finanzsenator hat es mir sehr übel genommen.“
Helmut Schmidts resolutes Eingreifen mit einer „riesenhaften Armada von Hubschraubern und Schlauchbooten“ rettete Tausenden Menschen in Wilhelmsburg das Leben. „Ich hatte bei meinen ersten Einschätzungen um die 10.000 Tote befürchtet, am Ende waren es gut 300. Da war viel Glück und Zufall dabei“, sagte Schmidt den Schülerinnen.