Hamburg. Betroffen sind 40 Behörden und öffentliche Einrichtungen wie Polizei, Rathaus, Finanz- und Bezirksämter sowie Gefängnisse.

Telefonleitungen von Behörden und öffentlichen Einrichtungen der Stadt sind noch immer unterbrochen. Weder die einheitliche Behördennummer 115 noch der allgemeine Polizeianschluss sind zur Zeit erreichbar. "Wir versuchen, gemeinsam mit einem Expertenteam des Herstellers Oracle, das Problem schnellstmöglich zu lösen", sagt Britta Heinrich, Sprecherin des Dienstleisters Dataport, der für die 80.000 Telefone der Hamburger Verwaltung zuständig ist. Wichtige Nummern wie die von der Polizei und Hamburg Service sollen jetzt übergangsweise auf intakte Server umgeleitet werden.

Störungen gab es bereits am Mittwoch

Das Fehlerbild sei das Gleiche wie schon am Mittwoch. Da ging plötzlich nichts mehr in Hamburgs Ämtern. „Mitten im Gespräch“, sagt eine Beschäftigte, war bei ihr wie bei Tausenden weiteren Anschlüssen von Behörden und öffentlichen Einrichtungen in der Stadt die Telefon­leitung unterbrochen. Die Störung hielt mit Unterbrechungen den ganzen Tag über an. Erst am Abend gab es die erste, vorsichtige Entwarnung.

Betroffen waren ehemalige ISDN-Telefone, die von Dataport durch Next Generation Network-Technik (kurz NGN) ersetzt worden waren. Nicht betroffen von der Panne sind die Notrufnummern von Polizei und Feuerwehr. Sie laufen noch über „alte Leitungen“.

Es war kein normaler Ausfall, es war ein technischer Zusammenbruch, der zunächst auch noch für Verwirrung sorgte. Betroffen waren laut einer Liste ganz oder teilweise mehr als 40 Behörden und öffentliche Einrichtungen, darunter die Bürgerschaftskanzlei im Rathaus, mehrere Finanzämter, die Bezirksämter Nord, Bergedorf und Harburg, fünf Haftanstalten, die Polizei, der Verfassungsschutz und der Landesbetrieb Verkehr, aber auch die Technische Universität (TU) in Harburg und das Planetarium. Überall bekamen die Anrufer keine Verbindung und hörten häufig noch völlig falsche Ansagen: „Sie sind mit der Polizei Stellingen verbunden. Im Augenblick sind alle Plätze belegt. In dringenden Fällen wählen Sie die Notrufnummer 110“, bekamen beispielsweise Anrufer zu hören, die eine Nummer des Bezirksamts Harburg wählten.

Eine Firewall hat versagt

Dafür erklärte eine andere Ansage dem Anrufer, der eine Dienststelle der Polizei erreichen wollte, dass er auf einer Mailbox gelandet sei, die zu einer auswärtigen Nummer gehöre. Laut Dataport-Sprecherin Heinrich kam es zu der Störung, weil sich die Telefone plötzlich nicht mehr automatisch beim Computer­server anmelden konnten. In Hamburg sind etwa 60.000 der rund 80.000 Behördentelefone auf NGN umgerüstet. Ziel ist es, Daten- und Telefonnetze in einer einheitlichen Netzinfrastruktur zu bündeln.

Die umgerüsteten Telefone sind in fünf Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe wird durch acht Firewalls vor Internetattacken gesichert. Bei dem aktuellen Fall am Mittwoch habe eine Firewall in einer Gruppe versagt. „Ähnlich wie bei der Anmeldung an einem Computer werden auch hier die Daten überprüft“, sagt Heinrich. Das habe nicht geklappt. Über Stunden waren Techniker und Softwareexperten damit beschäftigt, den Fehler zu finden.

Auch heute versagt die Firewall wieder. "Allerdings nicht dauerhaft. Das macht es schwer, den Fehler zu finden", so Britta Heinrich. Manchmal ließe die Firewall auch Anrufe durch. So liege die Zahl der gestörten Anschlüsse mal bei 6000, mal bei 300, mal bei unter 100.

Immer wieder müssen die Experten Rückschläge hinnehmen. Schon am Mittwochmittag schien es zunächst so, als würden viele Leitungen wieder funktionieren. Ein Trugschluss. Kurz darauf brach das System erneut großflächig zusammen. Dabei waren die Behörden sehr unterschiedlich von der Störung betroffen. So war die Finanzbehörde am Gänsemarkt normal erreichbar, während es im nur 500 Meter entfernten Rathaus massive Probleme gab. Zeitweise lief in der Senatspressestelle die veraltete Ansage, der Senatssprecher sei „bis zum 5. Juli im Urlaub“.

Im Bezirksamt Eimsbüttel gab es nach Aussage von Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) „keine Auffälligkeiten“. Über Ausfälle der Telefonanlage sei ihm nichts berichtet worden. Intern verliere das Telefon ohnehin an Bedeutung, da alle Mitarbeiter per Mail oder Handy kommunizieren könnten, sagt Sevecke. Im Bezirksamt Wandsbek wussten einige Mitarbeiter von Problemen, andere hatten keine. Immerhin: Der „Telefonische HamburgService“, der unter der Kurzwahl 115 den zentralen Zugang zu allen Hamburger Behörden ermöglicht, war nach Auskunft einer Sprecherin des dafür zuständigen Bezirksamts Wandsbek nicht von den Störungen betroffen.

In Harburg ging nichts mehr

In Harburg hieß es gestern noch: „Hier ging nichts mehr.“ Nicht einmal untereinander konnte telefoniert werden. Dazu wurde von Problemen bei Terminsachen berichtet. Dort seien automatisch falsche Daten eingetragen, die händisch nachgebessert werden mussten. Das dürfte aber nichts mit dem Telefonnetz zu tun gehabt haben. „Untereinander haben wir wegen des Ausfalls der Telefone viel über E-Mail oder Handy geregelt“, sagte ein Mitarbeiter. Mittlerweile kann das Bezirksamt Harburg wieder erreicht werden.

Bei der Polizei kam man zumindest intern gut zurecht. Die Polizei verfügt noch über ein altes Telefonnetz, über das bundesweit sämtliche Dienststellen angewählt werden können. „Als wir das neue Netz bekommen haben, haben wir darauf geachtet, dass das alte erhalten bleibt“, sagt ein Beamter. Dabei soll es sich teilweise um Leitungen handeln, die aus der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg stammen.

Das neue System ist komplizierter. „Das sind sehr komplexe Strukturen, bei denen es immer wieder mal zu Ausfällen kommen kann“, sagt Dataport-Spreche­rin Heinrich. Theoretisch könne jedes Update oder jede Erneuerung einer Leitung eine Störung auslösen. Tatsächlich träten aber nur bei einem Bruchteil der 40.000 kleinen Veränderungen pro Jahr Probleme auf. Dass diese es in sich haben können, hatte sich erst vor knapp einem Jahr gezeigt. Damals waren nach dem Umzug des Rechenzentrums von Alsterdorf nach Norderstedt Teile des EDV-Systems der Behörden zusammengebrochen. Betroffen waren Ausweis- und Meldeangelegenheiten in 20 Kundenzentren. Mitarbeiter hatten zwei Tage lang keinen Zugriff auf Meldedaten und Vorgänge. Neuanträge für Personalausweise sowie Ummeldungen konnten nicht bearbeitet werden. Hunderte Kundentermine wurden abgesagt.