Hamburg. Polizei erwartet nach jahrelangem Anstieg jetzt bis zu 2000 Taten weniger. Schwerpunkteinsätze zahlen sich aus.
Im vergangenen Jahr haben Taschendiebe in Hamburg 20.237-mal zugeschlagen – so oft wie nie zuvor. Im Vergleich zu vor zehn Jahren haben sich die Zahlen fast verdoppelt. Jetzt scheint der kontinuierliche Anstieg gestoppt. Für 2016 wird ein Rückgang bei den Taschendiebstählen erwartet. Normen Großmann, Leiter der Bundespolizeiinspektion Hamburg, und Enno Treumann, Chef der Region Mitte der Hamburger Polizei, rechnen mit bis zu 2000 Taten weniger als 2015. Das wäre eine Entwicklung gegen den Bundestrend, der weiter steigende Zahlen aufweist.
Für die Polizei war Taschendiebstahl über Jahre keine „große Sache“. In der Präsentation der Kriminalstatistik tauchte dieses Massendelikt gar nicht oder nur am Rande auf. In den letzten Jahren war das anders. Die Zahlen explodierten. 2014 und 2015 gab es erstmals über 20.000 Taten. Dabei rückten auch neue Phänomene in den Fokus der Polizei. Unter anderem wurden immer wieder schlafende Fahrgäste in S-Bahnen bestohlen, wobei die Diebe neben Geld auch auf Handys aus waren.
„Es sind vor allem der öffentliche Nahverkehr, der Kiez und die attraktiven Fußgängerzonen in der Innenstadt, wo die Täter zuschlagen“, sagt Großmann. Deswegen lag eine Kooperation zwischen der Hamburger Polizei und der Bundespolizei nahe. „Rund zwei Drittel der Taschendiebstahlsdelikte ereignen sich im Bereich Kiez und Innenstadt“, so Treumann, der für diesen Bereich zuständig ist. Nach gut einem Jahr können beide eine erfreuliche Bilanz ziehen. An rund 100 Tagen gab es gemeinsame Schwerpunkteinsätze mit gemischten Fahnderteams aus Bundes- und Landespolizei. „Wir hatten rund 300 Festnahmen, darunter rund 170 Taschendiebe“, so Treumann. 80 Täter kamen vor den Haftrichter.
Meist sind sie Profis. In der Innenstadt arbeiten sie oft als Teams aus drei oder vier Beteiligten, die trickreich Passanten bestehlen. Dabei lenkt ein Täter das Opfer ab, sein Komplize bringt die Wertsachen an sich und gibt sie blitzschnell an einen dritten Täter weiter. In den S-Bahnen sind es auch Einzeltäter, die besonders am frühen Morgen schlafende Fahrgäste bestehlen, die vom Kiez kommen. Auf St. Pauli, wo vor allem jüngere Taschendiebe am Werk sind, werden die Diebstähle oft von Überwachungskameras aufgezeichnet. „Einen Segen“ nennt Großmann diese Technik.
Bei den Tätern selbst handelt es sich zum allergrößten Teil um Ausländer, oft reisende Täter. Knapp unter 90 Prozent liegt der Anteil. Auffallend ist, dass Nordafrikaner und Südosteuropäer weit überproportional vertreten sind. Neben Tunesiern, Algeriern oder Rumänen werden aber auch immer wieder Syrer festgenommen. Jetzt in der Urlaubszeit, wenn viele Touristen in Hamburg sind, schlagen die Diebe vermehrt zu.