Hamburg. Was für ein Fußballfest: Im Portugiesenviertel feiern Hunderte Anhänger der „Seleção“ bis zum Morgen den EM-Titel ihrer Mannschaft.
„Portugal! Ronaldo! Europameister!“, schreit ein in eine rot-grüne Flagge gehüllter Mittdreißiger, ehe er sich in die tanzende Menge wirft. Hamburg am Sonntagabend: ein ganzes Szeneviertel im Ausnahmezustand. Hunderte Portugiesen haben hier den 1:0-Sieg ihrer Mannschaft im EM-Finale gegen Gastgeber Frankreich gefeiert. Ein historischer Sieg, auf den ein kaum minder denkwürdiger Siegeszug durch das Portugiesenviertel unweit des Hamburger Hafens folgt.
Hier hatten sich die Fans während des Spiels in den vielen kleinen Bistros, Straßencafés und Restaurants dicht an dicht gedrängt, teils sogar Rücken an Rücken, um vom Bordstein aus das Finalspiel zu verfolgen. Wie ein Pfropf verstopften sie dabei enge Gassen, sodass es für Autos kaum noch ein Durchkommen gab.
Viele der Fans sind sich schon zu Beginn der Partie sicher, dass Titelfavorit Frankreich zu schlagen ist. „Dank CR7 kann das gar nicht schief gehen“, sagt Carla Santos (32), die wie so viele andere hier ihre Titelhoffnungen an Superstar Cristiano Ronaldo geknüpft hat. Als ausgerechnet dieser dann in der Mitte der ersten Hälfte verletzt ausgewechselt werden muss, schwindet für einen Augenblick die Hoffnung in der Menge. „Ohne ihn wird es richtig schwer. Ich glaube kaum, dass Quaresma ihn würdig vertreten kann“, sagt Carlos Bubert (29), der mit seinen Freunden über den Fernseher eines Restaurants die Partie verfolgt.
Am Ende ist es nicht Ricardo Quaresma, sondern der eingewechselte Stürmer Éder, der in der 109. Minute mit einem Distanzschuss ein ganzes Viertel zum Explodieren bringt. Die verbleibenden Minuten der Partie wird bereits so ausgelassen gefeiert, als hielte das portugiesische Team den Pokal schon in den Händen.
Mit dem erlösenden Abpfiff steht dann das gesamte Viertel Kopf. Grüner Rauch zieht durch die Straßen, Autos bahnen sich wild hupend ihren Weg durch die Fanmassen, die sich größtenteils völlig aufgelöst in den Armen liegen. Es ist eine Stimmung, wie man sie bei keinem Hamburger Fanfest während dieser EM bisher gesehen hat. Feuerwerkskörper erhellen den Nachthimmel, während der Jubel weit über die Grenzen des Viertels hinaus nachhallt. „Hier ist heute Abend jeder Portugiese“, ruft ein Fan, der eines der im Konvoi fahrenden Fahrzeuge erklommen hat. Ein Ende der Party war auch Stunden nach dem Schlusspfiff noch lange nicht in Sicht.