Hamburg. Das Unternehmen kann 2700 Kunden in der Hansestadt nicht mehr beliefern – jetzt ermittelt die Bundesnetzagentur.
Drei Wochen ist es her, dass der Entwurf eines Sports-Domes in der HafenCity vorgestellt wurde: eine riesige Halle für mehr als 20 Trendsportarten, 45 Millionen Euro teuer, Baubeginn 2017, Eröffnung 2019. Auch der Name wurde bekannt: Care-Energy-Sports-Dome. Das namensgebende Unternehmen mit Sitz in Hamburg, hieß es, werde die innovative Energieversorgung der Halle planen. Care-Energy-Geschäftsführer Martin Richard Kristek, dessen Firmen Strom und Gas zu Niedrigpreisen anbieten, sprach darüber, dass selbst die von Besuchern beim Radeln auf dem Hometrainer erzeugte Energie genutzt werden könne.
Derzeit allerdings hat Kristek eine ganz andere Baustelle – und die Care-Energy-Kunden in Hamburg und in Ostdeutschland beziehen ihren Strom von einem anderen Versorger. Allein in der Hansestadt werden 2700 Kunden, die einen Vertrag mit Care-Energy abgeschlossen haben, jetzt von Vattenfall beliefert. Das Unternehmen springt ein, wenn einer der mehr als 100 Anbieter in der Stadt nicht mehr liefern kann.
Care-Energy kann nicht mehr liefern. Der Netzbetreiber 50 Hertz teilte nun mit, er habe den Vertrag mit der Care-Energy AG, in der die Stromentnahme aus dem Netz geregelt ist, zum 28. Juni um 24 Uhr gekündigt. Grund seien ausstehende Zahlungen von Umlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
Die Care-Energy AG dagegen behauptet, 50 Hertz habe falsche Rechnungen gestellt, es gebe keine Außenstände. Man selbst habe ebenfalls am 27. Juni die Verträge gekündigt und werde die Lage klären. Fiete Wulf, Sprecher der Aufsichtsbehörde Bundesnetzagentur, sagte dem Abendblatt: „Nach den uns derzeit vorliegenden Informationen halten wir die Kündigung durch 50 Hertz für gerechtfertigt.“
Das Geflecht von Firmen, die die Worte Care und Energy im Namen tragen, ist dicht. Eine Care-Energy Management Gmbh, Kristek ist einer der Geschäftsführer, gab am Montag bekannt, sie sei mit sofortiger Wirkung Hauptaktionärin der Care-Energy AG. Nach Erkenntnissen der Bundesnetzagentur wurden die Kundenzahlungen mindestens bis März 2016 über ein Konto der Management GmbH abgewickelt.
Mitgeteilt wurde die Übernahme von der Care-Energy Holding GmbH mit Sitz an der Dessauer Straße in Hamburg. Dann gibt es noch eine Care-Energy Energiedienstleistungs GmbH, die im November 2015 vom Landgericht Hamburg in erster Instanz zur Zahlung von 82 Millionen Euro EEG-Umlage an drei Netzbetreiber verurteilt wurde. Management-GmbH-Sprecher Marc März betont, die Firma heiße nun Expertos und gehöre nicht zur Firmengruppe.
Die Bundesnetzagentur hat nach eigenen Angaben mehrfach Zwangsgelder gegen Care-Energy-Firmen verhängt. Streitpunkt: Sind sie ein Energieversorger und müssen EEG-Umlage zahlen? In Care-Energy-Mitteilungen wird betont, man sei ein Dienstleister, der dazu nicht verpflichtet sei. Jetzt hat die Netzagentur ein Aufsichtsverfahren gegen die Care-Energy AG eingeleitet. Ermittelt wird wegen Verdachts auf fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Care-Energy muss Auskunft geben, wie viele Kunden nun ersatzversorgt werden. Zudem verlangen die Aufseher Jahresabschlüsse, Informationen über die Qualifikation der Mitarbeiter sowie Führungszeugnisse und eine Schufa-Auskunft des Vorstands. Auf Seite 12 des 22-seitigen Beschlusses steht ein Satz, der an Deutlichkeit kaum zu übertreffen ist: „Ein Geschäftsmodell, das auf der Nichtzahlung oder verspäteter Zahlung der EEG-Umlage basiert, wirft erhebliche Zweifel an seiner Nachhaltigkeit auf.“