Hamburg. Fahrgäste sind skeptisch gegenüber Plänen, mehr Menschen zuzulassen. „Das könnte sich anfühlen wie in der U-Bahn von Tokio“.

Ein typischer Sommerabend gegen 18 Uhr an den Landungsbrücken: Pendler mit Fahrrädern, Ausflügler und Touristen warten auf die Fähre. Die einen nutzen sie für eine günstige Hafentour, die anderen, um nach Hause zu kommen. Kaum senkt sich mit fiependem Alarmton die automatische Gangway, scheint es, als würde eine Art Menschen-Magnet an Bord eingeschaltet. Auf einen Schlag ballt sich die Menge vor dem schmalen Zugang. Drängen, warten, es geht nur langsam voran. Sicherheitsleute versuchen, den Strom zu lenken, und müssen gelegentlich Fahrgäste abweisen, weil die zulässige Maximalzahl erreicht ist.

Neben einer Taktverdichtung (von 15 auf zehn Minuten an Wochenenden) soll daher die erlaubte Grenze von maximal 250 Fahrgästen pro Schiff nach dem Willen von SPD und Grünen auf 350 erhöht werden. Doch viele Hamburger stellen sich nun die Frage: Wie sicher ist das noch?

Auch die Passagiere der Fähren sind skeptisch gegenüber den Plänen, die angesichts der stetig steigenden Fahrgastzahlen (siehe Grafik unten) eigentlich eine Entlastung bringen sollen.

Im Sommer müssen Radler oft auf das nächste Schiff warten

„Schon jetzt ist es knallvoll, bei 350 Passagieren könnte sich das bald anfühlen wie in der U-Bahn von Tokio“, sagt etwa Elias Krause (35), der täglich von Finkenwerder zum Job nach Altona pendelt. Ähnlich äußerten sich bei einer Blitzumfrage viele andere Fahrgäste, die oft mit den Fähren fahren. „Am Wochenende ist es unerträglich geworden, bis 16 Uhr geht es“, sagt die Auszubildende Dominika Skownonek (21). Und selbst Hadag-Mitarbeiter Fred Winterfeld (62), der im Bord-Kiosk arbeitet, ist skeptisch: „Mittlerweile ist das hier ein Massending – und Touris und Pendler haben Streit.“

Und es gibt noch eine weitere Sorge: Die modernen Hafenfähren fahren nur mit einem Schiffsführer, der dann nicht mehr für 250, sondern 350 Fahrgäste verantwortlich wäre. „Wenn dem Schiffsführer etwas zustößt, treibt die Fähre auf der Elbe, und die Fahrgäste sind sich selbst überlassen“, warnt die Harburger Grünen-Politikerin Gudrun Schittek.

Zugelassen für 380 Fahrgäste

Gabriele Müller-Remer,
Chefin der
Hadag
Gabriele Müller-Remer, Chefin der Hadag © HA | Klaus Bodig

Hadag-Chefin Gabriele Müller-Remer versuchte am Dienstag, die Bedenken zu zerstreuen. Die Grenze von 250 Passagieren sei eine Sonderregelung für den Hafen, die explizit für den jetzt üblichen „Ein-Mann-Betrieb“ erlassen worden sei. Zugelassen seien die Fähren aber schon jetzt für sogar 380 Fahrgäste. Derzeit werde geprüft, wann und wie oft die Passagierzahl auf 350 erhöht werden könnte. „Und wenn wir erhöhen, wird es auch zusätzliches, schiffskundiges Personal an Bord geben“, versicherte sie im Gespräch mit dem Abendblatt. Zudem seien die Hadag-Schiffe mit etlichen und teils doppelt ausgelegten Sicherheitssystemen wie Radar, elektronischen Seekarten und Rettungsmitteln ausgerüstet. Zudem würden die Fahrten von der Betriebszentrale aus über Funksignale verfolgt. „Wenn etwas passiert, haben wir innerhalb von drei Minuten ein anderes Schiff vor Ort.“

Doch 100-prozentige Sicherheit gebe es nicht, könne es auch gar nicht geben. Müller-Remer: „Die gibt es auch beim Busfahren nicht.“ Zumal eine Überfüllung der Schiffe nicht die Regel sei. Enge im Feierabendverkehr gebe es auch in S- und U-Bahnen. Das Angebot auf den Hafenfähren an Werktagen sei bisher ausreichend, heißt es auch in einer Antwort der Verkehrsbehörde auf eine Anfrage der Grünen in der Bezirksversammlung Harburg. Grundsätzlich müssten weniger als ein Prozent der Fahrgäste auf die nächste Fähre warten. Nur an Wochenenden und bei Großveranstaltungen komme es „teilweise“ zu längeren Wartezeiten.

Maximal zehn Fahrräder an Bord zugelassen

Radfahrer sind offensichtlich häufiger betroffen, wie die Grünen in der Bezirksversammlung Harburg kritisieren. Dabei seien die Fähren für viele Bewohner des Süderelberaums eine ideale Alltagsverbindung auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule, zum Arztbesuch oder Einkauf und müssten als zusätzliche Veloroute eigentlich verstärkt werden. Doch in den Sommermonaten müssten Radfahrer wegen der voll besetzten Fähren das Fahrrad oft stehen lassen oder auf das nächste Schiff warten – was der Akzeptanz der Verbindung schade. Tatsächlich haben Radfahrer es zum Feierabend häufig schwer, an Bord zu kommen, wie man leicht aus eigener Beobachtung feststellen kann.

Selbst wenn die maximale Zahl der Fahrgäste nicht erreicht ist, müssen Passagiere mit Fahrrädern dennoch manchmal warten. Nur maximal zehn Räder, so bestätigt auch es die Hadag, werden in der Regel an Bord gelassen. „Wir sind keine Fahrradfähre“, sagt Hadag-Chefin Müller-Remer.