Andreas Greve, Til Mette und Michel Löwenherz widmen der Stadt das Buch „Dichter an Hamburg“. Hier können Sie schon mal reinschnuppern.
Was macht ein lokalpatriotisches, aber nicht an der Heimatliebe erblindetes Trio, dessen Kernkompetenzen das Dichten, Zeichnen und Gestalten sind, wenn es Hamburg ein Denkmal setzen will? Ein großes Buch mit Miniaturen zu 55 Stadtteilen und Orten: „Dichter an Hamburg“.
Andreas Greve, Til Mette und Michel Löwenherz schenken der Stadt die launigen Verse, Reime und Skizzen, die sie verdient. Von Altona bis Wilhelmsburg geht der poetische Streifzug, die pointierten Texte erinnern an Ringelnatz und Busch, sind also federleicht und alles andere als ernst. Was – kein Wunder bei den Vorbildern! – nicht heißt, dass hier platte Komik herrschte. Es ist ein stets hintersinniger Humor. Alle folgenden Abbildungen und Texte stammen aus dem Buch.
Eimsbüttel
Ich möchte keinen Stein verändern,
das Gebilde kann so bleiben.
Nur der Name passt so gar nicht!
Mag’s nicht sagen, mag’s nicht schreiben:
Eims … büttel …
Gut gebaut das ganze Viertel,
schön, kompakt und homogen,
recht charmant in seiner Mischung,
viele Ecken photogen.
Nur der Name: Eims … büttel …
Der passt schlecht zu fünf Etagen,
nicht einmal zu Mietskasernen.
Deshalb würd ich wirklich gerne
dieses Büttel-Dings entfernen.
Klingt es besser ohne „Büttel“?
I’m from Eims?
Durch die Probe aufs Exempel
wird gleich deutlich, was verlorn geht:
Diese Piefigkeit.
Diese Spur von Piefigkeit, die durchaus da weht.
Isemarkt
Händler und Stände als bunte Kulisse,
Kaufen als sinnlicher Akt
unter der eigentlich simplen Prämisse:
Jeder mag gerne Kontakt.
Länge und Lage sind außergewöhnlich,
Gleisviadukt wie ein Trakt,
noch ist der Umgang gepflegt und persönlich.
Marktanalyse abstrakt:
Alles ist käuflich, doch nicht Atmosphäre,
nirgendwo wird die verpackt.
Leichtes verduftet, zurück bleibt das Schwere.
Unter den Bögen nur Parkraum und Leere.
Rattern der U-Bahn im Takt.
Barmbek
Rot ist das, was Barmbek kleidet,
dachte man vor hundert Jahren
(was es von der Jetzt-Zeit scheidet),
rot die Herzen und Fassaden,
Gleich und Gleich als Kameraden.
Schwalbenplatz und Schwalbenstraße,
wohlplatziert die roten Riegel,
Backstein fast im Übermaße:
Zukunft baute dort mit Ziegel.
Festgebrannt und festgemauert,
jeder gleich und doch verschieden,
hat er alles überdauert:
Zukunft, Krisen, Krieg und Frieden.
Manchmal aber denkt man schon:
Manchmal wirkt der rote Ton
irgendwie auch … mono-ton.
Schanze
Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,
die früh sich schon mit trübem Blick gezeigt.
Vermeide man, euch hier noch festzuhalten!
Ihr seid und bleibt dem Wahn geneigt.
Ihr drängt und glotzt, ihr niemals jungen Alten,
die ihr die Stimmung hier vergeigt.
So merkt euch gut den Wortlaut dieser Stanze:
Der Bustourist gehört nicht in die Schanze!
Alster
Aus dem Alster-Fluss (plus Bäche)
wurde jene Wasserfläche,
die seitdem das Weichbild ziert,
das so viele fasziniert.
Und obgleich nur angestaut,
wird sie staunend angeschaut:
Weltberühmt die Silhouette,
die so manche Stadt gern hätte
(außer Zürich, Oslo, Stockholm,
Kopenhagen, Barcelona,
San Francisco und Dubrovnik …)
Central-Park – drapiert als See –
lockt zum Sonntags-Defilee,
lockt die Kranken und Gesunden,
dieses Kleinod zu umrunden.
Sie lockt Alte, sie lockt Junge,
es liegt förmlich auf der Zunge:
„Wasser in der grünen Lunge!“
Sorry ...
das geschah im ... Überschwunge.
Rahlstedt
Rahlstedt wird oft unterschätzt.
Rahlstedt fehlt die Attraktion.
Dennoch hat der Ort sehr viel –
manches gar in Perfektion:
traumhaft schöne Villenstraßen!
Wer in Hamburg weiß das schon?
Große Nähe zur Natur,
aber auch zur Tradition.
Und vor hundert Jahren gab’s
eine VIP-Kulturperson.
Selbst wenn man ihn gar nicht kennt,
klingt es gut: von Liliencron.
Rahlstedt und sein Dichtersohn!
Denkbar wär als Image-Werbung,
quasi als PR-Aktion
– zeitgemäß und digital -
eine Smartphone-Edition:
Liliencron als Klingelton.