Hamburg . Nur 18.500 Teilnehmer kam zum 33. Hamburger Mogo. Auch Innensenator Grote war dabei: mit Motorradkluft, aber ohne Führerschein.
In Kutten sind sie gekommen und in Leder, mit edlen Choppern, großen Tourern, filigranen Rennbrötchen oder auch mit der Bahn oder dem Fahrrad in Zivilklamotten. Segen tankten sie alle. Dieses Motto des 33. Hamburger Motorradgottesdienstes erfüllte sich selbst bei Nieselregen, auch wenn nur 18.500 statt der erwarteten 30.000 Biker kamen.
Rüdiger Hartmann hatte Tochter Sandra auf den Sozius seiner Harley Heritage Softtail Classic gesetzt und war mit ihr aus dem Urlaub in Fehmarn nach Hamburg gefahren. „Zuletzt im regenbedingten Blindflug“, sagt er und wischt sorgfältig seine Brille trocken. Bernd Erdmann kam mit seinem muskelbetriebenen roten Fahrradchopper Marke Eigenbau, geschmückt mit allererlei nachgerüstetem Lederzubehör, einer silbrigen Motorattrappe im Rahmendreieck und einer Auspuffanlage, die sein Klempner aufs Feinste zusammengebraten hat. Sein benzinbetriebenes Trike hatte Erdmann umweltbewusst in der Garage gelassen.
Ins Bunte mischten sich auch dunkle Töne. Benjamin Eckhardt konnte nicht mehr kommen. Für ihn, der am 27. April auf dem Weg zur Arbeit in Ammersbek auf seinem Motorrad tödlich verunglückte, suchten seine Mutter Gabi und Schwester Christina Zuspruch in der Motorradfahrergemeinde. Um Kraft zu finden für die Verarbeitung des Verlustes. „Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, je wieder auf mein Motorrad zu steigen“, sagte Gabi Eckhardt. In der erstmals eingerichteten „Segensoase“, einem kleinen gelben Zelt neben dem Michel, ließen sie und ihre Tochter sich von Karl-Heinz Gailus und Max Manke in einer Zeremonie mit Salböl segnen.
„Gott, ich lege meine Maschine in deine Hände. Gib du Gas und bremse, ganz wie es dir beliebt“, hieß es zu Beginn der Predigt, in der es um das Urvertrauen ging und das Bewusstsein des Menschen, eben nicht alles selbst erschaffen zu können, sondern angewiesen zu sein auf Glück, auf die Zusprechungen des Lebens, das Mitwirken der anderen und den Zuspruch Gottes. „Es nützt nichts, recht zu haben“, sagte Motorrad-Pastor Lars Lemke dem Abendblatt. Wer auf Teufel komm raus auf seiner Vorfahrt beharre, kann die Gesetze der Physik trotzdem nicht außer Kraft setzen“, sagte Lemke.
Predigt über das Urvertrauen
Der Pastor, der selbst seit dem 15. Lebensjahr auf zwei Rädern unterwegs ist, betonte die Verantwortung jedes Einzelnen vor Gott, den anderen und sich selbst. „Es ist leicht, von Gott zu reden, wenn es uns gut geht. Die Probe kommt, wenn das Leben nicht so gelingt und etwas Schwieriges, Neues auf uns zukommt.“
Dann den Glauben und das Urvertrauen zu behalten sei der Anspruch, den das Leben an uns richte. Sich unter den Segen Gottes zu stellen öffne für diese Aufgabe.
Traditionell wurde in der Fürbitte für die Unfallopfer Kerzen entzündet. Die Sängerin und Violinistin Jördis Tielsch sorgte mit ihren gefühlvollen Popsongs für Atmosphäre.
In seinem Grußwort hatte zuvor Innensenator Andy Grote (SPD) in zünftiger Motorradkluft von der Kanzel aus Rücksicht und Vorsicht der Biker beschworen und darauf hingewiesen, dass die Unfallzahlen mit Motorradbeteiligung trotz kräftig gestiegener Zulassungszahlen rückläufig seien. Grote dankte den zahllosen ehrenamtlichen Helfern, Behörden, der Polizei, den Hilfsorganisationen und Sponsoren für ihr Engagement. Nach dem Gottesdienst ging es von 14 Uhr an im Konvoi ab zum Mogo-Fest in Kaltenkirchen. Angeführt von Pastor Lemke auf seiner beflaggten BMW, die eigens für die göttliche Ausfahrt von der bayerischen Edelschmiede gestellt worden war. Auch Grote fuhr mit: Da er selbst keinen Motorradführerschein hat, thronte er auf dem Sozius der Maschine seines Chauffeurs und genoss die Ausfahrt. Neben Grote erfreuten sich auch die Schauspieler Raúl Richter („Gute Zeiten, schlechte Zeiten“) und Kalle Haverland („Der Junge von St. Pauli“) am Fest der Biker.
Die befürchteten Verkehrsbehinderungen vor allem durch die zeitweise Vollsperrung der Autobahn 7 zwischen Bad Bramstedt und Stellingen blieben laut Polizei „im Rahmen“.