Hamburg. Der Hamburger Unternehmer streitet mit Fluglinie Sun Express um angebliche Verbindlichkeiten. Öger: „Man will uns vernichten.“

Es ist ein weiterer schwerer Schlag für den einst so erfolgreichen Reiseunternehmer und früheren Hamburger SPD-Europaabgeordneten (2004–2009) Vural Öger. Nachdem der 74-Jährige zum Jahreswechsel innerhalb weniger Tage zunächst für sein Reiseunternehmen V.Ö. Travel und dann auch für Öger Türk Tur, zuvor einer der größten Anbieter von Türkeiflügen in Deutschland, Insolvenz anmelden musste, hat nun die Fluggesellschaft Sun Express einen sogenannten Arrestbefehl gegen ihn erwirkt – und legt so die Hand auf Ögers Privatvermögen. Öger selbst sagt, der Beschluss des Landgerichts Frankfurt sei das Ergebnis einer „gegen mich gerichteten Politik“.

„Man will uns vernichten“, ist Öger überzeugt. Die Sun-Express-Mutter Turkish Airlines sei immerhin ein staatliches, türkisches Unternehmen, sagt der Mann, der sich in jüngster Vergangenheit mehrfach sehr kritisch über Staatspräsident Erdogan geäußert hat.

In jedem Fall ist die Gerichtsentscheidung in dem Zivilverfahren zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen von Lufthansa und Turkish Airlines einerseits und dem Unternehmer Vural Öger andererseits der vorläufige Tiefpunkt in einer Geschäftsbeziehung, aus der beide Seiten jahrelang Vorteile zogen. „1,5 Milliarden Euro Umsatz“, sagt Öger, hätten seine Unternehmen seit 1991 in der Zusammenarbeit mit Sun Express gemacht. Bevor er im Jahr 2010 seine Firma Öger Tours verkaufte, charterten diese ihre Urlaubsflieger bei Sun Express. Später vertrieben Ögers neu gegründete Unternehmen die Sun-Express-Flug­tickets über Partneragenturen in Deutschland – zu recht günstigen Konditionen: Öger erhielt zwischen acht und zehn Prozent des Ticketpreises als Provision und reichte vier bis fünf Prozent an die Agenturen weiter. Den von den Kunden eingenommenen Ticketpreis mussten die Öger-Firmen lange Zeit erst dann an Sun Express weiterreichen, wenn der Passagier tatsächlich geflogen war. „Wir haben zeitweise zwei Drittel unseres Umsatzes mit Sun Express gemacht“, sagt Öger.

Doch im August 2015, erinnert sich der Ex-Juror in der Jungunternehmer-TV-Show „Die Höhle des Löwen“ im Privatsender Vox, habe Sun Express die Bedingungen plötzlich verändert. Den Ticketpreis musste er fortan sofort weiterleiten. Wenig später habe die Airline zudem 10 Euro pro Passagier verlangt. „Die haben mir richtig gedroht, diese Bedingungen zu akzeptieren“, sagt Öger. Die „14 bis 19 Millionen Euro“, die er sofort an Sun Express hätte zahlen sollen, aber habe er nicht aufbringen können. Zumal Ögers Reise- und Fluggeschäfte nach den Terroranschlägen in Ägypten und dem Ausbleiben russischer Touristen in der Türkei ohnehin schlecht liefen.

Um mit Sun Express im Geschäft zu bleiben, sicherte Öger im Herbst daher zu, für 17 Millionen Euro Forderungen der Airline mit seinem Privat­vermögen zu bürgen. Dieses aber sah Sun Express schon bald zusehends schwinden. In einem am Dienstag bei „Spiegel Online“ veröffentlichten Bericht wird eine ganze Reihe von Vermögensverkäufen aufgelistet, die Öger in den letzten Monaten des vergangenen Jahres getätigt hatte. Mal war es ein Olivenhain in der Türkei, mal ein Geschäftshaus in Hamburg. Käufer, so der Bericht, seien zumeist Bekannte Ögers oder auch Familienmitglieder gewesen, die Preise teils vergleichsweise gering.

Öger selbst bestätigt, dass er sich von Teilen seines Privatvermögens getrennt hat. „Man kann mir doch nicht verbieten, etwas zu verkaufen oder zu kaufen“, sagt er. Über die von „Spiegel Online“ veröffentlichte Liste seiner Immobiliengeschäfte sagt er: „Manches davon stimmt, anderes nicht.“ Der Hamburger Öger-Anwalt Christoph Henningsmeier will sich wegen des laufenden Verfahrens zwar „zu Details nicht äußern“, sagt aber: „Für Verkäufe gab es sinnvolle wirtschaftliche Hintergründe, sie dienten nicht dazu, irgendjemanden zu schädigen.“

Der Arrestbefehl, in dem Sun Express eine Forderung von einer Million Euro geltend macht, soll nun verhindern, dass Öger weiteres Privatvermögen verkauft. Allerdings: Das Gericht erließ den Arrest bereits am 6. Mai. Der Kläger muss ihn dem Beklagten, also Öger, binnen eines Monats zustellen. Das, sagt Anwalt Henningsmeier, sei bisher nicht geschehen. Spekulationen, Öger sei derzeit nicht auffindbar, wies er am Dienstag zurück: „Ich habe heute Abend einen Termin mit ihm. Er versucht, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen.“ Und Öger selbst versicherte dem Abendblatt Dienstagmittag: „Ich bin auf dem Weg nach Hamburg und in drei Stunden da.“

Sun Express bestätigte am Dienstag lediglich, es gebe eine 17-Millionen-Euro-Forderung an Öger aus einer persönlichen Bürgschaft. Dieser Betrag sei „zunächst“ auf eine Million reduziert worden, um die Gerichtskosten gering zu halten.