Hamburg. Harry S. soll sich 2015 einer Spezialeinheit der Terrormiliz angeschlossen haben. Nach wenigen Monaten kehrte er zurück.

In einem IS-Propagandavideo ist er als Fahnenträger zu sehen: Erstmals wird in Hamburg einem Kämpfer der Terrormiliz „ Islamischer Staat“ der Prozess gemacht. Vom 22. Juni an verhandelt der Staatsschutz­senat des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen gegen den Bremer Salafisten Harry S. Der Generalbundesanwalt wirft ihm die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Verstoß gegen das Kriegswaffenkontroll­gesetz vor.

Im April 2015 reiste er nach Syrien

Der Fall liege in Hamburg, weil der Staatsschutzsenat auch für Bremen zuständig sei, sagte Gerichtssprecher Kai Wantzen auf Anfrage. Wie aus der Anklage hervorgeht, konvertierte Harry S. 2008 zum Islam und radikalisierte sich während eines späteren Gefängnisaufenthalts in Bremen. Im April 2015 reiste er nach Syrien, wo er sich einer Spezialeinheit des IS anschloss, die regionale Kampfbrigaden hinter gegnerischen Linien unterstützte. Harry S. erlernte während einer militärischen Ausbildung „spezielle Kampftechniken und den Umgang mit einem Schnellfeuergewehr“, soll jedoch laut Anklage von seiner Kalaschnikow im Kampf nie Gebrauch gemacht haben.

Im Juni 2015 tauchte er als Fahnenträger in einem deutschsprachigen IS-Propagandavideo auf. In dem Film werden Drohungen gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgestoßen und zwei Gefangene hingerichtet. Außerdem werden die Zuschauer aufgefordert, in Deutschland „Ungläubige“ anzugreifen und zu töten. Am 20. Juli 2015 wurde der 27-Jährige bei seiner Ankunft am Bremer Flughafen verhaftet.

Keine Anhaltspunkte für eine radikalislamistische Haltung

Die Generalbundesanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann aus Protest gegen die IS-Gräueltaten und wegen einer Hepatitis-Erkrankung zurückkehrte. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine weiterhin radikalislamistische Haltung. Harry S. sitzt im Hochsicherheitstrakt der JVA Oldenburg, soll aber rechtzeitig nach Hamburg verlegt werden.

Bereits im Februar war er wegen eines früheren Raubüberfalls zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. In der U-Haft soll er sich gegenüber den Sicherheitsbehörden im Detail zu seiner Zeit beim IS geäußert haben. Zweimal sei er in Syrien gefragt worden, ob er den Dschihad in seine Heimat tragen wolle – dies habe er abgelehnt. Wie der „Weser-Kurier“ berichtet, hat er Namen preisgegeben, Transportwege und Verstecke der Terroristen benannt.