Hamburg. Gestorbener Swingsänger auf Kampnagel posthum mit dem Echo Jazz ausgezeichnet. Auch zwei weitere Preise gingen an Hamburger Musiker.

Mit dem Wetter haben die Organisatoren des Echo Jazz in den vergangenen Jahren nie besonders viel Glück gehabt. Entweder blies ein kalter Wind von Nordwest die Elbe herauf oder es nieselte wie am gestrigen Donnerstagabend.

Die Stars der Gala wie Michael Wollny, Tom Gäbel und Rolf Kühn stiefeln möglichst schnell über den roten Teppich in Richtung Kamp­nagel-Fabrik, um sich vor der Sponsoren-Wand von den Fotografen ablichten zu lassen. Umso erfreulicher läuft dann die Preisverleihung mit zwei kompetenten und fachkundigen Moderatoren ab – auch das nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit.

Entscheidung fiel vor Ciceros Tod

Gregory Porter, Jazzsänger der Superlative, gehörte schon 2015 zu den Conferenciers, mit Götz Alsmann stand ein zweiter versierter Fachmann und Musiker auf der Bühne. Eigentlich hätte seinen Job Roger Cicero machen sollen, doch der Sänger ist am 24. März dieses Jahres völlig überraschend mitten aus dem Leben gerissen worden.

Geehrt wurde Cicero an diesem Abend posthum als „Sänger des Jahres national“ – eine Entscheidung, die schon vor seinem Tod von der 13-köpfigen Jury getroffen wurde. In seiner Begrüßung würdigte Kulturstaatsrat Carsten Brosda diesen außergewöhnlichen Musiker und Sänger und verabschiedete ihn in Anspielung auf seine Kopfbedeckung mit einem Titel des großen Charles Mingus: „Goodbye Pork Pie Hat“.

Götz Alsmann sprach die Laudatio auf den charmanten Vokalisten, der es sogar geschafft hat, die Brücke vom Jazz zum Schlager zu schlagen. Auf großer Leinwand war Cicero bei den Aufnahmen zu seinem Album „The Roger Cicero Jazz Experience“, in Interviews und bei einem Konzert zu sehen. Mit seinem Trio sang Cicero „The Long And Winding Road“ – den Beatles-Song nahm dann auf der Kampnagel-Bühne live eine Allstar-Band auf, in der Posaunist Nils Wogram den melodischen Part blies. Für Cicero nahmen Pianist Maik Schott und Bassist Hervé Jeanne den Echo entgegen.

In 21 Kategorien werden die Trophäen verliehen. Verkaufszahlen sind – anders als beim Pop-Echo – egal. Nur die Jury entscheidet darüber, wer die Trophäe erhält.

Drei Preise bleiben in Hamburg

Giovanni Weiss (r., neben ihm Journalist Stefan Gerdes) gewann in der Kategorie
Giovanni Weiss (r., neben ihm Journalist Stefan Gerdes) gewann in der Kategorie "Instrumentalist/in des Jahres national Gitarre" © dpa | Georg Wendt

Drei Preise blieben in Hamburg, wie erwähnt bei Roger Cicero, außerdem wurden der Gitarrist Giovanni Weiss und der Schlagzeuger Benny Greb ausgezeichnet. Weiss, im Stadtteil Wilhelmsburg zu Hause, war schon 2013 geehrt worden, in diesem Jahr hat dieser formidable Virtuose wieder alle Konkurrenten ausstechen können. Entsprechend gut gelaunt zeigte er sich bei der bereits vierten Echo-Jazz-Gala in Hamburg.

Der Musiker, der aus einer sehr musikalischen Sinti-Familie stammt, sagt: „Diese Ehre teile ich mir mit meiner ganzen Familie. Es ist ein Preis für unser ganzes Volk.“ Weiss widmete den Preis auch all denen, die nicht mehr dabei sei können, vor allem Roger Cicero, aber auch Lutz Büchner von der NDR Bigband, der ebenfalls im Frühjahr an einem Herzinfarkt gestorben war.

Benny GReb wurde als bester deutscher Schlagzeuger geehrt
Benny GReb wurde als bester deutscher Schlagzeuger geehrt © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Als bester deutscher Schlagzeuger wurde Benny Greb geehrt. In der Begründung der Jury heißt es über den gebürtigen Augsburger: „Greb gehört zu den profunden Strukturarbeitern, dessen Punch auch komplexen Formen einen Rückhalt gibt.“

Am 90. Geburtstag von Miles Davis wurden auch zwei Veteranen des deutschen Jazz geehrt: Rolf Kühn, inzwischen 86, spielt seit 79 Jahren Klarinette und Saxofon. Ans Aufhören denke er noch lange nicht, sagte der Veteran: „Ich bin neugierig geblieben.“ Der Echo Jazz für sein Lebenswerk geht in diesem Jahr an Wolfgang Dauner. Die Haare des 80-jährigen Pianisten sind zwar schütter geworden, doch einen Zopf trägt er immer noch. Dauner ist das lebende Beispiel für den Freiheitsbegriff des Jazz, er hat im Laufe seiner langen Karriere immer wieder provoziert, er ist ein famoser Pianist, ein veritabler Komponist und einer feinsinniger Humorist.

Wolfgang Dauner, Preisträger in der Kategorie Lebenswerk, mit der Trophäe+
Wolfgang Dauner, Preisträger in der Kategorie Lebenswerk, mit der Trophäe+ © dpa | Daniel Reinhardt

In den vergangenen Jahren war die Verleihung des Echo Jazz immer der Auftakt des Elbjazz Festivals. Das setzt in diesem Jahr aus und wird im kommenden Jahr neu starten – unter anderem auch in der Elbphilharmonie. „Sie wird für den Jazz die Türen ganz weit öffnen“, hatte zuvor schon Staatsrat Brosda versprochen. Jazz der Extraklasse gibt es am heutigen Abend im Stadtpark bei hoffentlich besserem Wetter: Gregory Porter gastiert mit seiner Band im Stadtpark (19 Uhr).