Altstadt. Seit den Silvesterübergriffen wird überReform debattiert. Können Lücken geschlossen werden, ohne der Willkür Tür und Tor zu öffnen?

Dass das Sexualstrafrecht reformiert werden muss, ist in der Bürgerschaft nicht zuletzt nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht unumstritten. Uneins sind sich die Abgeordneten in der Frage, wie genau die Verschärfung des Rechts aussehen soll, damit sexualisierte Gewalt häufiger als bisher bestraft werden kann.

„Die Zeit für eine wirkliche Reform des Sexualstrafrechts ist reif“, sagte Justizsenator Till Steffen (Grüne). Er hatte bereits eine erfolgreiche Bundesratsinitiative mit dem Ziel gestartet, den Grundsatz „Nein heißt Nein“ im Strafrecht zu verankern.

„Der heute erforderliche Nachweis der Gewalt scheitert vor Gericht häufig, wobei der mutmaßliche Täter bisweilen gar nicht bestreitet, dass die Frau Nein gesagt hat“, sagte Steffen. Inzwischen hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, der der rot-grünen Koalition in Hamburg allerdings nicht weit genug geht.

„Simple Nein-heißt-Nein-Regelung ist der falsche Weg“

SPD-Justizpolitiker Urs Tabbert begrüßte zwar den Entwurf seines Parteifreundes Maas als ersten Schritt, fügte aber hinzu: „Wir brauchen ein Sexualstrafrecht, das den Willen des Opfers – sei er klar geäußert oder aus den Umständen deutlich zu erkennen – in den Mittelpunkt stellt, um eine Strafbarkeit zu begründen.“

Die Grünen-Abgeordnete Mareike Engels sah die Chance zu einem „historischen Schritt“ in der Reform des Sexualstrafrechts. „Die Strafverurteilung darf nicht vom körperlichen Widerstand des Opfers abhängen und bedarf keiner weiteren besonderen Umstände, die das Strafrecht bislang vorsieht“, so Engels.

Widerspruch kam in erster Linie von CDU und FDP. „Richter brauchen einen offensichtlichen Anknüpfungspunkt für eine Verurteilung. Wie will man ein Nein der Frau beweisen, wenn der mutmaßliche Täter es bestreitet?“, fragte der CDU-Justizexperte Richard Seelmaecker, der allerdings auch hervorhob, dass es eine Strafbarkeitslücke im jetzigen Recht gebe. „Eine simple Nein-heißt-Nein-Regelung ist der falsche Weg“, sagte Anna von Treuenfels-Frowein (FDP). „Strafbarkeitslücken werden damit nicht geschlossen, sondern der Willkür Tür und Tor geöffnet.“ Ein Nein lasse sich schwer beweisen, aber leicht behaupten.

Mit den Stimmen von Rot-Grün beschloss die Bürgerschaft einen Antrag, der den Senat auffordert, sich beim Bund für den Grundsatz „Nein heißt Nein“ einzusetzen.