Hamburg. Fotograf FC Gundlach arbeitete lange in dem Bunker. Die heutigen Ideen sind nicht neu: Kleine Geschichte der Umgestaltungspläne.
Wer an einen Ort der Vergangenheit zurückkehrt, der kann schon mal ein bisschen melancholisch werden. Auch FC Gundlach ist ein bisschen gerührt. Mit etwas zittrigen Beinen steht der berühmte Fotograf vor der Grünfläche des alten Flakbunkers an der Feldstraße.
In der Hand hält er wie zum Beleg ein Bild früherer Tage. Es zeigt einen deutlich jüngeren Gundlach an selber Stelle im gut sitzenden Anzug mit einer Kamera in der Hand. Von wann genau die Aufnahme ist, weiß er nicht mehr. Aber es muss wohl um das Jahr 1980 herum gewesen sein.
1970er Jahre: Efeu ruft Ordnungsamt auf den Plan
Fast 30 Jahre lang – von 1965 bis 1992 – war der Betonklotz an der Feldstraße Gundlachs Lebens- und Arbeitsmittelpunkt. Seine Firma für Filmentwicklung und Fotobedarf PPS hatte hier ihren Sitz. 1975 eröffnete Gundlach in dem Bunker zudem eine der ersten Galerien für Fotografie in Deutschland. Die Debatten um die Zukunft des Bunkers kennt er zur Genüge. „Das war immer ein Thema“, sagt Gundlach. „Und schon immer gingen die Meinungen hier auseinander.“
Auch die aktuellen Pläne zur Begrünung des Bunkers verfolgt der 89-Jährige mit großem Interesse. Und manchmal muss er dabei ein wenig schmunzeln: „Ich hatte ja in den 70er-Jahren schon angefangen, auf dem Dach Efeu zu pflanzen“, sagt er.
Doch als das Grün über das Dach hinweg an der Fassade herunter wuchs, rückte das Ordnungsamt an. „Vor dem Hintergrund, dass genau das heute wieder der Plan ist, ist das doch ganz lustig, oder?“
„Selbst in Amerika war der Bunker als Künstlertreff bekannt“
In seiner Stiftung in Harvestehude hat Gundlach über all die Jahre Erinnerungen, Zeitungsberichte und Fotos über den und vom Bunker gesammelt. Viele Bilder zeigen, dass der Feldstraßenbunker einst der Top-Treffpunkt der Hamburger Kreativen war. „Selbst in Amerika war der Bunker als Künstlertreff bekannt“, erinnert er sich.
In Hamburg nannte man den Bunker, in dem neben Gundlach zahlreiche Filmproduktionen und Werbeagenturen ihren Sitz hatten, einfach den „Kreativbunker“.
In den 70er-Jahren arbeiteten rund 300 Menschen hier, die meisten von ihnen im Film-, Foto-, oder Werbebereich. Auch die Nachkriegsgeschichte des Deutschen Fernsehens begann am Heiligengeistfeld. Am 12. Juli 1950 sendete der nordwestdeutsche Rundfunk die ersten Bilder aus dem Bunker.
Mitte der 1970er Jahre: kein Okay vom Senat
Was heute die Initiative „Hilldegarden“ ist, hieß damals „Bunkern Sie mit!“. Ein Aufruf, den Gundlach und sein Team Mitte der 1970er-Jahre gestartet hatten. „Wir wollten gemeinsam mit den Anwohnern dem Bunker einen neuen Anstrich geben und ihn so einladender machen.“
„Hunderte Hamburger nahmen daran teil und schickten ihre Vorschläge für das Design der Fassade an uns“, erinnert sich Gundlach. Die Vorschläge zeigten unter anderem eine Komplettbegrünung, Hafengemälde an der Fassade oder stellten den Bunker als große Kamera dar. „Der damalige Kultursenator Dieter Biallas unterstützte das Projekt“, sagt Gundlach. Doch am Ende wurde nichts daraus. „ Das Okay vom Senat blieb aus“, so Gundlach.
Anfang 1990er Jahre: Abrisspläne
Einige Jahre lang blieb es dann ruhig um den Bunker – bis er Anfang der 1990er wieder auf den Titelseiten der Stadt landete. „Ein kolossales Problem“, „die Schwierigkeiten, ein „Gebirge“ zu beseitigen und „Der Bunker-Abbau lässt U-Bahn beben“ – so oder so ähnlich lauteten damals die Überschriften.
Hintergrund waren die Pläne des damaligen Hamburger Bürgermeisters Henning Voscherau (SPD), der den Bunker damals abreißen lassen und dafür auf dem Heiligengeistfeld eine Mehrzweckhalle mit Platz für 15.000 Menschen errichten wollte.
Doch das Vorhaben war umstritten. Architekten fürchteten ein „lebensgefährliches Beben“, das dadurch auf St. Pauli entstehen würde, auch der U-Bahntunnel würde kaputt gehen. Wieder schaltete sich Gundlach ein, schrieb sogar einen Brief an Voscherau und sprach sich in deutlichen Worten gegen einen Abriss aus. „Eine Stadt wie Hamburg sollte an einem so besonderen Ort für die kreative Szene festhalten“, fand Gundlach. Außerdem bräuchten die dort ansässigen Firmen Planungssicherheit.
Aus dem Abriss wurde bekanntermaßen nichts. Gundlach erinnert sich: „Auf der anderen Seite des Heiligengeistfeldes gab es früher noch einen zweiten, sehr viel kleineren Bunker.“ Zwei Jahre habe es gedauert, diesen abzureißen, mit kleinen Sprengungen an jedem Mittag. „Dann beschwerten sich die Anwohner wegen der Schäden an ihren Häusern und das Thema, den großen Bunker abzureißen, wurde zu den Akten gelegt“, so Gundlach.
Heute: wieder umstrittene Begrünungspläne
Heute gibt es wieder neue Pläne. Das Bunker-Thema ist so aktuell wie lange nicht mehr. Erst vor wenigen Wochen stellten Landschaftsarchitekten und die Anwohner-Gruppe „Hilldegarden“ ihr Begrünungskonzept vor.
Demnach soll der Bunker bald so bepflanzt werden, dass er das ganze Jahr über grün sein wird. Zerzauste und windschiefe Bäume sollen so angeordnet werden, dass das Ganze lebendig wirkt, sagen die Verantwortlichen. Zudem soll der Bunker durch fünfgeschossige Aufbauten erweitert werden.
Dort soll es dann einen großen Konzert- und Freizeitsaal, Stadtteilflächen und vieles mehr geben. Aber das charakteristische Merkmal soll die Begrünung sein. Ob die Pläne alle so umgesetzt werden, ist noch unklar. Auch bei dem aktuellen Vorhaben gibt es Kritik von Anwohnern und Denkmalschützern.
Gundlach zuckt nur mit den Schultern. „Ich würde es natürlich gut finden, wenn der Bunker jetzt doch noch grün wird“, sagt der 89-Jährige. „Aber hätte man mich damals einfach machen lassen, dann hätten wir die Diskussion heute gar nicht. Dann wäre der Bunker nämlich jetzt schon grün“ , sagt er und schmunzelt dabei ein wenig.