Hamburg . Freies WLAN in der City: Erste Access-Points am Alstertor freigeschaltet. Bis Jahresende soll die gesamte Innenstadt abgedeckt sein.

Seit Donnerstagmittag kann in der Hamburger Innenstadt rund um die Uhr gratis per rasant schnellem WLAN gesurft werden – zumindest im Probebetrieb in einem kleinen Gebiet zwischen Ballindamm und Thalia Theater.

An der Ecke Alstertor und Ferdinandstraße wurden jetzt von der Firma willy.tel und Stromnetz Hamburg die ersten Access-Points des Netzes unter dem Namen MobyKlick freigeschaltet. Dort kann man sich jetzt für 24 Stunden einloggen und kostenlos surfen, wenn man sich zuvor einen Zugangscode per SMS aufs Handy schicken lässt.

Download-Geschwindigkeit von 142 Mbit/s

Bis Jahresende soll die gesamte Innenstadt mit mehr als 150 Zugangspunkten abgedeckt sein. Der Vorteil gegenüber klassischen Hotspots sei, dass man sich bei willy.tel nur einmal einloggen müsse und dann im gesamten zusammenhängen Netz surfen könne, ohne sich bei jedem Verbindungspunkt neu anzumelden, sagte Geschäftsführer Bernd Thielk. Zudem stelle sein Unternehmen extrem schnelles Internet über das Gratis-WLAN bereit. Bei einem Speedtest zur Eröffnung des Netzes ergab sich am Donnerstag eine sehr hohe Download-Geschwindigkeit von 142 Mbit/s. Insgesamt stünden Bandbreiten von 1 Gbit/s zur Verfügung, so Thielk.

Zum Abendblatt-Kommentar: Gutes WLAN, böse Datenkraken

Zunächst hatte das Netz bereits vor etwa einem Jahr an der Start gehen sollen. Dann aber gab es Probleme bei der Stromversorgung. Der Plan, die Access-Points über Laternenmasten mit Energie versorgen zu lassen, erwies sich als nicht umsetzbar – denn dort fließt nur nachts während der Beleuchtung Strom. Deswegen gibt es nun eine Kooperation mit der städtischen Stromnetz Hamburg GmbH, das über so genannte Netz-Hubs im Boden die nötige Energieversorgung sicher stellt.

willy.tel will Gastronomen gewinnen

Trotz des Gratis-WLANs für Kunden will willy.tel mit seinem Netz auch Geld verdienen. Dafür wolle man Geschäfte und Gastronomen gewinnen, sich kostenpflichtig an das WLAN anschließen zu lassen, damit ihre Kunden auch beim Einkaufen, Essen oder beim Bierchen in der City gratis surfen können, so Thielk.

Staatsrat Carsten Brosda sagte zur Eröffnung des Netzes, jeder, der aus dem Urlaub komme, wisse, dass an vielen anderen Orten der Welt freies WLAN zum Alltag gehöre. In Deutschland sei dies aufgrund der Rechtslage nicht ohne weiteres möglich. Umso wichtiger sei es, dann nun auch in Hamburg ein Gratis-Netz wachse. „WLAN wird längst als Teil einer angemessenen öffentlichen Infrastruktur wahrgenommen“, so Brosda.

Chaos Computer Club: Daten nicht sicher

Bürgermeister Olaf Scholz betonte, dass Hamburg zur „digitalen Stadt“ werde. „Digitale Technologien geben uns die Möglichkeiten, unsere Stadt noch lebenswerter und noch wettbewerbsfähiger zu machen“, so Scholz. „Ich hoffe, dass schon bald nach dem jetzt startenden Probebetrieb auch der tatsächliche Ausbau insbesondere in der Innenstadt beginnen wird.“

Wie schnell es mit diesem Ausbau vorangeht, und ob es tatsächlich bis Jahresende ein flächendeckendes Netz gibt, hängt laut willy.tel nicht allein von den baulichen Herausforderungen ab, sondern auch davon, wie schnell die Hamburger Behörden jeweils nötige Genehmigungen erteilen.

Willy.tel-Geschäftsführer Bernd Thielk räumte auf Nachfrage des Abendblattes ein, dass die Daten in dem Gratis-Netz nicht verschlüsselt würden – anders als in dem parallel angebotenen Netz für Firmenkunden, das nicht frei zugänglich ist. Wer also eine gewisse kriminelle Energie mitbringe und über das nötige technische Wissen verfüge, könne Datenverkehr abfangen und etwa über das Gratis-Netz versandte Mails mitlesen.

Kritik kam am Donnerstag vom Chaos Computer Club (CCC). Dessen Hamburger Sprecher Michael Hirdes sagte: "Das willy.tel-Netz ist weder offen noch frei, es ist lediglich kostenlos. Wenn etwas kostenlos ist, bist du als Kunde meistens selbst das Produkt." Das sei ähnlich wie etwa bei Facebook. Niemand wisse bei kommerziellen Kostenlos-Anbietern, was diese mit den Daten der Kunden täten. Da man sich aber bei willy.tel per Handynummer anmelden müsse, sei jeder Nutzer eindeutig identifizierbar, so Hirdes. Zudem ist das willy.tel-Gratis-Netz nicht verschlüsselt.

Auch die Hochbahn führt Gratis-WLAN ein

Deswegen plädiere der CCC auch weiterhin dafür, das Freifunk-Netz auch in der City auszubauen. Bei diesem "freien und kostenlosen WLAN in Bürgerhand", bei dem jeder mitmachen könne, seien Anonymität und Datensicherheit garantiert. Dass Freifunk zuverlässige Netze aufbauen könne, habe man zuletzt bei der Ausstattung von großen Flüchtlingsunterkünften mit WLAN gezeigt. Derzeit verhandle Freifunk mit der Stadt über weitere Standorte auch in der Hamburger City. Ziel sei ein sicheres, offenes und freies Netz in ganz Hamburg.

Auch die Hochbahn führt jetzt freies WLAN ein. Bereits ab kommenden Donnerstag soll es im Probebetrieb zunächst freies WLAN in den Bussen der Metrobuslinie 5 und an den zwei U-Bahnstationen Mönckebergstraße und Borgweg geben.