Hamburg. Hamburgerinnen gehen oft trotz Gesundheitsproblemen zur Arbeit, haben aber dennoch mehr Fehltage. Männer häufiger wegen Alkohol krank.
Frauen sind in Hamburg deutlich häufiger krankgeschrieben als Männer. Im vergangenen Jahr hatten sie 27 Prozent mehr krankheitsbedingte Fehltage als die Männer in der Hansestadt. Das ist das Ergebnis des DAK-Gesundheitsreports, der am Dienstag in Hamburg vorgestellt wurde. Für diesen Report wurden Daten von mehr als 77.000 erwerbstätigen DAK-Versicherten in der Hansestadt Hamburg ausgewertet und 117 Hamburger befragt.
Ein Teil der festgestellten Differenz könnte dadurch bedingt sein, dass Frauen anders mit Erkrankungen umgehen als Männer und sich mehr um ihre Gesundheit kümmern. So gehen berufstätige Männer nur durchschnittlich viermal im Jahr zu einem Arzt, Frauen siebenmal. „Selbst wenn man Vorsorgeuntersuchungen und schwangerschaftsbedingte Behandlungen nicht einrechnet, sind Männer weitaus seltener beim Arzt. Sie sind womöglich aber genauso oft krank wie Frauen“, sagte Regina Schulz, Landeschefin der DAK-Gesundheit in Hamburg.
Laut dem Report haben die Frauen 87 Prozent mehr Fehltage als Männer wegen psychischer Erkrankungen, insbesondere Depressionen. Und sie haben 87 Prozent mehr Fehltage wegen Krebserkrankungen. Das liegt daran, dass das häufigste Tumorleiden der Frauen, der Brustkrebs, oft schon bei erwerbstätigen Frauen festgestellt wird, während der häufigste Tumor des Mannes, der Prostatakrebs, oft erst im höheren Alter ab 60 Jahren auftritt. „Diese Krebsfälle bei den Männern werden von unserer Statistik, die sich ausschließlich auf Erwerbstätige bezieht, meist nicht mehr erfasst“, sagte Schulz. Krankschreibungen wegen Schwangerschaftskomplikationen spielen für den Geschlechterunterschied kaum eine Rolle: Sie erklären nur sechs Prozent der Differenz.
Männer häufiger wegen Alkohol krank
Männer hatten im vergangenen Jahr 58 Prozent mehr Fehltage wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 42 Prozent mehr Fehltage wegen Verletzungen als Frauen. Die höhere Zahl der Verletzungen könne daran liegen, dass Männer ein anderes Risikoverhalten haben und häufiger gefährlicheren Arbeitsbedingungen ausgesetzt seien, sagte Jörg Marschall vom Berliner Iges-Institut, das die DAK-Daten ausgewertet hat.
Bei der Auswertung der psychischen Erkrankungen fiel auf, dass Männer wegen psychischer Probleme und Verhaltensstörungen durch Alkohol häufiger krankgeschrieben waren. Bei den Männern waren es 11,8 Fehltage pro 100 Versicherte, bei Frauen 7,0.
Frauen sind dabei diejenigen, die häufiger krank zur Arbeit gehen. 69 Prozent der weiblichen Hamburger Befragten gaben an, wenigstens einmal im vergangenen Jahr krank zur Arbeit gegangen zu sein. Bei den Männern waren es nur 55 Prozent. Als Hauptgrund nannten beide Geschlechter, dass sie Kollegen nicht hängen lassen wollten. Männer fühlten sich trotz der Beschwerden häufiger arbeitsfähig. Frauen nannten deutlich häufiger als Grund, dass sie „ihre Arbeit fertig bekommen müssten“. Auch kranke Kinder sind für Frauen öfter ein Grund, sich krankzumelden als für Männer. „Wenn mein Kind krank ist, weiß ich mir manchmal nicht anders zu helfen, als mich selbst krankzumelden“, nannten 26 Prozent der Frauen und 17,5 Prozent der Männer.
Psychische Erkrankungen häufigster Ausfallgrund
Insgesamt stieg der Krankenstand in Hamburg von 3,5 Prozent im Jahr 2014 auf 3,7 Prozent im Jahr 2015. Damit gehört Hamburg zu den drei Bundesländern mit dem niedrigsten Krankenstand in Deutschland. Die häufigsten Gründe für Krankschreibungen waren psychische Leiden (20,9 Prozent), Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems (18,4 Prozent) und Erkrankungen der Atemwege (17,4 Prozent).
Somit setzt sich eine Entwicklung fort, die bereits in den vergangenen Jahren zu beobachten war, nämlich dass psychische Erkrankungen an der Spitze der Gründe für eine Krankschreibung stehen. Allerdings zeigt sich bei der jetzigen Analyse, dass die dadurch bedingten Fehltage im Vergleich zum Vorjahr gesunken, die Zahl der Betroffenen aber gestiegen ist. Die meisten Fehltage hatten Beschäftigte im Gesundheitswesen (4,4 Prozent). Am niedrigsten war der Krankenstand in der Branche Bildung, Kultur und Medien (3,0 Prozent).
Dr. Melanie Hümmelgen, leitende Ärztin der kardiologischen Abteilung im Reha Centrum Hamburg, sagte zu den Ergebnissen, Arbeitgeber seien in der Pflicht, zur Prävention von Krankheiten spezifische Programme anzubieten und dafür Konzepte zu entwickeln, Maßnahmen wie Rabatte für Fitnessstudios seien nicht ausreichend.