Hamburg. Aufgeheizte Stimmung bei Betriebsversammlung des Hafenkonzerns. Vorstand stellt sich nicht hinter eigene Belegschaft.

Die Stimmung ist ex­trem aufgeheizt. Annähernd 900 HHLA-Mitarbeiter drängen sich im Saal 1 des CCH. Sie haben ihren Sonntag geopfert, damit der Vorstand ihnen erklärt, warum ihre Arbeit plötzlich in der Kritik steht. Die Mitarbeiter sind erbost, weil in einer Studie der Unternehmensberatung Metaplan der Vorwurf erhoben wird, die Beschäftigten des Containerterminals Burchardkai (CTB) hätten den Betrieb über Jahrzehnte so organisiert, dass entweder individuelles Einkommen oder die Freizeit maximiert wurden. Der Unmut am CTB des Hafenkonzerns ist riesig.

Doch die erlösenden Worte des Vorstands bleiben aus Sicht der Arbeitnehmervertreter aus. „Der Vorstand hat sich nicht vor die Belegschaft gestellt. Er brüskiert sie – und er hat auch nicht erklärt, was er mit dieser Studie bezweckt“, sagte der Vorsitzende des Gemeinschaftsbetriebsrats, Norbert Paulsen, nach der Betriebsversammlung. Damit schwelt der Konflikt am Containerterminal weiter.

Der Burchardkai steht im Fokus der Öffentlichkeit, seit das Abendblatt in der vergangenen Woche das Gutachten öffentlich machte, in dem vor allem die Organisationsstruktur des Terminals als mangelhaft beschrieben wird und Missstände in der Führung des Terminals aufgedeckt werden. Dies hätten die Mitarbeiter ausgenutzt.

Gegen diese Darstellung wehrt sich der Betriebsrat vehement. „Es ist nicht hinnehmbar, wenn den Kollegen die Verantwortung für die Organisationsfehler am Terminal in die Schuhe geschoben wird“, sagte Paulsen im Gespräch mit dem Abendblatt. Im Gegenteil: Die Kollegen vor Ort hätten selbst unter erschwerten Bedingungen dafür gesorgt, dass der Containerumschlag schnell und effizient abgewickelt wird.

Der CTB sei seit mehr als zehn Jahren eine vom Vorstand eingerichtete Baustelle, so Paulsen. Seit 2004 laufe ein grundlegender Umbau: Zum einen die Einrichtung neuer Containerbrücken zur Abfertigung größerer Containerschiffe, zum anderen die Umgestaltung des Lagers – und drittens die Einführung der Automatisierung. „Praktisch täglich haben sich die Organisationsabläufe geändert, und die Mannschaft steht unter einem gewaltigen Druck, dass dennoch alles funktioniert“, so Paulsen weiter. Auch von der Stadt fühlten sich die Mitarbeiter nicht unterstützt: Im Aufsichtsrat hätten sich die städtischen Vertreter gar nicht um die Probleme am CTB gekümmert.

Und wenn die Unternehmensberatung Metaplan nun ein Führungspro­blem kritisiere, sei auch das nicht verwunderlich, ergänzte Paulsens Vertreter, Jonny Schwolow. Von der Geschäftsführung des Terminals über die Abteilungsleiter bis hin zu den Stellenleitern sei nämlich die gesamte Führungsriege vom Vorstand ausgetauscht worden. Hätte die Mannschaft vom CTB früher autarker handeln können, um auf kurzfristige Änderungen schneller zu reagieren, gebe es nun klare hierarchische Vorgaben vom Vorstand, die unter den Umbaubedingungen nur schwer einzuhalten seien. „Das läuft nur noch Top-Down, die Kollegen werden dabei nicht mitgenommen“, so Schwolow.

Verantwortlich ist nach Meinung der Betriebsräte der HHLA-Vorstand und Arbeitsdirektor Heinz Brandt, der die Personalführung zur Aufgabe hat. Er habe die neue Organisationsstruktur auf das Terminal aufgepfropft, ohne die Mannschaft mitzunehmen. „Alles wird streng vorgegeben. Eigeninitiative ist da gar nicht mehr gefragt.“

Betriebsorganisation nicht gut genug für Abfertigung großer Containerschiffe

Brandt hatte zuvor dem Abendblatt gegenüber Fehler auf allen Führungsebenen eingeräumt, zugleich aber auch deutlich gemacht, dass die Betriebsstruktur dringend überarbeitet werden müsse, da die alte Organisation nicht ausreiche, um die neuen übergroßen Containerschiffe mit einer Kapazität von 20.000 Standardcontainern am Burchardkai abzufertigen. Ebenso erklärte Brandt, dass es schwierig sei, Veränderungen am Containerterminal durchzusetzen.

Die Arbeitnehmervertreter haben jetzt den Verdacht, dass die Gutachten-Präsentation vom Vorstand bestellt wurde, um sein rigides Vorgehen zu rechtfertigen. Eine gemeinsame Aufarbeitung mit seinen Mitarbeitern wolle in der Chefetage niemand mehr, vermuten sie. „Metaplan unterstützt nur den Vorstand darin, seine Ziele durchzusetzen.“ Das stehe auch so in der Studie, sagt Betriebsratschef Paulsen. An einer wirklichen Lösung sei im Vorstand niemand interessiert.

Brandt will jetzt mit dem Betriebsrat Gespräche über eine Veränderung der Betriebsorganisation am Burchardkai führen. „Der Betriebsrat war und ist zu Veränderungen bereit, wenn die Kollegen mit in die Entscheidung einbezogen werden. Das setzt aber voraus, dass der Vorstand erkennt, dass der bisher eingeschlagene Weg nicht tragfähig ist“, so Paulsen. Wirtschaftssenator Frank Horch will in dieser Woche ein Gespräch mit dem Vorstand führen.