Hamburg. Gut 48 Stunden vor der Ablieferung wird auf der „Ovation of the Seas“ im Dock von Blohm + Voss noch überall gearbeitet.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. In weniger als 48 Stunden wird die Meyer Werft die neue „Ovation of the Seas“ an die US-amerikanische Kreuzfahrtreederei Royal Caribbean International übergeben. Aber noch gleicht das Schiff einer Baustelle.

Das Kreuzfahrtschiff der sogenannten Quantum-Klasse gehört mit seinen Schwesterschiffen „Quantum of the Seas“ und „Anthem of the Seas“ zu den größten jemals in Deutschland gebauten Kreuzfahrtschiffen. Mit seinen 348 Metern Länge passt es eben gerade in das 351 Meter lange Schwimmdock Elbe 17 bei Blohm + Voss, wo der Stahlkoloss außerplanmäßig liegt.

Die „Ovation of the Seas“ bekommt nämlich auf die Schnelle andere Propellerflügel. Nach dem Bau in der Meyer Werft und der Überführungsfahrt auf der Ems hat sich bei Testfahrten herausgestellt, dass das Design der neuen Propeller nicht so energieeffizient ist wie erwartet. Hersteller ABB hatte sich von den neuen Flügeln eine Verringerung beim Treibstoffverbrauch versprochen – doch daraus wurde nichts. Deshalb werden jetzt bei Blohm + Voss in Hamburg Flügel mit altem Design an die zwei Propeller des Schiffs geschraubt – und das nur zwei Tage vor der Übergabe.

Kopfüber schweben zwei Tester in der
Fallschirmsprung-Simulation
Kopfüber schweben zwei Tester in der Fallschirmsprung-Simulation © HA | Andreas Laible

Doch nicht nur außen am Schiff ist viel los. Drinnen ist es noch unübersichtlicher. Kisten stapeln sich in den Gängen, der teure Teppichboden ist mit Folie abgeklebt. In der langen Einkaufsmeile, die sich durch die Mitte des Schiffs zieht, sitzen ein paar Handwerker vor dem Cartier-Shop auf dem Boden und ruhen sich aus, während hinter dem Schaufenster die Pretiosen in die Glaskasten gesetzt werden.

Beschriftung auf Englisch und Chinesisch

„Zurzeit sind noch rund 250 Mitarbeiter der Meyer Werft an Bord“, sagt Werft-Sprecher Peter Hackmann. „Dazu kommen 350 Arbeiter von Fremdfirmen und 2100 Beschäftigte von Royal Caribbean.“ Nicht alle gehören später zur Crew. Vielfach handelt es sich um Übergabespezialisten, die den Betriebsstart steuern. Überall Gewusel. In den Restaurants üben Crewmitglieder die Abläufe. Auf den Außengängen sammeln sich Mannschaften für Sicherheitsübungen. In den Bars werden Flaschen verstaut und Gläser geputzt. Nur in der Bionic Bar (Deck 6) ist Maschinenruhe. Hier werden die Gäste später von Robotern selbst gemixte Getränke überreicht bekommen. Eines der Highlights auf der „Ovations“.

Handwerker bringen in den 70 Quadratmeter großen, teuren Suiten letzte Lampen an. Das Interieur ist dunkel gehalten, erinnert an Sheraton-Hotels. Das Design stammt von einem finnischen Architekten. Dunkle Parkettböden, die vor allem asiatische Gäste bevorzugen; die Beschriftung auf Englisch und Chinesisch.

Nach der Fertigstellung der Restarbeiten in Hamburg und der Übergabe in Bremerhaven soll die „Ovations“ in Southampton erstmals Fahrgäste aufnehmen. Dann geht es Richtung Shanghai. Den Sommer über wird das Schiff in den asiatischen Gewässern auf der Nordhalbkugel kreuzen, im Winter auf der Südhalbkugel bei Australien. Im Solarium, Deck 15 über der Kommandobrücke des Schiffs, bauen Gärtner zwischen den Pools einen Palmengarten. An der Wand entsteht ein Mosaik aus Moosen. Unter dem Glasdach, auf dem sich die Sonne spiegelt, herrschen subtropische Temperaturen.

Auf dem gleichen Deck auf der entgegengesetzten Seite befindet sich das „SeaPlex“ – eine schmucke Mehrzweckhalle für Autoscooter, Basketball sowie einer Zirkusschule für Gäste, die sich schon immer mal auf ein Trapez wagen wollten. Wer es noch spektakulärer mag, kann gleich ums Eck im Außenbereich des Hecks Schweben üben. „Skydiving“ heißt die Anlage, bei der Menschen in einem vertikalen Windkanal auf einem starken Luftstrom schweben. Ein paar Profis bringen die gewaltige Turbine gerade auf Betriebstemperatur. Zutritt für Kreuzfahrtpassagiere nur nach vorheriger Sicherheitseinweisung und in Begleitung eines Fluglehrers.

Blick in eine der noblen Suiten auf der
„Ovation of the Seas“
Blick in eine der noblen Suiten auf der „Ovation of the Seas“ © HA | Andreas Laible

Einige Decks unter der Turbine befindet sich ein teurer Saal, das „TWO70 Grad“. Clou des Theaters sind drei Stockwerke hohe Bildschirme mit ex­trem hoher Auflösung und einem 270-Grad-Ausblick. Sie bieten Echtzeitbilder vom Wasser oder raffinierte Hintergrundbilder für Shows. „Allein die technische Anlage in diesem Saal kostet so viel wie ein kleines Kreuzfahrtschiff“, sagt Hackmann.

Auch die Innenkabinen sind mit solchen Bildschirmen ausgestattet und suggerieren damit, es handele sich um Fensterkabinen.

Ruhiger geht es auf der Brücke zu. Werft-Kapitän Wolfgang Thos bereitet sich auf die Übergabe an den Kreuzfahrt-Kapitän vor. „Einige Bereiche haben wir schon übergeben. Uns entgleitet nach und nach die Verantwortung“ sagt er. 4180 Passagiere sollen künftig auf der „Ovation of the Seas“ ihren Urlaub genießen. Hinzu kommen 1480 Crewmitglieder. Am Mittwochabend mussten alle Handwerker von Bord. Heute um vier Uhr früh soll das Schiff auslaufen. Aber wird auch alles rechtzeitig fertig? „Wie immer, auf dem letzten Drücker“, sagt Peter Ulf Geisler, Sprecher von Royal Caribbean.