Hamburg . Professor plädiert für mehr Sicherheit an Bahnhöfen und Terminals. Hamburg sei für Islamisten ein attraktives Ziel.
Kopenhagen, Paris und jetzt Brüssel – die Blutspur der IS-Terroristen zieht sich quer durch Europa. Professor Arndt Sinn, Direktor des Zentrums für Europäische und Internationale Strafrechtsstudien in Osnabrück, warnt nun vor terroristischen Anschlägen auch in deutschen Großstädten.
Eine Vielzahl ziviler Opfer beschere den Terroristen große Aufmerksamkeit
Gerade Hamburg mit seiner liberalen, offenen Kultur und seiner berühmten Rotlicht- und Partyszene sei für Islamisten möglicherweise ein attraktives Ziel, sagt Arndt Sinn, der unter anderem Europol in Terrorismusfragen berät. Paris habe gezeigt, dass sogenannte softe Ziele – Cafés, Bahnhöfe, Flughäfen – Terroristen neben einer Vielzahl ziviler Opfer vor allem enorme Aufmerksamkeit bescheren.
„Hamburg hat viel von dem, was die Stadt als Ziel für Terroristen interessant macht“, sagt Sinn. „Nehmen wir nur die Reeperbahn oder die ganzen Musicals, Hamburg ist eine Stadt des Amüsements und der freiheitlichen Werte. All das, wofür Hamburg steht, ist den Islamisten verhasst.“
Die Hansestadt bringe noch eine weitere Besonderheit mit, die sie in den Fokus von Terroristen rücken könnte: den Hafen, meint Professor Arndt Sinn. „Es gibt eine Reihe von Szenarien, die hier denkbar sind, von Anschlägen auf Schiffe bis hin zu Angriffen auf die technische Infrastruktur. Wäre der Hafen lahmgelegt, wäre das für die Terroristen ein beeindruckender Erfolg.“
Dass Deutschland bislang von Anschlägen verschont geblieben sei, sei möglicherweise dem Umstand geschuldet, dass das Land Islamisten als Rückzugsort diene. „Wir sollten aber keineswegs glauben, dass wir auf einer Insel der Glückseligen leben, und uns in trügerischer Sicherheit wiegen“, sagt Arndt Sinn.
Nach den Anschlägen von Paris hatte Sinn gefordert, die Sicherheitsmaßnahmen an Verkehrsknotenpunkten wie Bahnhöfen und Flughäfen heraufzusetzen. Schon vor Betreten der Bahnhöfe oder Terminals müssten die Passagiere überprüft werden. „Das funktioniert in Metropolen wie Nanjing, wo jedes Gepäckstück gescannt wird, oder auch in Tokio erstaunlich gut“, sagt Sinn. „Wir genießen hierzulande ein sehr großes Maß an Freiheit. Wenn solche Sicherheitsmaßnahmen in einem Land mit 1,3 Milliarden Menschen ohne große Probleme durchgeführt werden können, sollten wir darüber nachdenken, solche Maßnahmen zumindest übergangsweise auch einzuführen.“ Am wichtigsten sei es aber, dass die Regierungen und ihre Sicherheitsbehörden unverzüglich alle relevanten Informationen zu den Anschlägen in Brüssel austauschen.
Der Experte glaubt an einen Zusammenhang mit der Festnahme von Abdeslam
Dass kurz nach der Festnahme des Drahtziehers der Pariser Anschläge, Salah Abdeslam, Brüssel angegriffen wurde, hält Professor Sinn für keinen Zufall. „Die jüngsten Anschläge sind als Statement zu verstehen: Ihr kriegt uns nicht, ihr könnt uns nicht zerstören. Wir können jederzeit und überall zuschlagen.“