Hamburg. In wenigen deutschen Städten ist die Verkehrssituation noch schlimmer als in der Hansestadt. ADAC nennt Gründe und gibt Prognose ab.

Stoßstange an Stoßstange – und das stundenlang: Vergangenes Jahr haben Autofahrer in Hamburg 45 Stunden, also fast zwei ganze Tage, im Stau verbracht oder sind nur im Schritttempo auf den Straßen vorankommen. Die Zahlen gehen aus einer Erhebung des Verkehrsdatendienstes Inrix hervor, der das Stauaufkommen in 22 deutschen Ballungsräumen untersucht hat.

Hamburg belegt in der Top-Ten-Liste der verkehrsreichsten Metropolregionen 2015 Rang 6. Ein schwacher Trost: Im Vergleich zum Jahr 2014 verbrachten die Hamburger 3,1 Stunden weniger im Stau. Im bundesweiten Vergleich liegt die Hansestadt jedoch deutlich über dem Durchschnitt – die Autofahrer verschwendeten in Deutschland jährlich 38 Stunden im Stau.

Baustellen sorgen für viele Staus

"Stau-Ursache Nummer eins in Hamburg ist die Überlastung der Straßen", sagt Carsten Willms, verkehrspolitischer Sprecher des ADAC Hansa. Gerade zur Rushhour seien zu viele Autos auf den Hauptverkehrsstraßen unterwegs. Und angesichts der wachsenden Bevölkerung würden es nicht weniger Fahrzeuge. "Deshalb ist der neue Verkehrswegeplan so wichtig für Hamburg", betont Willms.

Als zweite Hauptursache für den schleppenden Verkehr nennt der ADAC-Sprecher die vielen Baustellen in Hamburg. "Allein auf den 550 Kilometern Hauptverkehrsstraßen gab es 2015 rund 3000 Baustellen", so Willms. Diese seien jedoch unumgänglich, weil die Straßen dringend saniert werden müssten. "Der dritte Stau-Grund sind Unfälle und schlechtes Wetter", erläutert der Verkehrsexperte. "Beides kann man schwer beeinflussen."

ADAC gibt Stau-Prognose für 2016 ab

Hoffnung auf weniger Stau in der Hansestadt gibt es übrigens nicht. Die Prognose für 2016 fällt ernüchternd aus. "Ich befürchte, die Hamburger werden dieses Jahr noch mehr im Stau stehen als vergangenes Jahr", sagt Carsten Willms. Allein wegen des A7-Ausbaus müsste mit massiven Verkehrsbehinderungen gerechnet werden.

Laut des Intrix-Rankings läuft es in Stuttgart noch schlechter. Die Schwaben-Metropole ist Stau-Hauptstadt 2015. Dort gab es im vergangenen Jahr durchschnittlich 73 Stunden lang Stopp and Go oder es ging gar nichts mehr. Schleppend ging es auch in Köln (71 Stunden), Karlsruhe (54 Stunden), München (53 Stunden) und Düsseldorf (50 Stunden) voran.

Londoner stehen mehr als 100 Stunden im Stau

Vier deutsche Städte – Stuttgart, Köln, Karlsruhe und Düsseldorf – rangieren sogar unter den Top Ten der verkehrsreichsten Städte Europas. Damit befindet sich Deutschland im dritten Jahr in Folge unter den drei verkehrsreichsten europäischen Ländern. Nummer eins ist nach wie vor Belgien mit 44 Stunden Stau.

Mit langen Autoschlangen, die sich nur im Schneckentempo vorwärts bewegen, müssen sich am häufigsten die Londoner rumschlagen. Die Hauptstadt Großbritanniens bleibt die europäische Stau-Hauptstadt – Autofahrer stehen dort durchschnittlich jährlich über 100 Stunden im Stau.

Verkehrsstau steigt weiter an

“Während die Verbesserungen der Infrastruktur auf Autobahnen langsam Früchte tragen, steigt der Verkehrsstau in Deutschlands wichtigen Metropolen weiter an“, sagt Michael Schreckenberg, Verkehrsexperte an der Universität Duisburg-Essen. „Das betrifft viele Städte, weil diese ihre Straßenkapazität kaum erhöhen können, und besonders vom Auto dominierte Metropolen wie Stuttgart, wo das Wachstum des Verkehrs das Ergebnis eines soliden Arbeitsmarktes, niedriger Spritpreise und der hohen Zahl von Auto-Pendlern ist.“ Das bringe die Infrastruktur an ihre natürlichen Grenzen.