Hamburg . Mit harter Hand sollen hartnäckige Schulschwänzer zum regelmäßigen Schulbesuch bewegt werden.

Die Schulbehörde erhöht den Druck auf Schulschwänzer. Im vergangenen Jahr verschickte die Behörde unter Leitung von Senator Ties Rabe (SPD) Bußgeldbescheide in Höhe von insgesamt 140.000 Euro. Gegenüber 2012 ist das ein Anstieg um rund 20.000 Euro.

Mit harter Hand sollen hartnäckige Schulschwänzer zum regelmäßigen Schulbesuch bewegt werden. Schon nach drei unentschuldigten Fehltagen oder 20 Stunden im Monat reagieren Schulen mit Hausbesuchen. 2015 waren es 1500 Fälle. Auch wenn Eltern ihre schulpflichtigen Kinder gar nicht anmelden, folgen Besuche von Schulleitung, Lehrkräften oder gar der Polizei. Im vergangenen Schuljahr 2014/2015 musste die Schulbehörde in 372 Fällen auf diese Weise eingreifen. Das geht aus einer Großen Anfrage der Linksfraktion an den Senat hervor, die dem Hamburger Abendblatt vorliegt.

Barbara Duden (SPD), schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft, befürwortet den strikten Kurs gegen Schulschwänzen. Es handele sich dabei „um kein leichtes Vergehen“. Deshalb müsse das unentschuldigte Fehlen von Schülern schon „in den Anfängen bemerkt werden“. Aus ihrer Sicht sind Bußgelder und Hausbesuche „total richtig“. Allerdings müsse man zwischen unmotivierten und solchen Schülern unterscheiden, die aus verschiedenen Gründen unter Schulangst leiden würden.

Kritik an der Schulbehörde kommt derweil von der Linksfraktion. Deren Vorsitzende und schulpolitische Sprecherin, Sabine Boeddinghaus, betont ebenfalls die Vielschichtigkeit der Ursachen von Schulschwänzen. Sie bezweifle sehr, „dass Bußgeld- und strafrechtlich relevante Verfahren das probate Mittel zur Behebung dieser Problematik sind“.

Stattdessen fordert Boeddinghaus den Senat auf, die präventive Arbeit der Familienhilfe und Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu stärken. Schulen sollten mit Teams aus Lehrern und Sonderpädagogen so ausgestattet sein, „dass die Nöte der betroffenen Schüler rechtzeitig erkannt und bearbeitet werden können“ – innerhalb des regulären Schulalltags.

Besonders häufig schwänzen Schüler in Harburg und Billstedt. In Billstedt mussten Schulen in 126 Fällen zum Mittel der Hausbesuche greifen, in Harburg 117 mal. Beide Stadtteile gelten als Problemregionen mit einem hohen Anteil sozial schwacher Familien. Auch zwischen den Jahrgangsstufen ergeben sich Unterschiede. In den Stufen Acht bis Zehn fehlten überdurchschnittlich viele Schüler unentschuldigt. In Billstedt machen diese Schüler mit 85 Fällen den Großteil der Fälle aus. Grund dafür ist vor allen Dingen die Pubertät. In dieser Phase neigen Jugendliche besonders zur bewussten Auflehnung gegen Ältere. Zudem animieren sich Mitschüler gegenseitig zum Schwänzen.

Manchmal schwänzen Schüler wegen des Leistungsdrucks – oder Mobbings

Als weitere Ursachen für das Schulschwänzen gelten häusliche Probleme und Desinteresse der Schüler. Viele Schulschwänzer sehen für sich in der Schulbildung keine Perspektive. Andere leiden unter Leistungsdruck und meiden aus Angst vor Versagen den Unterricht. In anderen Fällen entwickeln Schüler aufgrund von Mobbing oder negativen Schulerfahrungen regelrechte Angst.

Bleiben solche Fälle unbemerkt und ungelöst, kann es zu „chronischem Schulschwänzen“ kommen. Die Behörde versucht, dem mit Hausbesuchen und Bußgeldern entgegenzuwirken. Erfolgt die Zahlung nicht, droht den Schülern Jugendarrest. So weit kommt es jedoch nur in Einzelfällen. 2015 mussten drei Schüler wegen „Schulverweigerung“ in die Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand.

Meistens aber werden die Bußgelder rechtzeitig gezahlt. 2015 summierten sich die gezahlten Strafen auf rund 23.000 Euro. Denn: Kommen die Schüler rechtzeitig wieder regelmäßig in den Unterricht, können die Zahlungen erlassen werden. Sind Eltern und Schüler wirtschaftlich nicht in der Lage, das Bußgeld zu zahlen, kann es unter anderem durch Arbeitsleistungen ersetzt werden.

Für chronische Schulverweigerer gibt es in Hamburg verschiedene Konzepte, um die betroffenenen Jugendlichen in den Schulalltag zurückzuholen. Laut Schulbehörde sind zu diesem Zweck seit 2005 in Hamburg 72 Kooperationsprojekte zwischen Schulen und Jugendhilfe eingerichtet worden. Direkt in ihren Regelschulen oder in ausgelagerten Lerngruppen holen betroffene Schüler versäumten Unterrichtsstoff nach und nähern sich langsam dem regulären Schulalltag an. Momentan handelt es sich hierbei um 300 Kinder und Jugendliche an ihren angestammten Schulen, weitere 100 Schüler werden extern betreut.