Hamburg. Im zweiten Teil versucht unsere Reporterin Energie und Wasser zu sparen. Vollbäder werden gestrichen, der Gefrierschrank abgeschaltet.
Das war ja klar – Umweltbewusstsein ist nichts für Warmduscher. Und für Heißbader wie mich schon gar nichts. Dabei hatte ich gedacht, dass es nach dem Fiasko mit dem Verpackungs-Fasten im Januar nur leichter werden könnte. Und jetzt das! Ich soll Energie und Wasser sparen. Mitten im Winter. Auch wenn die Meteorologen vielleicht meinen, dieser Winter sei keiner – mein Körper meint etwas anderes. Ich friere. Wenn ich nicht gerade im gut geheizten Wohnzimmer sitze, am besten mit Wärmflasche – oder in der heißen Wanne liege. Und mit heiß meine ich heiß. Heißer, als ich meine Buntwäsche wasche. Temperaturen unter 40 Grad Celsius kommen mir nicht in die Wanne.
Aber gut. Wenn ich etwas für die Umwelt tun und grün werden will, muss ich Energie sparen – und duschen statt baden. Also Schluss mit Vollbädern bei 42 Grad – und unter die Dusche. Das spart Wasser und damit auch (Heiz-)Energie. Wer fünf Minuten unter der Brause steht, verbraucht nur ein Drittel des Wassers und der Energie, die ein Wannenbad benötigt. Lese ich. Aber bitte wer duscht denn fünf Minuten? Ich auf jeden Fall nicht. Wenn schon, denn schon. Zehn Minuten sind absolutes Minimum. Ich weiß! Schlimm! Und daher absolut verbesserungswürdig. Ich lerne, dass zwischen einer zehnminütigen und einer dreiminütigen Dusche rund 300 Euro für Wasser und Strom pro Jahr liegen. Das überzeugt mich dann doch. Dabei hatte ich im letzten Monat das Gefühl, dass Umweltbewusstsein erstmal mit höheren Kosten verbunden ist – zumindest, wenn es um umweltbewusstes Einkaufen geht.
Nach drei Minuten Duschzeit habe ich noch nicht mal die Haare gewaschen
Das Ziel ist ehrgeizig: Die Duschdauer zu reduzieren. Nicht um ein Viertel oder die Hälfte. Nein, um zwei Drittel. Also von zehn auf drei Minuten. Ich beginne mit einer Bestandsaufnahme und stoppe die Zeit. Das Ergebnis erwischt mich so kalt wie das Wasser unter der Brause: Nach drei Minuten hab ich noch nicht mal die Haare gewaschen. Mein Mann übrigens auch nicht, aber der stellt zwischendurch wenigstens das Wasser ab. Frostfaktor: extrem hoch! Also nichts für mich. Ich probiere, mich mit einem Kompromiss in den grünen Bereich zu retten: Ich dusche zwar länger – dafür aber seltener. An den übrigen Tagen wasche ich mir die Haare über dem Waschbecken. In den nächsten Wochen sollte ich damit durchkommen, bis zum Sommer muss ich allerdings dringend die Drei-Minuten-Disziplin trainieren.
In der Badewanne sammelt sich derweil die Schmutzwäsche und auf dem Rand eine feine Staubschicht. Selbst Carlotta, 6, und Claas, 3, werden zum Duschen verbannt – und finden es dort so schön, dass ich sie gar nicht mehr herausbekomme und ernsthaft bezweifle, auf diesem Weg Wasser und Energie gespart zu haben.
Schluss mit lustig! Nachdem ich bei meiner Umwelt-Premiere im vergangenen Monat einen Fehler nach dem anderen gemacht und entsprechend viele empörte Leserbriefe bekommen habe, will ich jetzt alles wieder rausreißen. Ich fülle Kaffee sofort nach dem Aufbrühen in eine Thermoskanne um und verzichte auf die Warmhalteplatte. Brauche ich Wasser fürs Kochen von Nudeln oder Kartoffeln, nehme ich den Wasserkocher, nicht den Herd – und schalte die Platte ein paar Minuten vor Ende der Garzeit aus, um die Restwärme zu nutzen. Ich heize den Backofen nicht mehr vor und verwende Töpfe nur noch mit Deckel. Wozu ich mich allerdings nicht überwinden kann: Den Reis im Bett zu garen, so wie es empfohlen wird. Im Ernst: Ich bin schon auf dem Weg die Treppe hoch, um den Topf mit Deckel ins Bett zu stellen, als ich wieder umdrehe. Das ist mir echt zu schräg. Dafür gibt es bei uns jetzt öfter Couscous statt Reis. Den muss man nur mit heißem Wasser (natürlich aus dem Kocher) übergießen und fertig. Grüner geht’s ja wohl kaum – denke ich stolz, als ich mich dabei erwische, dass ich am offenen Kühlschrank aus der Flasche trinke. Also wirklich! Und schon ist mein Öko-Gefühl im Keller.
Apropos Keller. Zeit für eine Bestandsaufnahme – und drastische Veränderung. Stehen hier doch die Waschmaschine, der Trockner und der Gefrierschrank. Der Zweit-Gefrierschrank, wohlgemerkt. Überbleibsel einer Haushaltsauflösung. Eiskalt, aber heiß geliebt. Doch auch wenn er mit 243 Kilowattstunden und hochgerechnet rund 65 Euro pro Jahr weniger frisst als befürchtet, wird er lahmgelegt. So der Plan. Vorher müssen allerdings die Vorräte vertilgt werden: Rund drei Kilo Spinat, fünf Packungen Fischfilets und -stäbchen, zwei Liter Karotten-Suppe, zehn Portionen selbst gemachtes Apfelmus, drei Tüten Brötchen – und ungefähr 18 Eis am Stiel aus dem letzten Sommer. Was soll ich sagen? Am Ende des Monats ist die Tiefkühltruhe immer noch voll. Ich bin aber vorsichtig optimistisch, dass wir uns bis Ostern durch die Vorräte gefuttert haben und den Stecker ziehen können – wenn vom Fest nicht allzu viele Reste bleiben, die eingefroren werden müssen.
Je länger die Energiespar-Mission dauert, desto klarer wird: Die Stromfresser bei uns im Haushalt sind nicht Wasch- oder Spülmaschine, Trockner oder Gefrierschrank. Sondern Claas und Carlotta. Ich komme mir vor wie Don Quijote, der gegen Windmühlen kämpft. Habe ich das Licht in einem Zimmer gerade ausgeschaltet, lassen die Kinder es in einem anderen Zimmer brennen. Mache ich es dort aus, geht irgendwo etwas Neues an. Vermutlich verbrauchen die beiden alleine mehr Strom als unsere 6700-Seelen-Gemeinde zusammen. Noch nicht mitgerechnet: singende Barbies und sprechende Action-Figuren, deren Akkus ständig neu aufgeladen werden müssen, CD-Spieler im 24-Stunden-Stand-by und ewig brennende Nachtlichter. Höchste Zeit, die Energieverschwendung im Kinderzimmer zu stoppen. Zehn Minuten nach dem Einschlafen gehe ich auf Strom-Streife, ziehe den Stecker vom CD-Spieler und stelle das Nachtlicht auf Bewegungsmelder-Funktion um. Sonst habe ich das immer gemacht, wenn ich selbst ins Bett gegangen bin – also rund drei Stunden später.
Das Ziel ist klar: grün werden. Fühle mich wie beim Pilgern – weil ich nur mit Pilgerschritten vorankomme. Zwei Schritte vor, einen zurück. Ich schalte vor dem Schlafen alle Lampen aus – lasse dann aber versehentlich die Außenbeleuchtung die ganze Nacht brennen. Ich ziehe den Stecker vom Laptop, lade dann aber das Handy über Nacht zwölf Stunden auf. Ich reduziere die Temperatur beim Waschen – habe den Trockner dann aber einen Tag lang im Dauereinsatz. Zur Entschuldigung: Claas hat sich nachts übergeben und mit einer Ladung zwei Bettbezüge, zwei Laken, drei Kopfkissen und einen Schlafanzug beschmiert. Doch obwohl der Zweck, oder der Gestank, die Mittel heiligt, habe ich ein schlechtes Gewissen. Denn auch wenn wir uns gerade einen Wärmepumpentrockner der Effizienzklasse A+++ zugelegt haben, der den Energiebedarf für einen Trockenvorgang angeblich um 30 bis 40 Prozent senkt, verbraucht der trotzdem noch rund 150-mal mehr Strom als die Wäscheleine.
Beim Thema Waschen komme ich vom Regen in die Traufe: Denn was nutzt der schönste neue Trockner, wenn wir ihn auf unserem neuen grünen Weg eigentlich gar nicht benutzen sollten – und die Waschmaschine gleichzeitig älter als unsere beiden Kinder und das Haus zusammen ist? Angeblich soll sich ja bereits nach zehn Jahren der Kauf einer sparsamen neuen Maschine der Effizienzklasse A+++ lohnen. Steht im Internet. Spart rund 29 Euro pro Jahr. Demnach hätte sich der Kauf also nach zirka 15 Jahren amortisiert – je nach Modell. Blöd nur, dass man doch eigentlich nach zehn Jahren dann wieder eine neue bräuchte. Oder? Bin verwirrt und mit meinem Waschmaschinen-Latein am Ende. Höchste Zeit, einen Experten einzuschalten. Nein, nicht meinen Mann, obwohl der sich auch für einen Fachmann in allen Lebenslagen hält und sich für unser Energie-Experiment extra eine FRITZ!DECT 200 zugelegt hat. Eine so genannte intelligente Steckdose, die den Energieverbrauch misst und auswertet. Stolz präsentiert der Mann des Hauses, dessen Name nicht genannt werden darf, Grafiken über Stromverbrauch der einzelnen Geräte und Einsparpotenzial. Trotzdem: Ich will die Meinung eines richtigen Experten, nicht eines selbst ernannten. Der damit auch sein Geld verdient. Ein Energieberater der Verbraucherzentrale Hamburg und Schleswig-Holstein, der bei uns einen Strom- und Gebäude-Check durchführt. Sein Name: Jenner. Bert Jenner. „Wie der aus der Sesamstraße“, sagt er und ist mir auf Anhieb so sympathisch, dass ich ihm sogar die Nutzung meines Heizkissens gestehe. Dabei hatte ich den Stromfresser kurz vorher extra unter der Bettdecke versteckt, damit ich nicht sofort unangenehm auffalle.
Doch vor Herrn Jenner und seinem Computerprogramm kann ich eh nichts geheim halten. Denn nach ein paar Fragen und einem Blick auf Strom-, Gas-, und Wasserabrechnung des vergangenen Jahres haben sich Mensch und Maschine das erste Urteil gebildet. 4974 Kilowattstunden haben wir im vergangenen Jahr verbraucht. Aha. Und was heißt das? Mit Zahlen wie diesen kann ich persönlich genauso wenig anfangen wie mit der Relativitätstheorie. Bin ja eher visuell veranlagt und bekomme prompt von Bert Jenner die dazugehörige Grafik präsentiert. Eine Skala mit Farbschattierungen von grün bis rot. Und jetzt raten Sie mal, wo wir liegen? Genau! Fast am Ende der Skala, dem falschen Ende. Im sehr dunkel-orangen, fast schon roten Bereich. Das verstehe sogar ich. Und dann haben wir noch nicht mal Ökostrom.
Lieber schnell ein paar Zahlen einwerfen, um von der vernichtenden Bilanz abzulenken: Die privaten Haushalte in Deutschland verbrauchen rund 723 Milliarden Kilowattstunden Energie. Rund 69 Prozent steuert das Heizen bei, 15 die Warmwasserbereitung, sechs Prozent das Kochen, vier Prozent das Kühlen und Gefrieren, vier Prozent die Information- und Kommunikationstechnologien, zwei Prozent die Beleuchtung und knapp ein Prozent sonstige Elektrogeräte.
Beim Stromverbrauch können wir 20 bis 30 Prozent einsparen
Schade! Mit lebenslangem Fernseh-Verbot kann man also gar nicht so viel rausreißen, wie ich gehofft hatte. Herr Jenner rät stattdessen, auch die letzten Lampen im Haushalt auf LED umzustellen, so oft wie möglich auf den Trockner zu verzichten, den zweiten Gefrierschrank auszustellen, Stand-by zu minimieren, die Fenster nicht stundenlang auf Kipp zu stellen und im Sommer das Klimagerät auszuschalten. Ha! Das Klimagerät! Hab ich doch immer gesagt, aber nie Gehör gefunden. Mal gucken, ob der Umweltexperte mehr Glück hat und den Mann des Hauses dauerhaft umstimmen kann. Beim Gespräch zeigt der sich zwar einsichtig, aber ich bezweifle, dass die guten Vorsätze anhalten, wenn es im Sommer unterm Dach knapp 28 Grad sind. Dabei würde sich das wirklich lohnen! Denn ein Grad Kühlung kostet rund dreimal so viel wie die Erwärmung um ein Grad mit der Zentralheizung.
Herr Jenner und sein Programm errechnen, dass beim Strom Einsparungen von 20 bis 30 Prozent bei uns im Haushalt möglich sind. Und in puncto Wärme? Halten Sie sich fest! Da liegen wir im grünen Bereich. Jenner spricht gar von einer „fantastischen Zahl“, als er uns zeigt, dass wir mit einem Gasverbrauch von 12.129 Kilowattstunden im Verhältnis zur Wohnfläche auf seiner Skala im unteren Drittel liegen. Ich würde den Ruhm zu gerne einstreichen und erzähle stolz, dass ich neuerdings mit Strickjacke und Wollsocken abends im Wohnzimmer sitze, dessen Temperatur wir um ein Grad gesenkt haben. Doch angesichts der Daten aus dem vergangenen Jahr meint Herr Jenner, dass die gute Bilanz eher auf die Solarkollektoren auf dem Dach sowie die Lüftungsanlage mit Wärmetauscher zurückzuführen sei. Trotzdem: Endlich mal ein Erfolgserlebnis! Fühle mich super. Fast schon grün! Würde mir die Grafik am liebsten zur Bestätigung übers Bett hängen und plane enthusiastisch die nächsten Schritte. Vielleicht könnten wir das Regenwasser aus der Zisterne im Garten nicht nur zur Bewässerung von Pflanzen und Rasen nehmen, sondern auch für die Toilettenspülung und Wäsche nutzen. Jetzt brauche ich nur noch eine neue, ökologische Waschmaschine – auf Firmenkosten natürlich. Ist schließlich im Sinne der Sache, oder? Muss gleich mal meinen Chef wegen der Kosten ansprechen.
Die Verbraucherzentrale bietet individuelle Energieberatungen an – von der schnellen Telefonberatung bis zum ausführlichen Termin zu Hause. Der Eigenanteil liegt zwischen fünf und maximal 45 Euro. Eine Terminvereinbarung ist erforderlich unter der kostenlosen Hotline 0800-809 802 400.