Hamburg . Wartezimmer der Ärzte sind voll mit kleinen Patienten, die unter Fieber und Husten leiden. Zahl er Infektionen leicht gestiegen.
In Hamburg steigt die Zahl der Atemwegserkrankungen und Grippekranken an. 103 Influenza-Fälle hat die Gesundheitsbehörde in den ersten vier Wochen des Jahres verzeichnet. Tendenz steigend. Eine schwere Zeit für Familien mit kranken Kindern. „Das ist der Vollhorror, wenn man als Mutter auch noch krank ist und einen fiebrigen Dreijährigen betüdeln muss. Das geht absolut an die Substanz“, sagt eine 34 Jahre alte Mutter aus Winterhude. „Zum Glück konnte mein Mann an einigen Tagen früher nach Hause kommen.“
Bei einer anderen Mutter aus Eimsbüttel war erst der Ehemann erkrankt, zusammen mit dem Sohn, und schließlich die Tochter. Seit fast drei Wochen ähnelt ihr Zuhause einem Krankenlager. Ihr Arbeitgeber ermöglicht es ihr, Homeoffice zu machen. Aber arbeiten und sich gleichzeitig um ein krankes Kind zu kümmern ist anstrengend. Ein paar Straßen weiter musste sich die Mutter, die in der PR-Branche arbeitet, mit ihrem Mann, er ist Lehrer, die Betreuung der Kinder aufteilen – alle drei Kinder waren nacheinander an Lungenentzündungen erkrankt. Auch für den Moderator Jörg Pilawa und seine Frau war die letzte Zeit anstrengend. „Wir haben gerade eine zwölftägige Grippewelle hinter uns“, sagte Pilawa, Vater von vier Kindern.
Schwere Verläufe durch Schweinegrippe-Virus
In den Hamburger Praxen macht sich die Grippewelle deutlich bemerkbar. „Die Wartezimmer der Hamburger Kinderärzte sind mehr als voll mit Kindern, die unter hohem Fieber leiden, das oft mehrere Tage anhält, manchmal von trockenem Husten begleitet“, sagt Dr. Stefan Renz, niedergelassener Kinderarzt und Vorsitzender des Hamburger Landesverbands der Kinder- und Jugendärzte. Besonders betroffen seien kleine Kinder bis zum Alter von vier Jahren. „Die Kinder leiden unter grippalen Infekten oder Grippe.
Auf die Therapie hat dieser Unterschied keinen Einfluss. Deswegen wird das nicht immer genauer untersucht. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass die tatsächliche Zahl der Influenza-Fälle höher ist als die der gemeldeten Erkrankungen“, sagt der Kinderarzt. Behandelt wird die Erkrankung mit Bettruhe, fiebersenkenden Mitteln und viel Flüssigkeit. Zudem sollten die kranken Kinder regelmäßig vom Kinderarzt untersucht werden, damit Komplikationen wie Lungen- und schwere Mittelohrentzündungen früh erkannt und behandelt werden.
In der momentanen Grippesaison dominieren bislang die Influenza-A-Viren und hier vor allem das als Schweinegrippe bekannt gewordene Virus H1N1, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) erläutert. Die Schweinegrippe hatte 2009 eine weltweite Grippewelle verursacht. Seit dieser sogenannten Pandemie gehört das SchweinegrippeVirus zu den Grippeviren, die in der Bevölkerung zirkulieren.
Auch in dem jährlichen Grippe-Impfstoff ist eine Komponente enthalten, die sich gegen das Schweinegrippe-Virus richtet. Der hohe Anteil der Schweinegrippe-Infektionen macht sich auch am Verlauf der Influenza bemerkbar. „Dadurch lässt sich erklären, dass schwere Verläufe besonders bei jüngeren Patienten auftreten. Insgesamt kommen aber schwere Fälle bei jüngeren Menschen sehr selten vor“, sagt RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher.
So können Sie sich schützen
Anders als im bundesweiten Trend ist die Zahl der Grippefälle in Hamburg im Vergleich zum Vorjahr ein wenig angestiegen – waren es in der vergangenen Saison 87 Fälle, sind es jetzt bereits 16 mehr. „Die Zahl kann sich noch erhöhen, inzwischen dürften noch einige eingehende Meldungen hinzugekommen sein“, heißt es aus der Gesundheitsbehörde. Bekannt sind diese Fälle, weil die Grippe zu den meldepflichtigen Infektionskrankheiten gehört. Bundesweit litten in den ersten vier Wochen des Jahres 2712 Menschen unter der Grippe, laut Robert-Koch-Institut deutlich weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres (3441).
Doch nicht jede Erkältung muss gleich eine Grippe sein. Eine Grippe beginnt typischerweise plötzlich mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Husten und deutlichem Krankheitsgefühl. Sie kann vor allem bei älteren Menschen, chronisch Kranken und Schwangeren zu Komplikationen wie etwa einer Lungenentzündung führen und dann sogar tödlich verlaufen.
Eine Erkältung, oft auch als „grippaler Infekt“ bezeichnet, hat mit der echten Grippe nichts zu tun. Solche Erkältungen werden laut RKI von mehr als 30 verschiedenen Erregern hervorgerufen und führen zu Symptomen wie Halsschmerzen, Schnupfen und Husten, seltener auch zu erhöhter Temperatur oder Fieber. Da die Symptome sehr ähnlich sind, ist es oft nicht möglich, die beiden Infektionen voneinander zu unterscheiden. Zweifelsfrei ist das nur machbar durch den Virusnachweis im Labor. Übertragen wird die Grippe allerdings genauso wie Erkältungen: vor allem durch Tröpfcheninfektion.
Um andere vor einer Infektion zu schützen, empfiehlt das RKI Erkrankten, beim Husten und Niesen den Mund mit der Ellenbeuge zu bedecken und nicht mit der Hand, um eine Verbreitung der Viren über die Hände zu reduzieren. Wer sich vor einer Infektion schützen will, sollte Menschenansammlungen meiden und sich regelmäßig die Hände waschen, empfiehlt Renz. Für eine Impfung der Kinder gegen Grippe sei es jetzt schon zu spät, weil Kinder zweimal im Abstand von vier Wochen geimpft werden müssen. Erwachsene müssen nur einmal geimpft werden. Für sie kann auch jetzt noch eine Impfung sinnvoll sein. Allgemeinmediziner Klaus Schäfer, der einige Grippefälle aus seiner Praxis kennt, spricht sich für eine Ausweitung der Impfempfehlung auf Angestellte im öffentlichen Nahverkehr aus.