Hamburg. Um die Hamburg-Bilder zu verschicken, muss man sich auf Sicherheitsprobleme ebenso einlassen wie auf eine wenig überzeugende Bedienung.

Als die Hamburg-Emojis vor einigen Tagen in den App-Stores von Apple und Google erschienen, war die Freude zunächst groß: Augenzwinkernder Lokalpatriotismus für das 21. Jahrhundert sozusagen. Oder, wie es im Werbetext für die Apps heißt: "Hamburg ist die schönste Stadt der Welt und es war überfällig, dass diese Perle endlich eigene Emojis bekommt. Jetzt sind sie da: die Hamburg-Emojis von der Haspa. Rollmops, Grinsemöwe, Buddelschiff und viele weitere können als Mini-Bilder in Ihre Nachrichten eingesetzt werden und machen diese ab sofort zu Hamburger Originalen."

Installierte man die App aber und versuchte, Franzbrötchen, Astraknollen und Möwen an Freunde und Bekannte zu schicken, kam einem schnell ein ganz anderer Slogan aus deutlich analogeren Tagen in den Sinn: "Vielleicht hätten sie jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt." Denn die von der Hamburger Sparkasse in Auftrag gegebene Software erweitert nicht etwa das Spektrum an verfügbaren Smileys um neue Varianten. Vielmehr holt man sich mit den Hamburg Emojis gleich eine ganz neue Tastatur aufs Smartphone. Und das hat so seine Tücken.

Theoretisch können die "Hamburg Emojis" alles mitlesen, auch Privates

Was den Datenschutz angeht, ist die App eher fragwürdig: Da es sich nicht um eine Erweiterung der Systemtastatur, sondern um ein eigenständiges Produkt handelt, erfordern die Hamburg-Emojis das, was bei Apple "voller Zugriff" heißt und bei Google mit einem Warnhinweis versehen wird, der viele Nutzer stutzen lässt: Die App "kann den gesamten von Ihnen eingegebenen Text erfassen, einschließlich personenbezogener Daten wie Passwörter und Kreditkartennummern" lesen.

Eine Sprecherin der Haspa betont allerdings: "Die Hamburg-Emoji-App überträgt keinerlei in diesem Hinweis beschrieben Daten. So steht es auch ausdrücklich in der Beschreibung in der App und in den Anleitungen in den jeweiligen App Stores." Es sei aufgrund der Beschränkungen der mobilen Betriebssysteme nicht anders als mit einer eigenen Tastatur möglich gewesen, die Emojis auf den Markt zu bringen.

Mit einem anderen Haken in Sachen Datenschutz hat die Haspa allerdings kein Problem. Dass man der Sammlung von Nutzerdaten aktiv widersprechen muss, sei "ein übliches Verfahren". Standardmäßig erhebt die App - anonymisierte - Nutzungsdaten und ruft verschiedene weitere Parameter über das Smartphone ab, auf dem sie läuft. Üblich ist dieses so genannte "Opt-Out"-Verfahren, das eine Zustimmung der Nutzer zumindest vermutet, tatsächlich. Zumindest noch so lange, bis die EU-Datenschutzgrundverordnung in Kraft tritt, an der Jan Philipp Albrecht (Grüne), Abgeordneter des Europäischen Parlaments für Hamburg und Schleswig-Holstein seit Jahren federführend mitarbeitet. Diese sieht unter anderem vor, dass Nutzer einer Verarbeitung ihrer Daten explizit zustimmen müssen.

Auch bei der Anwendbarkeit machen die "Hamburg Emojis" Probleme

Selbst, wenn man die berechtigten Bedenken zum Thema Datenschutz vernachlässigt, ist die App nur eingeschränkt zu empfehlen. Unter Android, dem mobilen Betriebssystem, das auf vier Fünfteln aller Smartphones weltweit läuft, gestaltet sich die Anwendung zumindest schwierig. Viele Apps wie etwa die sicheren Messenger Threema, Telegram und Signal, geben die lapidare Auskunft, diese App unterstütze keine Sticker. Denn Emojis im eigentlichen Sinn, also Smileys und Symbole, die direkt in den Text eingebunden werden können, sind die lokalpatriotischen Bilder nicht. Es handelt sich vielmehr um eine Sammlung von Grafiken, ähnlich wie die Sticker des Facebook Messengers, die man anstelle eines Textes verschicken kann.

Die App ist nach Angaben der Haspa in den vergangenen Tagen mehr als 55.000 Mal heruntergeladen worden, das zeige, "dass Hamburg-Motive bisher einfach gefehlt haben". Dass viele Nutzer sich augenscheinlich etwas anderes unter den "Hamburg Emojis" vorgestellt haben als das, was die Bank anbietet, davon zeugen die Bewertungen in den App Stores und die Kommentare in den sozialen Netzwerken dazu. Zwei von fünf Sternen hat die App dort, die meisten Bewertungen lesen sich ernüchternd. "Echt enttäuschend", "katastrophal schlecht", "unpraktisch". Andere freuen sich über die Symbole, bitten aber um "Nachbesserung" bei der Verwendung.

Die Unternehmenssprecherin erklärt dazu: "Natürlich nehmen wir die Bewertungen und Verbesserungswünsche in den App-Stores ernst und prüfen sie auf ihre Umsetzbarkeit. Leider werden wir aber nicht alle Optimierungswünsche umsetzen können." Die aus den Kommentaren sprechende Enttäuschung erklärt sie so: "Die Hamburg-Emojis-Tastatur ist vermutlich für viele Nutzer eine neue Anwendung dieser Art, da sie bislang nur die vorinstallierten 'Unicode Emoijis' der Betriebssysteme genutzt haben."

Wie viele der 55.000 anfänglich begeisterten Hamburger und Hamburg-Fans die App wieder deinstalliert haben, weiß man nicht. Die Vermutung, dass es nicht wenige sind, liegt aber nahe.