Hamburg. Zwölf Schlepper sollten in der Nacht zu Dienstag die „CSCL Indian Ocean“ vom Schlick ziehen. Experten setzten auf eine ungewöhnlich hohe Flut
Es war die bisher größte Schlepperflotte, die je auf der Elbe zum Einsatz gekommen ist: Um das knapp 400 Meter lange Containerschiff „CSCL Indian Ocean“ wieder vom Schlick am Rand des Fahrwassers bei der Elbinsel Lühesand zu ziehen, hatte das Bergungsteam am Montag ein Dutzend Schlepper zu dem Havaristen beordert. Dort sollte das Schiff der China Shipping Line in der Nacht zu heute flottgemacht werden.
Nach bisherigen Erkenntnissen hatte es zuvor einen Ruderausfall gegeben. Nach Rücksprache mit den Lotsen an Bord und mithilfe des Bugstrahlruders konnte die „CSCL Indian Ocean“, immerhin eines der größten Containerschiffe der Welt, parallel zum Fahrwasser auf Schlick gesetzt werden. Bei einem Quertreiben wäre die Zufahrt zum Hamburger Hafen blockiert gewesen. In der Folge scheiterten aber mehre Bergungsversuche. Diesmal stand nun mithilfe von zwei niederländischen Hochseeschleppern eine gesamte Zugkraft von rund 1000 Tonnen zur Verfügung – knapp doppelt soviel wie bei früheren Versuchen.
Zuvor hatten Baggerschiffe nach genauer Berechnung von Experten den Weg zurück ins Fahrwasser freigespült. Zudem war der Treibstoff von dem gut 150.000 Tonnen schweren Frachter abgepumpt worden – statt elf Metern hatte er am Dienstag früh nur noch zehn Meter Tiefgang. Allerdings saß das Schiff auch tief im Schlick fest.
Containerriese "Indian Ocean" ist wieder frei
Das federführende Havarie-Kommando in Cuxhaven setzte daher beim Hochwasser am heutigen Dienstag um vier Uhr morgens zusätzlich auf zwei besondere Effekte: Durch die Stellung von Mond und Sonne bei Neumond ist heute der Tidenhub in der Elbe besonders ausgeprägt, das Hochwasser läuft gut 30 Zentimeter höher auf als beim mittleren Hochwasser. Zudem führt der heftige Westwind zu einem Windstau, wodurch die Flut zusätzlich noch einmal höher als normal ist. Rund 1,20 Meter mehr Wasser stand deshalb für die Bergung zur Verfügung. Eine Konstellation, die so schnell nicht wieder zu erwarten ist.
Die Alternative wäre ein Abbergen von etlichen Containern von Bord des Frachters. Dazu müsste aber ein Spezial-Schwimmkran aus den Niederlanden beordert werden. Zudem würde eine solche Maßnahme nach Einschätzung von Experten viele Tage dauern. Schon jetzt dürften die Kosten der Havarie groß sein: Rund 54.000 Euro pro Tag kostet allein der Betrieb des Schiffs. Unterdessen meldete die Reederei, dass der genaue Schaden offenbar lokalisiert ist: Eine „elektronische Komponente“ der Ruderanlage, die auch vor Ort am Eurogate-Terminal in Hamburg ausgetauscht werden könnte. Beladen ist das Schiff mit Waren aus China: Autoteile, Textilien und Industriebedarf.
Rund 3000 der etwa 6000 Container an Bord waren für Hamburg, insgesamt kann die „CSCL Indian Ocean“ fast 19.000 Container laden. Einen Zusammenhang mit dem engen Fahrwasser der Elbe sieht die Reederei bei dieser Havarie nicht. Der Ausfall einer Ruderanlage könne überall passieren. „Das war einfach Pech“, so China-Shipping-Manager Henrik Hencke.
Ob der Bergungsversuch klappt, ob das Schiff rechtzeitig vor dem Einsetzen der Ebbe am Terminal in Hamburg festmachen kann – das können Sie heute morgen live auf abendblatt.de verfolgen. Unsere Reporter sind seit zwei Uhr morgens vor Ort.