Hamburg. Zu Großunterkünften hat der Deutsche Gewerkschaftsbund laut Chefin Katja Karger aber keine einheitliche Position.

Katja Karger, die Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), hat eine klare Position zum Asylpaket II, auf das sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD in der Bundesregierung nach langem Ringen geeinigt haben. „Das ist unmenschlich“, sagt Karger in einem Gespräch mit Journalisten und meint damit, dass der Familiennachzug für die Gruppe der Flüchtlinge, die sich nicht auf das Asylrecht berufen können, für zwei Jahre ausgesetzt werden soll.

„Alle Erfahrungen sagen, dass Integration immer dann besser läuft, wenn Familien da sind“, sagt Karger. Wie schwierig die Lage werden könne, wenn geflüchtete Männer allein blieben, hätten die Ereignisse der Silvesternacht gezeigt, als es in Köln und Hamburg zu massenhaften sexuellen Übergriffen mutmaßlich von Flüchtlingen auf Frauen gekommen sei. Die DGB-Chefin empfindet die gesamte Debatte über Einschränkungen des Asylrechts als „unwürdig“. Karger: „Das ist zu kurz gesprungen.“

Das Thema der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen sei auch in absehbarer Zukunft das „Top-Thema“ für die Gewerkschaften, betonte Karger in einem Ausblick auf das Jahr 2016. Dem DGB geht es dabei vor allem um die Bereiche Arbeit und Ausbildung. Der DGB arbeitet in der Initiative „W.I.R.“ („Work and Integration for Refugees“, Arbeit und Integration für Flüchtlinge, die Red.) der Sozialbehörde und dem Forum Flüchtlingshilfe mit. Betriebsräte zum Beispiel würden in Betrieben über Themen wie Arbeitsverträge, Mindestlohn oder Urlaubsansprüche informieren.

In der zentralen Frage, wie ausreichend Unterkünfte für Flüchtlinge geschaffen werden können, gibt sich die DGB-Vorsitzende dann ziemlich wortkarg: „Wie die Unterbringungsprobleme zu lösen sind, dazu habe ich keine Fantasie.“ Ob Großunterkünfte sinnvoll und vertretbar sind oder nicht, lässt Karger offen. „Als Gewerkschaften haben wir keine wirkliche Position dazu“, sagt die 46-Jährige.

Der Hintergrund: Der DGB ist die Dachorganisation von acht Einzelgewerkschaften. „Mit sehr unterschiedlichen politischen Haltungen“, wie Karger ergänzt. Es gebe die in linker Tradition stehende Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die eher konservative Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie. „Die einen halten das Wohnungsbauprogramm des Senats, das Großunterkünfte vorsieht, für den richtigen Weg, die anderen wollen Integration auf anderen Wegen schaffen“, so die DGB-Chefin.

„Der DGB ist Sprachrohr der Gewerkschaften, nicht Taktgeber“, sagt Karger. „Wir können uns als DGB in dieser Frage deswegen derzeit nicht positionieren.“ Auch bei der Olympia-Bewerbung sei das der Fall gewesen.

Wenn Flüchtlinge im Zuge des Wohnungsbauprogramms des Senats in reguläre Wohnungen einziehen, hält die DGB-Vorsitzende ein gutes Quartiersmanagement für unerlässlich, damit Integration funktionieren kann. „Das sollte mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen verknüpft werden“, schlägt Karger vor. So könnten Menschen aus der Gruppe der rund 23.000 Langzeitarbeitslosen in Cafés oder in der Tagesbetreuung der Flüchtlingssiedlungen eingesetzt werden. Karger sieht darin auch eine geeignete Maßnahme gegen die nach ihrer Ansicht fortschreitende soziale Spaltung.

Das Engagement für Flüchtlinge ist in den Gewerkschaften nicht unumstritten. Karger berichtet, dass der DGB bei Informationsveranstaltungen für Mitglieder zum Beispiel über Fluchtursachen schon bisweilen vom Hausrecht Gebrauch machen musste. Es habe „rassistische Pöbeleien“ gegeben, so die DGB-Vorsitzende. Auf den Einladungen zu solchen Foren werde jetzt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie sich ausschließlich an Mitglieder wendeten und sich die Gewerkschaften gegen rechtsextremistisches und neonazistisches Gedankengut ausdrücklich verwahrten.

Auf ihre Haltung zum Thema Flüchtlinge habe die Entwicklung keine Auswirkung, sagt Karger. „Aber man achtet schon genau auf seine Äußerungen und vermeidet Provokationen.“ Nachdenklich stimmt die Gewerkschafterin, dass eine Nachbefragung zur Bürgerschaftswahl im Februar 2015 ergeben habe, dass 7,2 Prozent der DGB-Mitglieder, die abgestimmt hatten, die AfD gewählt haben. Insgesamt kam die AfD lediglich auf 6,1 Prozent. „Die Gewerkschaften sind ein Spiegelbild der Gesellschaft“, sagt Karger.