Hamburg. Städtischer Anteil ist in Büchern 580 Millionen Euro weniger wert. Den Grund für diesen Wertverfall muss man nicht lange suchen.
Lange Zeit hatte sich der Aktienkurs von Deutschlands größter Reederei Hapag-Lloyd rund um den Ausgabepreis von 20 Euro bewegt. In den vergangenen zwei Tagen stürzte der Kurs nun ab. Nach einem deutlichen Kursrutsch am Donnerstag gab das Wertpapier der Reederei am Freitag noch einmal um mehr als einen Euro nach und stand bei 17,40. Somit summiert sich der Verlust auf mehr als zehn Prozent in 48 Stunden.
Den Grund für diesen Wertverfall muss man nicht lange suchen: Der Vorstandschef von Hapag-Lloyd, Rolf Habben Jansen, hatte Mitte der Woche vor rund zwei Dutzend Journalisten über die Lage der Containerschifffahrt und seines Unternehmens referiert. Und die Fakten stimmten Anleger offensichtlich wenig zuversichtlich: Hapag-Lloyd wird zwar für 2015 ein positives operatives Ergebnis melden. Und auch für 2016 erwartet Habben Jansen einen mindestens gleich hohen Gewinn. Aber wegen der angespannten Lage auf den Weltmeeren musste Hapag-Lloyd seine Flotte reduzieren.
Von 198 Schiffen, die das Unternehmen nach Abschluss der Fusion mit der chilenischen Reederei CSAV im Sommer des vergangenen Jahres zählte, seien nur noch 175 in Fahrt, sagte Habben Jansen. Wegen des starken Ladungsrückgangs und den extrem niedrigen Frachtraten seien vereinzelte Fahrten auch für seine Reederei mittlerweile nicht mehr kostendeckend, gab er schonungslos zu. Den Wunsch, auch besonders große Containerschiffe mit einer Transportkapazität von rund 20.000 Standardcontainern (TEU) zu bestellen, habe Hapag-Lloyd erst einmal hintangestellt. Denn was mache es für einen Sinn, riesige Container-Frachter zu kaufen, wenn sie anschließend halb leer über die Weltmeere gondeln müssten?
Die Aussichten haben die Anleger offensichtlich verschreckt. Für Christian Hamann, Analyst der Hamburger Sparkasse (Haspa) ist der Kursverlust nicht weiter außergewöhnlich. „Schauen Sie sich die Aktie des Marktführers in der Containerschifffahrt, Maersk, an. Die rauscht auch schon seit Tagen in die Tiefe“, sagt Hamann. „Hapag-Lloyd geht es nicht anders als den anderen Reedereien.“ Auch Thomas Wybierek, Analyst der Nord LB, verweist auf das schlechte Branchenumfeld: „Der Containermarkt bleibt auch in der kommenden Zeit angespannt. Bis Mitte Februar können wir sagen, dass sich die Frachtraten nicht erholen werden. Das drückt dann selbstverständlich auf die Stimmung der Anleger.“
Die Anteilseigner müssten, wenn sie sich von ihren Hapag-Lloyd-Aktien nun trennen würden, einen hohen Verlust hinnehmen. Besonders hart trifft der Verfall des Kurses die drei Ankeraktionäre: Die Reederei CSAV, den Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne sowie die Stadt Hamburg. Letztere hält insgesamt 24,36 Millionen Aktien an dem Schifffahrtsunternehmen mit Hauptsitz am Ballindamm. Diese Aktien stehen weiterhin mit einem Kurs von 41,22 Euro pro Stück in den Büchern. Das ergibt einen Gesamtwert von gut einer Milliarde Euro. Mit Blick auf den aktuelle Börsenkurs ist das städtische Hapag-Lloyd-Paket aber nur noch gut 424 Millionen Euro wert. Zwischen Buchwert und Börsenwert klafft damit aktuell eine nicht gerade kleine Lücke von 580 Millionen Euro.
Die Stadt wollte sich dazu am Freitag nicht äußern, auch Hapag-Lloyd gab keinen Kommentar ab. Habben Jansen schaut nach eigenen Worten nicht jeden Tag auf den Aktienkurs. Er ist davon überzeugt, dass sein Unternehmen deutlich mehr wert ist. „Wir müssen nur gute Zahlen liefern. Dann steigt auch der Kurs“, sagte er.