Hamburg. Schutzsuchende sollen mit dem Tag ihrer Ankunft Informationen über den Staat und die Rechtsnormen bekommen und diese unterschreiben.
Flüchtlinge erhalten erst spät Informationen über Verhaltensregeln und zur rechtlichen Orientierung in Deutschland. In der Regel wird erst in den Folgeunterbringungen, also erst nach mehreren Monaten, in Gesprächen auf „wichtige kulturelle Eigenheiten der deutschen Gesellschaft“ hingewiesen, wie aus einer Senatsantwort auf eine Anfrage von Karin Prien, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, hervorgeht. Für Prien geschieht das zu spät. Sie fordert eine Wertevermittlung bereits vom ersten Tag an. Gleichzeitig setzt sie sich dafür ein, dass Flüchtlinge eine Vereinbarung unterschreiben, mit der sie sich zu diesen Werten bekennen.
„Wir wollen, dass alle Flüchtlinge, die zu uns kommen, unabhängig von ihrer Bleibeperspektive, von Anfang an für die Dauer ihres Aufenthalts, grundlegende Informationen über die bei uns geltenden, nicht verhandelbaren Grundwerte und Rechtsnormen erhalten und sich auch verpflichten, diese einzuhalten“, sagt Prien zur Begründung. Sie erwarte von jedem Schutzsuchenden ein Bekenntnis zur hier geltenden Rechts- und Werteordnung. „Voraussetzung dafür ist zunächst einmal eine einheitliche, verständliche Information der Neuankommenden in den Herkunftssprachen“, so Prien weiter. Außerdem fordert sie, dass jeder einzelne Flüchtling im Anschluss erklären soll, dass er diese Regeln kennt und akzeptiert. Einen entsprechenden Antrag werde sie nun in die Bürgerschaft einbringen.
Die Straftaten gegen Frauen in Köln und Hamburg eigneten sich nicht für pauschale Verdächtigungen, Hass oder Hetze gegen Flüchtlinge, sagt Prien, zudem sei wenig über die Tätergruppen bekannt. „Aber die Ereignisse legen eben auch nahe, dass die Integration bestimmter Männergruppen aus Nordafrika und dem arabischen Raum bisher nicht gelungen ist.“ Fehler der Vergangenheit müssten verhindert werden. Die Akzeptanz gegenüber der Rechts- und Werteordnung sei dabei unverzichtbar.“
Laut der Senatsantwort bestehe in den Erstunterbringungen „in der Regel keine Veranlassung zu konkreten Belehrungen über die üblichen Verhaltensweisen“. Auf die rechtliche Stellung der Frau und der Kinder werde „im Bedarfsfall hingewiesen“, heißt es weiter. Erst in den Integrationskursen, die nur jene Flüchtlinge besuchen können, die einen Aufenthaltsstatus haben, gibt es einen Orientierungskurs, in dem unter anderem die deutsche Rechtsordnung und Grundsätze der Toleranz, Gleichberechtigung und Religionsfreiheit vermittelt werden.
Alle anderen Flüchtlinge in der Erstaufnahme erhalten lediglich Informationen zum Asylverfahren selbst, wie Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde, sagt. „Dazu gehören Fristen, zu denen sie sich melden müssen, Behörden und deren Adressen oder auch welche Papiere sie zur Registrierung benötigen.“ Alles, was darüber hinausgehe, sei schon „Teil der Integration“, so Reschreiter weiter. Und die sei Aufgabe des Bunds und erfolge erst bei einem Aufenthaltstitel – also dann, wenn die Flüchtlinge anerkannt und in der Folgeunterbringung untergebracht sind. Allerdings kann es bis zu einer entsprechenden Entscheidung mehrere Monate dauern, in denen die Menschen hier leben, aber weder die deutsche Rechtsordnung noch Grundsätze über Toleranz, Gleichberechtigung und Religionsfreiheit vermittelt bekommen. Reschreiter verweist in diesem Zusammenhang lediglich auf das im Herbst beschlossene Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz. „Wir hoffen, dass sich die Zeit bis zu einer Entscheidung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dadurch verkürzt“, so Reschreiter.
Für Karin Prien ist es „nicht nachvollziehbar“, dass diese Informationen erst in den Folgeunterkünften vermittelt werden. „Die ersten Monate verzichtet der Senat offensichtlich bewusst darauf, Flüchtlinge über unsere Grund- und Werteordnung zu unterrichten. Ein Einwanderungsland wie Deutschland muss von Anfang an klar seine grundlegenden Erwartungen an alle Menschen formulieren, die vorübergehend oder auf Dauer in unserem Land leben.“
Flüchtlinge ab dem 14. Lebensjahr sollen Grundlagenvereinbarung unterschreiben
Die CDU-Politikerin fordert die Einführung einer „Grundlagenvereinbarung für den Aufenthalt in Hamburg“. Dieser soll unter anderem Informationen darüber beinhalten, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt, Religion und Staat getrennt sind, Frauen und Männer gleichberechtigt sind und es eine Schulpflicht für Jungen und Mädchen gibt. „Neuankömmlinge ab dem 14. Lebensjahr“ sollen diese Vereinbarung unterschreiben. „Bei Verstößen sollen keine Sanktionen erfolgen. Es soll sich aber jeder mit der Unterschrift bewusst machen, dass es diese Normen und Werte gibt“, so Prien.
Mit der Grundlagenvereinbarung unterstelle sie den Flüchtlingen nicht, dass sie automatisch gegen die Werte verstoßen würden, sagte Prien. „Ich habe keine Vorurteile. Unsere Gesellschaft hat sich diese Werte selbst über Jahrzehnte mühsam erarbeiten müssen.“ Da aber Deutschland ein Einwanderungsland sei, solle Neuankömmlingen von vornherein deutlich gesagt werden, dass es Werte gebe, „die nicht verhandelbar sind. Und zwar unabhängig, ob die Flüchtlinge nur kurz oder dauerhaft bei uns bleiben.“