Hamburg. Die Ermittler gehen davon aus, dass der kleine Tayler entweder von seiner Mutter oder deren Lebensgefährten totgeschüttelt wurde.

Melanie Leonhard (SPD) war dieser späte Mittwochnachmittag im Familienausschuss der Bürgerschaft auf eine gewisse Art schon vertraut. In der vergangenen Legislaturperiode hatte sie sich als Obfrau der SPD-Bürgerschaftsfraktion in unterschiedlichen parlamentarischen Gremien mit dem Tod etwa von Chantal und zuletzt von Yagmur beschäftigen müssen. Gestern nun saß sie nach dem gewaltsamen Tod eines weiteren Hamburger Kinds, des 13 Monate alten Tayler, auf der anderen Seite und musste sich diesmal als Sozialsenatorin den Fragen der Abgeordneten in der Sondersitzung des Aussschusses stellen.

„Mich berührt der Tod des kleinen Jungen sehr“, sagte Leonhard, die selbst Mutter eines Kleinkinds ist. Es sei nun wichtig, herauszufinden, wie es zu dem Tod gekommen sei – trotz der Maßnahmen, die das Jugendamt Altona in dem Fall ergriffen hatte. Leonhard wies darauf hin, dass sie als Leiterin der Behörde auf diese Untersuchung keinen Einfluss nehmen werde. Dies sei Aufgabe der Jugendhilfeinspektion. „Die Bürgerschaft hat in der vergangenen Legislatur entschieden, dass die Inspektion unabhängig arbeiten soll. Ich will den Ergebnissen nicht vorgreifen.“ Leonhard wollte sich auch nicht dazu äußern, wann mit einem Ergebnis zu rechnen sei, weil auch das eine Einflussnahme bedeute. Sobald der Bericht der Inspektion vorliege, würden die Abgeordneten und die Öffentlichkeit informiert werden.

Staatsanwältin: „Schwere Kindesmisshandlung“

Wie berichtet starb der kleine Tayler am 19. Dezember an den Folgen „schwerster Hirnschäden“. Laut Staatsanwaltschaft bestehe der „hochgradige Verdacht“, dass die Verletzungen auf ein Schütteltrauma zurückgehen. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Kind von seiner Mutter Jacqueline B., 22, oder deren Lebensgefährten Michael Q., 26, der nicht Vater des Kindes ist, heftig geschüttelt worden sei. Der 13 Monate alte Junge war am 12. Dezember ins UKE eingeliefert worden. Die zuständige Staatsanwältin sagte im Ausschuss, dass bereits zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sei, dass es sich um eine „schwere Kindesmisshandlung“ gehandelt habe. Die Verletzungen seien derart gravierend gewesen, dass dauerhafte Schäden bei Tayler zurückgeblieben wären.

Sowohl die Mutter als auch ihr Lebensgefährte sind auf freiem Fuß. Der 26-Jährige war kurz nach Taylers Tod zu einer Urlaubsreise nach Spanien aufgebrochen. Es sei unklar, ob er wie angekündigt am 4. Januar zurückgekehrt sei, sagte die Staatsanwältin. Es habe keine Veranlassung gegeben, das zu überprüfen.

Parallelen zum Fall Yagmur

Dennis Gladiator (CDU) zeigte sich verständnislos ob der großen Zahl der getöteten Kinder in den vergangenen Jahren. „Die Häufung vermag ich nicht mehr als Zufall anzusehen“, sagte der Innenpolitiker. Auffällig seien die Parallelen zum Fall Yagmur. Ähnlich wie das dreieinhalb Jahre alte Mädchen war Tayler aus einer Pflegefamilie in seine Familie zurückgeführt worden.

Tayler war im vergangenen Sommer zunächst in staatliche Obhut gekommen, weil er mit einem Schlüsselbeinbruch ins Krankenhaus eingeliefert worden war und man nicht ausschließen konnte, dass ihm die Verletzungen mit Gewalt zugefügt wurden. Weil Taylers Mutter zustimmte, eine sozialpädagogische Familienhilfe in Anspruch zu nehmen, kam er – ähnlich wie Yagmur – zurück in seine Familie. „Es geht also auch darum, herauszufinden, welche Regeln, die nach dem Tod Yagmurs eingeführt wurden, angewandt wurden.“