Hamburg/Kiel. Wie Hamburg und Schleswig-Holstein nun ihren Strafvollzug von jugendlichen und weiblichen Gefangenen gemeinsam organisieren wollen.

Das Jugendgefängnis Hahnöfersand wird in einigen Jahren Geschichte sein. Die Landes­regierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein haben sich darauf geeinigt, eine Zusammenlegung des Strafvollzugs zu prüfen. Danach könnte die Hansestadt den Frauenvollzug für beide Länder übernehmen und Schleswig-Holstein im Gegenzug die Strafhaft für Jugendliche. Die sanierungsbedürftige Strafanstalt auf der Elbhalbinsel gegenüber von Wedel könnte auf diese Weise geschlossen werden.

Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) sagte, dass ein entsprechender Staatsvertrag beider Länder 2017 realistisch sei. Eine tatsächliche Zusammenarbeit sei erst für das Jahr 2020 angedacht. Dann könnten die weiblichen Gefangenen des nördlichen Nachbarn in der Justizvollzugsanstalt Billwerder untergebracht werden. Dorthin sollen die aus Hamburg bereits im kommenden Jahr verlegt werden. Wie berichtet, soll die Trennung des bisherigen reinen Männervollzugs in Billwerder vom Frauenvollzug durch Umbauten sowie Organisation und Personalplanung sichergestellt werden. Erst 2020 würden die jugendlichen Gefangenen aus Hamburg und Schleswig-Holstein in Neumünster und Schleswig untergebracht werden.

Länder wollen Geld sparen

Im Wesentlichen handelt es sich bei diesem Vorhaben um eine Sparmaßnahme, auch wenn Till Steffen betonte, dass am Ende nicht weniger Personal im Strafjustizvollzug beschäftigt sein soll. Derzeit würden mehr Angestellte aus Altersgründen aus dem Dienst ausscheiden, als neues qualifiziertes Personal ausgebildet werden könne. Steffen gehe es darum, das Personal „effizienter“ einzusetzen. Die „schlichte Schließung einer Station“ würde keine Personaleinsparung erbringen. „Weil die Struktur drumherum aufrechterhalten werden muss“, so Steffen. Einsparung bringe daher nur die „Schließung ganzer Haftanstalten“. Ihm gehe es darum, weniger Personal für die Sicherung der Haftanstalten einzusetzen und dafür mehr Personal in den Stationen für den direkten Kontakt mit den Gefangenen. Derzeit leide die Qualität im Vollzug, weil das Personal mit den Pflichtaufgaben ausgelastet sei. „Es lässt weniger Raum für den menschlichen Kontakt. Die soziale Komponente kommt zu kurz.“ Weniger Personal bedeute mehr Zeit unter Verschluss und damit weniger Angebote in der Haftzeit. „Das kann nicht das Ziel sein.“ Hinzu kommt: Der Sanierungsbedarf von Hahnöfersand wird mit 16,5 Millionen Euro beziffert. Ein Betrag, der sich laut Steffen mit den Jahren immer weiter erhöhen werde.

Kooperation bei der Sicherungsverwahrung

Steffen und seine schleswig-holsteinische Justizministerkollegin Anke Spoorendonk (SSW) verwiesen darauf, dass beide Länder bereits bei der Sicherungsverwahrung kooperierten. Die Sicherungsverwahrten aus Hamburg und Schleswig-Holstein werden gemeinsam in Fuhlsbüttel untergebracht. „Die Länder stehen bei kleinen Gefangenengruppen vor der Herausforderung, differenzierte Behandlungsangebote anzubieten, welche die individuelle Situation des einzelnen Gefangenen berücksichtigen. „Eine Länderkooperation kann hier durch eine großflächigere Strukturplanung Synergieeffekte erzeugen und eine weiterhin hohe Vollzugsqualität mit einem breiten und differenzierten Behandlungsangebot kostengünstiger machen“, sagte Ministerin Spoorendonk bei der Vorstellung der Pläne.

Die Schleswig-Holsteinische Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW)
Die Schleswig-Holsteinische Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) © dpa | Carsten Rehder

Derzeit sitzen 56 Hamburger Jugendliche und 67 Frauen in Hahnöfersand in Strafhaft. Laut Steffen handelt es sich bei den schleswig-holsteiner Zahlen um eine ähnliche Größenordnung. Für die Mitarbeiter auf der Elbhalbinsel hätte die neue Struktur des Vollzugs große Veränderungen zur Folge. 32 von ihnen müssen vom kommenden Frühjahr an in den neuen Frauenvollzug nach Billwerder pendeln. Die meisten der 150 Justizvollzugsbeamten, die jetzt noch für die Jugendstrafhaft und die damit besonderen Aufgaben zuständig sind, erhielten ab 2020 völlig neue Aufgaben und Einsatzorte im Strafvollzug. Till Steffen verwies darauf, dass die Mitarbeiter als städtische Bedienstete in allen Hamburger Haftanstalten eingesetzt werden könnten. es solle aber sehr frühzeitig über einen Wechsel gesprochen werden.

Kritik von der Opposition

Kritik kam von der CDU. Deren justizpolitischer Sprecher Richard Seelmaecker sagte: „Mit seinen Plänen, Hamburgs jugendliche Straftäter fern der Heimat unterzubringen, erweist Senator Steffen der Sicherheit in unserer Stadt einen Bärendienst.“ Monatelang habe er die Hamburger über eine Verlagerung des Jugendvollzugs im Unklaren gelassen. Inhaltlich merkte er an, dass „erfolgreiche Resozialisierung jugendlicher Straf­täter eine heimatnahe Unterbringung“ brauche.

Ähnlich argumentierte auch FDP-Vizefraktionschefin Anna von Treuenfels: „Resozialisierung mithilfe eines hilfreichen Umfelds funktioniert nicht über Hunderte von Kilometern. Dass ausgerechnet ein grüner Senator, der als Oppositionspolitiker ununterbrochen von Resozialisierung geredet hat, diese Pläne exekutiert, ist ein politischer Skandal.“