Hamburg . Als Zehnjähriger rettete Heiko Mählmann einen Freund vor dem Ertrinken. Nun erhält der Hamburger DLRG-Chef das Bundesverdienstkreuz.

An jenem warmen Sommerabend herrscht am Süssauer Strand bei Dahme starker ablandiger Wind. Heiko, zehn Jahre alt, spielt mit seinem acht Jahre alten Freund Maik Wasserball in der Ostsee. Die beiden Jungen sind die einzigen, die gegen 19 Uhr noch im Meer baden. Da entreißt der Wind den Jungen den Ball. Maik, Nichtschwimmer, paddelt in seinem Schwimmreifen hinterher, doch er rutscht heraus und wird von den hohen Wellen unter Wasser gedrückt. Heiko, der bereits im Alter von sieben Jahren Schwimmen lernte, zögert nicht lange und eilt seinem Freund zu Hilfe. Am Haarschopf zieht er den Achtjährigen aus dem Wasser. „Nur nicht loslassen“, denkt sich Heiko und bringt den zeitweise bewusstlosen Jungen sicher an Land. Nach einer kurzen Rast am Strand gehen die beiden zurück zum Campingplatz, auf dem sie mit ihren Familien Urlaub machen. Sie spielen weiter, als wäre nichts gewesen.

Heiko Mählmann, Präsident des DLRG-Landesverbands Hamburg
Heiko Mählmann, Präsident des DLRG-Landesverbands Hamburg © DLRG Hamburg

An die Ereignisse aus dem Juli 1975 erinnert sich Heiko Mählmann auch mehr als 40 Jahre danach noch genau. „Ich habe erst viel später realisiert, dass ich damals einem Menschen das Leben gerettet habe“, sagt der heute 50-Jährige. Nach jenem Tag trat Mählmann im Alter von nur zehn Jahren in die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) ein, heute ist er Präsident des Landesverbands Hamburg. Für sein ehrenamtliches Engagement in der DLRG wird der Diplom-Ingenieur an diesem Freitag von Bundespräsident Joachim Gauck in Berlin mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

„Schwimmen zu lernen sollte ein Grundrecht für Kinder sein"

Fast seine gesamte Freizeit wendet Mählmann für die DLRG auf. Seit 1981 ist er in der Rettungsschwimmerausbildung tätig, zudem engagiert er sich bundesweit als Ausbilder im Bereich „Erste Hilfe“. Als Präsident vertritt er die DLRG Hamburg auf Bundesebene im Arbeitskreis für Katastrophenschutz. „Dank seines Einsatzes ist die DLRG Hamburg als Einsatzstelle des Bundesfreiwilligendienstes anerkannt und realisiert soziale Projekte, zum Beispiel Schwimmkurse für junge Flüchtlinge“, begründet das Bundespräsidialamt die Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande für den Hamburger. Mit Mählmann werden zum Tag des Ehrenamtes am 4. Dezember insgesamt 26 Frauen und Männer mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik ausgezeichnet. Für Mählmann eine „außerordentliche Ehre“. „Ich freue mich sehr, mehr geht nicht“, sagt der Rettungsschwimmer.

DLRG-Präsident Heiko Mählmann neben Olaf Scholz bei der Einweihung der Wasserrettungsstation Wittenbergen im vergangenen Sommer
DLRG-Präsident Heiko Mählmann neben Olaf Scholz bei der Einweihung der Wasserrettungsstation Wittenbergen im vergangenen Sommer © DLRG Hamburg

Eine seiner Herzensangelegenheiten ist für Mählmann, Kinder bereits im Kindergarten- und Vorschulalter an das Schwimmen heranzuführen, gerade auch Mädchen und Jungen aus sozial benachteiligten Familien. „Fast jeder zweite Viertklässler in Hamburg kann immer noch nicht sicher schwimmen“, sagt Mählmann. „Schwimmen zu lernen sollte ein Grundrecht für Kinder sein, egal wo sie leben“, fügt er hinzu. „Es gehört einfach zum Großwerden dazu, wie das Lesen und Schreiben lernen“. Mählmann ist Mitbegründung der Initiative „Ab ins Wasser – aber sicher!“, mit der schon Kleinkinder spielerisch für das Schwimmen begeistert werden sollen. In altersgerechten Kursen lernen sie, sich ans Wasser zu gewöhnen und sich sicher darin zu bewegen. Von der Hamburger Politik fordert Mählmann mehr Engagement an den Schulen. „Kinder müssen mindestens ein Jahr kontinuierlich Schwimmunterricht haben, um sicher Schwimmen zu können“, sagt der DLRG-Präsident.

Nur weil Mählmann selbst in jungen Jahren von seinem Vater – damals ebenfalls in der DLRG aktiv – sicher schwimmen lernte, habe er Maik im Juli 1975 vor dem Ertrinken retten können. Zu seinem Jugendfreund hat Mählmann übrigens seit Kurzem wieder Kontakt. Maik fand ihn Jahrzehnte nachdem sich beide aus den Augen verloren hatten per Facebook wieder. Die Nachricht an seinen Freund Heiko begann mit den Worten: "Hey, mein Lebensretter...".