Hamburg. Nachdem am Sonntag in Wedel nach einem Schwimmer gesucht wurde, warnt die DLRG vor dem Baden in der Elbe.

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD)

Die Gefahr schwimmt mit: Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) warnt vor dem Baden in der Elbe. Zwar lockt das schöne Sommerwetter jetzt viele Hamburger an den Elbstrand und in das relativ saubere Wasser. Doch nach den jüngsten Unfällen rät der DLRG-Landesverband Hamburg zur absoluten Vorsicht. Die größte Gefahr geht dabei vom Schiffsverkehr aus. DLRG-Landespräsident Heiko Mählmann sagte dem Abendblatt: „Die Schiffe lösen Sog und Wellenschlag aus. Das ist für die Badenden wie ein Tsunami-Effekt.“

Anlass für diese erneute Warnung ist der bislang noch ungeklärte Badeunfall in Wedel. Zeugen wollen am Wochenende drei Badende beobachtet haben, die von den Wellen und dem Sog eines vorbeifahrenden Containerschiffes überrascht wurden. Einer der Schwimmer sei laut Zeugenaussagen unter Wasser geraten und nicht wieder aufgetaucht. Daraufhin wurde ein Großalarm ausgelöst, bis in den Abend hinein suchten mehr als 100 Helfer vom Boden, dem Wasser und der Luft aus nach dem Mann.

Während die Helfer den Mann noch fieberhaft suchten, erreichte sie bereits der nächste Hilferuf. Zwei Hamburgerinnen waren auf Höhe der Hetlinger Schanze bei Ebbe ins Watt gewandert und wurden von der schnell steigenden Flut überrascht. Zum Glück hatten sie ein Handy dabei, mit dem sie Hilfe holen konnten. Zwei Boote von Feuerwehr und DLRG wurden vom Einsatz in Wedel abgezogen und retteten die 73-Jährige und ihre 50-jährige Tochter.

Schwimmer in Wedel vermisst

Auch mit einem Rettungshubschrauber waren die Einsatzkräfte vor Ort
Auch mit einem Rettungshubschrauber waren die Einsatzkräfte vor Ort © TVR-NewsNetwork | TVR-NewsNetwork
Die Feuerwehr am Einsatzort
Die Feuerwehr am Einsatzort © TVR-NewsNetwork | TVR-NewsNetwork
Auch Taucher waren im Einsatz
Auch Taucher waren im Einsatz © TVR-NewsNetwork | TVR-NewsNetwork
Mit Booten wird nach dem Schwimmer in Wedel gesucht
Mit Booten wird nach dem Schwimmer in Wedel gesucht © TVR-NewsNetwork | TVR-NewsNetwork
Taucher waren ebenfalls im Einsatz
Taucher waren ebenfalls im Einsatz © TVR-NewsNetwork | TVR-NewsNetwork
Ein Schwimmer in Wedel wird vermisst
Ein Schwimmer in Wedel wird vermisst © TVR-NewsNetwork | TVR-NewsNetwork
Der Mann war zuvor mit zwei Freunden im Wasser
Der Mann war zuvor mit zwei Freunden im Wasser © TVR-NewsNetwork | TVR-NewsNetwork
Einsatzkräfte suchen nach dem vermissten Schwimmer
Einsatzkräfte suchen nach dem vermissten Schwimmer © TVR-NewsNetwork | TVR-NewsNetwork
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Die Suche nach dem Schwimmer wurde am Sonntag erfolglos abgebrochen. Die Ermittler gehen laut Polizeisprecherin Sandra Mohr derzeit davon aus, dass der vermisste Mann – wenn es ihn gegeben hat – nicht zu den anderen beiden Schwimmern gehörte, die den Strand umgehend verlassen hatten. Bislang liegt der Polizei keine Vermisstenmeldung vor. Deshalb wurde die Suche am Montag auch nicht weitergeführt. Möglicherweise sei die in Gefahr geratene Person auch abgetrieben und woanders an Land gegangen, heißt es dazu bei der Polizei. Jetzt werden weitere Zeugen gesucht.

Allein im Jahr 2014 sind nach DLRG-Angaben drei Menschen in der Hamburger Elbe ertrunken. Insgesamt kamen 21 Menschen im Zeitraum von 2011 bis 2014 bei Ertrinkungsunfällen im Hamburger Bereich der Elbe ums Leben. „Besonders auffällig ist, dass es Menschen im Alter ab 50 Jahre getroffen hat“, sagt Heiko Mählmann.

Neben dem Schiffs- und Bootsverkehr geht eine weitere große Gefahr für die Badenden von der starken Strömung aus. Beim Einsetzen der Flut beträgt die Strömungsgeschwindigkeit nach Angaben der Behörde für Umwelt und Energie immerhin rund 4,5 Kilometer pro Stunde – das sind 1,2 Meter pro Sekunde. Selbst ein geübter Schwimmer schafft dagegen nur drei Kilometer pro Stunde. Zum Test versuchten versierte Rettungsschwimmer bei Geesthacht, die Elbe zu queren. „Sie wurden dabei extrem weit abgetrieben“, sagt DLRG-Leiter Kurt Postier.

Zudem überspült der Schwell vorbeifahrender Schiffe immer wieder die Elbstrände. Der meist nicht sichtbare Sog zieht dann Badende zur Strömung in die Fahrrinne. „Das kann vor allem für Kinder zur Gefahr werden“, warnt Heiko Mählmann. „Sie sollten am Elbstrand niemals unbeaufsichtigt sein.“ Um auf die Gefahren hinzuweisen, führen die Lebensretter regelmäßig Veranstaltungen in Schulen und Kitas durch.

Zwar ist Baden in der Elbe nicht verboten. Aber die Behörde für Umwelt und Energie rät davon ab. Relativ sicher ist es dagegen, wo die Lebensretter vor Ort sind. Im Bereich der Hamburger Elbe gibt es zwei DLRG-Stationen. Sie befinden sich am Finkenrieker Hauptdeich (Harburg) und dem überaus beliebten Elbstrand von Wittenbergen. Erst im Juni hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) das neue Stationshaus eingeweiht. Der Wittenbergener Elbstrand, so der Bürgermeister, sei zwar keine offizielle Badestelle. „Aber wer will den Hamburgern verdenken, dass sie sich dieses schöne Plätzchen für einen Strandtag aussuchen?“

Dennoch warnt auch Hamburgs Erster Bürgermeister: „Die Elbe kann auch tückisch sein mit ihren Unterströmungen und dem Schiffsverkehr. Schwimmer unterschätzen die Gefahren leicht.“ Deshalb sei eine Badeaufsicht wie in Wittenbergen unbedingt notwendig. Die DLRG Hamburg führt bereits seit den 50er-Jahren aktiven Wasserrettungsdienst an den Hamburger Gewässern durch.

Die Strandbesucher sehen die Risiken unterschiedlich. Die 25-jährige Henrieke Tönsing geht gerne mit ihren Hunden am Elbstrand schwimmen. Über mögliche Strömungen oder die vorbeifahrenden Containerfrachter mache sie sich dabei keine Gedanken. „Ich bin eine sichere Schwimmerin. Dazu sind meine Hunde Fibi, Abby und Jette richtige Wasserratten“, sagt die Industriekauffrau aus Wacken. Jenny Kuglarz und Armando Aust sind am Strand in Övelgönne weniger forsch. „Ein bisschen Planschen ist sehr erfrischend“, sagt die 26 Jahre alte Fluglotsin. Tiefer rein würden sich die beiden aber nicht trauen. „Die Strömungen können hier wirklich gefährlich sein. Dazu ist das Wasser auch noch sehr kalt“, meint der 25-jährige Aust.

Familie Grosch, die ebenfalls das Sommerwetter in Övelgönne genießt, ist eher zwiegespalten. Jan Grosch, 46, sieht sich selbst als erfahrenen Schwimmer und fühlt sich auch in der Elbe sicher. Heute sei ihm das Wasser jedoch noch etwas zu kalt. „Meinen Sohn Kalle lasse ich natürlich nie alleine ins Wasser“, sagt der Familienvater. Seine Schwester Ulrike, 51, würde selbst nicht in die Elbe gehen und ist bei Tochter Judith, 6, ebenfalls vorsichtig. „Die Strömungen dürfen nicht unterschätzt werden. Besonders die Sogwirkung, die durch große Schiffe entsteht, ist unberechenbar.“