Hamburg. Das Ergebnis hat viele überrascht. Große Enttäuschung bei Sport, Politik und Wirtschaft. Jubel bei den Linken und Olympia-Kritikern.

Nach dem überraschenden Nein der Hamburger bei dem Referendum zu dem Olympischen Spielen am Sonntag reagierten Vertreter aus Sport und Politik mit Trauer und Enttäuschung.

Kurz vor der Auszählung aller Wahllokale räumte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die Niederlage der Befürworter ein. Zu diesem Zeitpunkt lag das Lager der Gegner mit 51,6 Prozent der Stimmen uneinholbar vorn. "Hamburg wird sich nicht bewerben. Das Ergebnis ist jetzt verbindlich. Man sollte das Ergebnis des Referendums akzeptieren und nicht diskutieren." Hamburg sei eine Stadt, die sich auch ohne Olympische Sommerspiele weiterentwickeln werde. Allerdings machte Scholz auch deutlich, dass es keine städtebauliche Entwicklung des Kleinen Grasbrook geben werde.

"Ein herber Rückschlag für Sportdeutschland"

„Es scheint so, dass der olympische Gedanke und Deutschland im Moment nicht zusammen passen“, sagte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), sichtlich gezeichnet. "Das ist für Sportdeutschland ein herber Rückschlag. Wir wollten Sportdeutschland neue Chancen geben. Leider ist das mit diesem Ergebnis nicht möglich." Hamburg habe sich nichts vorzuwerfen. Im Gegensatz u der in München gescheiterten Olympiakampagne habe die Stadt "fehlerfrei und mit viel Liebe agiert", so Hörmann weiter. Auch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank trat am Sonntagabend vor die Kameras:

„Wir wollten Spiele der Vielen und nicht von und für eine Minderheit.“ Trotzdem wolle sie das Ergebnis der Abstimmung akzeptieren: „Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir die Hamburgerinnen und Hamburger fragen.“ Von Olympia habe sich Fegebank einen großen Schub für die Hamburger Stadtentwicklung erhofft. „Persönlich bin ich sehr enttäuscht.“

André Trepoll, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion, ging am Sonntag wie viele andere bereits in die Analyse des Ergebnisses. "Die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 wären eine tolle Entwicklungschance für unsere Stadt gewesen. Aber die politische Großwetterlage war auch kein Rückenwind für die Bewerbung. Die allgemeine Sicherheitslage hat offenbar Zweifel an Großveranstaltungen gesät." Die Flüchtlingskrise habe die Frage genährt, ob es derzeit nicht wichtigere Dinge als Olympia gibt. Und nicht zuletzt seien die gegen die Wand gefahrenen Verhandlungen mit dem Bund über die Olympiafinanzierung Wasser auf die Mühlen der Olympiagegner gewesen. "Mit seiner ungeschickten Verhandlungsstrategie hat der Bürgermeister nicht nur den Bund verprellt, sondern offenkundig auch die Bürger von einer Zustimmung abgeschreckt“, so Trepoll weiter.

Auch die Die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Christiane Blömeke verwies auf die verschiedenen Einflüsse außerhalb Hamburgs. Die Terroranschläge in Paris und der FIFA-Skandal dürften einen wichtige Rolle beim Abstimmungsverhalten der Hamburgerinnen und Hamburger gehabt haben. Blömeke bewertete die hohe Beteiligung von fast 50 Prozent an dem Referendum als einen Erfolg. Das zeige, dass diese Instrument funktioniere.

"Wir müssen uns neue Ziele setzen"

FDP-Fraktionsschefin Katja Suding sagte, es gebe wohl zwei Gründe für das Scheitern der Olympiabefürworter. Zum einen habe es "Uneinigkeit bei Rot-Grün" gegeben. Gerade von den Grünen sei der Gegenwind stark gewesen. Zum anderen habe Bürgermeister Olaf Scholz es nicht geschafft, dass der Bund eine Zusage gegeben habe, seine Finanzierungsanteile zu übernehmen.

Enttäuscht zeigte sich am Sonntagabend auch die Handelskammer Hamburg: "Dieses Ergebnis ist ein schwerer Rückschlag für die Zukunftsgewandtheit unserer Stadt und bedarf der sorgfältigen Analyse", sagte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz. "Politik, Sport und Wirtschaft haben wie nie zuvor an einem Strang gezogen, um eine Jahrhundertchance zu realisieren. Aber viele äußere Umstände waren in den letzten Wochen gegen uns. Ich kann nur hoffen, dass dies eine Momentaufnahme ist. Denn eine große Zukunft hat nur derjenige, der in sie investiert. Wir müssen uns nun neue Ziele setzen.“

"Wir frustrierend ist das bitte?"

Sprinter Julian Reus sagte am Sonntag: „Schade, dass Hamburg und Deutschland nicht zeigen können, wie einzigartig Olympia in unserem Land hätte werden können.“

Und Cyclassics-Chef Kai Rapp fand harte Worte: „Klasse, jetzt können wir uns alle auf die nächsten fünfzig Jahre Hafengeburtstag als internationale Hamburger Highlights freuen!! Wie frustrierend ist das, bitte?“

"Jetzt können wir uns um die echten Probleme kümmern."

Die Stimmung bei den Olympiagegnern war hingegen positiv. Anfangs mochte man an den eigenen Erfolg noch gar nicht glauben. Je mehr Abstimmungsergebnisse jedoch eintrafen, desto gelöster und freudiger ging es bei Olympiagegnern wie der Linken-Bürgerschaftsabgeordneten Heike Sudmann zu. Sie sagte in Erwartung einer Ablehnung der Olympiabewerbung: "Jetzt können wir uns endlich um die echten Probleme Hamburgs kümmern."

Der Anti-Olympiablogger Dirk Seifert sagte: "Ich vermute, dass die Terroranschläge in Paris den Ausschlag gegeben haben. Das ist ein unglaubliches Ergebnis. Das war nach den ganzen Meinungsumfragen nicht zu erwarten." Die NOlympia-Aktivistin Marie Behr ergänzte "Die letzten Wochen haben gezeigt: Je mehr Informationen über Olympia an die Öffentlichkeit kommen, desto kritischer werden die Menschen gegenüber dem Megaevent und dessen Auswirkungen auf die Stadt."